Steuerstrafrecht: Zugriff auf Bankdaten mit richterlichem Segen befürwortet
Bürgerliche Parteien wollen Bankgeheimnis höchstens auf richterlichem Beschluss lockern.
Bern – Die geplanten neuen Kompetenzen für kantonale Steuerbehörden gegen Steuersünder haben wie erwartet einen schweren Stand. Die bürgerlichen Parteien scheinen aber bereit, eine Lockerung des Bankgeheimnisses zu akzeptieren, sofern ein Richter darüber entscheiden kann.
Mit seinem Vorschlag, das Steuerstrafrecht zu vereinheitlichen und dafür einen Teil des Bankgeheimnisses im Inland zur Diskussion zu stellen, hat der Bundesrat in ein Wespennest gestochen. Die Parteien SVP, FDP und CVP sowie die Wirtschaftsverbände lassen kaum ein gutes Haar am Entwurf, zu dem am Montag die Vernehmlassung abgelaufen ist.
Aus Sicht der bürgerlichen Parteien schiesst der Bundesrat über das Ziel hinaus. Sie kritisieren dessen Vorschlag als markante Verschärfung ohne Not, da die Steuermoral in der Schweiz hoch sei. Das bewährte Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Staat würde zerstört und Steuerpflichtige unter Generalverdacht gestellt.
Blick ins Konto bei Verdacht
Am meisten zu reden gibt, dass kantonale Steuerbehörden bei Verdacht auf Steuerhinterziehung, egal wie schwer, ins Bankkonto eines Verdächtigen blicken dürfen sollen. Das steuerliche Bankgeheimnis verhindert dies heute, während die Eidgenössische Steuerverwaltung und ausländische Behörden über die Amtshilfe solche Bankdaten erhalten. Nicht betroffen wäre aber die Veranlagung. Bei dieser rüttelt der Bundesrat nicht an der Selbstdeklaration.
Trotz grundsätzlicher Ablehnung sind allerdings auch Zwischentöne zu vernehmen. SVP, FDP und CVP sehen durchaus Spielraum bei Zwangsmassnahmen wie dem Einfordern von Bankunterlagen. Allerdings müsse darüber ein Gericht entscheiden und nicht, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, die Steuerverwaltung selbst, halten sie fest.
Im Fokus stehen dabei Hinterziehungsfälle mit grösseren Beträgen und über längere Zeit: «Eine solche Tat soll durch das Bankgeheimnis nicht gedeckt werden», schreibt die FDP.
Die Haltung der drei Parteien überrascht insofern wenig, als sie im Einklang steht mit einer Volksinitiative aus ihren Reihen zur Stärkung des Bankgeheimnisses steht. Diese will das Bankgeheimnis im Inland bei Steuerhinterziehung dauerhaft schützen, in schweren Fällen aber ein Gericht über die Aufhebung entscheiden lassen.
Kantone lenken ein
Der Ansicht der bürgerlichen Parteien haben sich neu auch die Kantone angeschlossen. Um die Gewaltenteilung zwischen Verwaltung und Justiz zu gewährleisten, solle ein Gericht über Zwangsmassnahmen entscheiden, schreibt die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK).
Im FDK-Papier, das an einer Vollversammlung abgesegnet wurde, pochen die Finanzdirektoren auf zusätzliche Möglichkeiten, um Steuersünder zu verfolgen. Gegenüber ausländischen Behörden seien die inländischen benachteiligt. Sie begrüssen aber auch zahlreiche Vorschläge für ein einheitlicheres Steuerstrafrecht, das etwa Steuerhinterziehung und -betrug besser aufeinander abstimmt.
Zu wenig weit geht der Vorschlag der Linken. Steuerhinterziehung sollte konsequenter verfolgt werden, fordern die Grünen. Für Banken soll das Geschäft mit unversteuerten Vermögen kriminalisiert werden. Es sei richtig, dass für alle Steuerverfahren die gleichen Regeln gelten sollten, stellt der Gewerkschaftsverbund Travail.Suisse fest.
Zu sehr im Sinne der Verwaltung
Starke Opposition erwächst der Vorlage auch aus Wirtschaftskreisen. Der Spitzenverband economiesuisse und der Schweizerische Gewerbeverband lehnen den Entwurf ab: Die Revision diene mehrheitlich dazu, «die Rechtsstellung der Verwaltungsbehörden zu verbessern und die Verfolgung ihrer Interessen zu erleichtern», schreibt economiesuisse. Frühere Verbesserungen würden wieder verworfen.
Ein düsteres Szenario zeichnet Treuhand Suisse: Der Branchenverband warnt vor einer möglicherweise bewaffneten Steuerpolizei. (awp/mc/ps)