Wirtschaftsverbände fordern Abbau unnötiger Regulierungen
Bern – Rund 30 Milliarden Franken pro Jahr: So viel könnten Schweizer Unternehmen laut einer Studie mit dem Abbau von Bürokratie sparen. Vier Wirtschaftsverbände fordern, Betriebe von Administrativem und Vorschriften zu entlasten, damit sich die Arbeit im Hochlohnland Schweiz weiterhin lohne.
Die Verbände präsentierten am Montag in Bern eine Studie der Volkswirtschaftliche Beratung AG (BSS) und des Ifo Instituts. Demnach würde das Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf im Mittel um 4,6 Prozent steigen, wenn unnötige Bürokratie umfassend beseitigt und administrative Vorgänge vereinfacht würden.
Konsequente Digitalisierung verlangt
Gemäss der Studie betragen in der Schweiz die vermeidbaren Bürokratiekosten 30 Milliarden Franken im Jahr. Und hätten Betriebe weniger Administratives zu erledigen, stünden ihnen Kapazitäten von zusätzlich 55’000 Vollzeitstellen zur Verfügung.
Die Verbände verlangen denn auch eine konsequente Digitalisierung. Einen Marschhalt fordern sie bei neuen Nachhaltigkeitsregulierungen und ein Umdenken bei Umwelt- und Energieregeln.
Eocnomiesuisse-Präsident Christoph Mäder forderte vor den Medien einen Vergleich mit relevanten Konkurrenzstandorten statt mit Nachbarländern. So seien Schweden, Dänemark und Estland mit der Digitalisierung weiter als die Schweiz. Digitale Prozesse aller Verwaltungsebenen müssten einfacher werden, mit möglichst einheitlichen Standards.
Im geplanten Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative müssten Entwicklungen in der EU berücksichtigt werden. Das EU-Lieferkettengesetz soll nach dem Willen des EU-Parlaments deutlich abgeschwächt werden. Der Bundesrat beschloss im August, den Gegenvorschlag an EU-Bestimmungen anzulehnen.
KMU härter getroffen als Konzerne
Fabio Regazzi, Präsident des Gewerbeverbandes, verlangte, das Unternehmensentlastungsgesetz konsequent anzuwenden. Dieses gibt vor, bei neuen Erlassen systematisch zu prüfen, wie Unternehmen administrativ entlastet werden können und welche Kosten den Unternehmen durch neue Vorgaben entstehen.
Regazzi wiederholte die Forderung des Gewerbeverbandes nach einer Regulierungskostenbremse zugunsten von KMU-Betrieben. «Bürokratie trifft KMU härter als Konzerne», sagte er dazu. Eine von bürgerlicher Seite geforderte Regulierungsbremse scheiterte 2023 am Nein des Parlaments.
Das Unternehmensentlastungsgesetz will auch der Bundesrat konsequent anwenden. Angesichts unsicherer Zeiten und der von den USA verhängten hohen Zöllen kündigte Wirtschaftsminister Guy Parmelin im August zudem an, in den Departementen Entlastungsvorschläge für Unternehmen zügig prüfen zu lassen.
«Regulierungsgrad kaum mehr tragbar»
Bauernverbandspräsident Markus Ritter sprach von einem «kaum mehr tragbaren Regulierungsgrad». Laufend kämen neue Vorgaben hinzu, und komplexe Vorgaben lähmten die Bauernfamilien. Die zunehmende Überregulierung schränke den Spielraum von Landwirtschaftsbetrieben ein, die sich nachhaltig und zukunftsfähig entwickeln wollten.
Etwa behinderten strenge Auflagen und Bewilligungspflichten vielerorts den Bau von Gewächshäusern und Folientunnels, sagte Ritter. Zu begrüssen sei der Aktionsplan von Landwirtschaftsminister Parmelin zur Verringerung von Kontrollen in Bauernbetrieben.
3288 Kontrollpunkte gebe es mittlerweile, sagte Bundesrat Guy Parmelin nach der Unterzeichnung des Aktionsplans im vergangenen September. Koordination sei das Mittel, um die Zahl der Kontrollbesuche zu senken. Die Beteiligten verpflichteten sich, so rasch wie möglich für eine bessere Koordination aller Kontrollen und mehr gegenseitigen Datenaustausch zu sorgen.
«Der Staat wächst schneller als die Privatwirtschaft», stellte Arbeitgeber-Präsident Severin Moser fest. In Sachen Fiskalquote sei die Schweiz kein Vorbild mehr. Statt die AHV mit mehr Steuern und Lohn-Abgaben zu erhöhen, brauche es eine echte, strukturelle Reform. (awp/mc/pg)