René Lenggenhager, CEO Comet Group, im Interview

René Lenggenhager, CEO Comet Group, im Interview
René Lenggenhager, CEO Comet. (Foto: Comet)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Lenggenhager, die zahlreichen neuen elektronischen „Spielzeuge“ auf dem Markt führen zu einer regelrechten Umsatzexplosion in der Halbleiterbranche. Comets RF Power Division, zog 53 Prozent mehr Geschäftsvolumen an. Stellt Sie das vor logistische Herausforderungen?

René Lenggenhager: 2017 war in der Tat ein sehr erfolgreiches Jahr im Halbleitergeschäft. Wir haben die starke Nachfrage auch dank unseres guten Lieferantennetzwerks erfolgreich gemeistert und in unserem Werk in Flamatt erneut den Mengenrekord für Vakuumkondensatoren gebrochen. Auch für weiter starke Nachfrage sind wir gut vorbereitet. So haben wir in Flamatt letztes Jahr die Produktivität auf der gleichen Fläche gesteigert: Wir haben in zusätzliche Anlagen und in die Erweiterung bestehender Anlagen investiert und arbeiten aktuell im Dreischichtbetrieb.

Wie stark ist Comets Abhängigkeit vom US-Konzern Lam Research in der Halbleiterindustrie?

Uns verbindet eine sehr enge Zusammenarbeit mit Lam Research. Lam ist einer der führenden Ausrüster der Halbleiterindustrie weltweit, und mit Abstand der grösste Kunde der Comet Group (2017: rund 27% des Gruppenumsatzes). Gleichzeitig zählt Comet zu den 10 wichtigsten Lieferanten bei Lam. Die Partnerschaft ist daher für beide Seiten von grosser Bedeutung. Darüber hinaus pflegen wir auch Beziehungen zu anderen wichtigen Kunden im Halbleitermarkt wie zu AMAT oder Samsung, und bauen unser Netzwerk kontinuierlich aus. Eine wichtige Region ist für mich Asien, insbesondere China. China investiert zunehmend in die lokale Wertschöpfung. Hier haben wir in den letzten Jahren unsere Beziehungen mit lokalen Ausrüstern gestärkt und sehen weiteres sehr attraktives Potential.

«Wir haben in zusätzliche Anlagen und in die Erweiterung bestehender Anlagen investiert und arbeiten aktuell im Dreischichtbetrieb.»
René Lenggenhager, CEO Comet Group.

Sie investieren einen Grossteil der Gewinne. Wo liegen die Schwerpunkte?

Einerseits geht es darum zusätzliche Kapazität für die Produktion zu schaffen, beispielsweise mit dem Erweiterungsbau in Flamatt. Andererseits sehen wir mit allen unseren Tätigkeitsfeldern interessante Möglichkeiten, wie wir für unsere Kunden im Rahmen der Digitalisierung von Prozessen, Produkten und Dienstleistungen Mehrwert für bestehende und neue Kunden schaffen können. Entscheidend ist jedoch für uns die Wertentwicklung.

Bei den industriellen Röntgenuntersuchungs-Modulen ist die EBITDA-Marge mittlerweile fast viermal so hoch wie bei den komplexen Röntgensystemen. Ist Komplexität immer gleichbedeutend mit geringeren Margen?

Die Margenbilder folgen nicht der Komplexität der Produkte – und sind folglich nicht vergleichbar. Tendenziell ist das Modul-Geschäft mit höheren Margen unterwegs. Für uns entscheidender ist grundsätzlich die Rendite auf dem investierten Kapital beziehungsweise der Wertbeitrag, der sich erzielen lässt. Im Systemgeschäft wo wir an Endverbraucher verkaufen, arbeiten wir mit tieferem investiertem Kapital.

Im komplexen Röntgensystemgeschäft, bei Comet im Geschäftsbereich IXS zusammengefasst, haben sie gleich mehrere ultramoderne Computertomographiegeräte lanciert. Gibt es da Druck von Seiten der Leistungsträger auf die Preise?

Es gibt immer Wettbewerb. IXS hat sich mit 13 Prozent Wachstum im letzten Jahr gut behauptet. Druck auf den Preis gibt es vor allem, wenn Produkte dem Kunden im Vergleich zum Wettbewerb keinen besonderen Mehrwert bieten. Auch deshalb investieren wir in die Erneuerung unseres Produktportfolios. Im letzten Jahr lancierten wir die FF CT Metrologiesysteme und die neue Generation der Cougar und Cheetah EVO Prüfsysteme für den Elektronikmarkt. Diese Investitionen spiegeln sich in den Profitabilitätskennzahlen wieder. Wir werden diese Investitionen 2018 fortsetzen. Ziel ist es, Yxlon noch besser als Lösungsanbieter für Industrie 4.0-Anwendungen zu positionieren. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass unsere Anlagen mit Produktionsanlagen unserer Kunden kommunizieren können. So können die Erkenntnisse aus der zerstörungsfreien Materialprüfung direkt für Verbesserungen im Produktionsprozess genutzt werden. Hier sind wir sind auf einem guten Weg.

«China investiert zunehmend in die lokale Wertschöpfung. Hier haben wir in den letzten Jahren unsere Beziehungen mit lokalen Ausrüstern gestärkt.»

Treiber der kleinsten Division ebeam ist ein Verfahren zur chemikalienfreien Sterilisierung von Verpackungen. Hier stehen Sie offenbar vor dem kommerziellen Durchbruch?

Die ebeam-Technologie gibt es bereits seit mehreren Jahrzehnten. Die Leistung von Comet ist es, die Technologie, die bis dato nur in grossen Maschinen verfügbar war, in eine kompakte Form zu bringen, so dass sie sich in verschiedene Anlagen direkt einbauen lässt. Unser erster Partner Tetra Pak setzt zur Sterilisation von Getränkeverpackungen bereits in zwei Produktlinien auf die kompakten, umweltfreundlichen ebeam-Lampen. Da Tetra Pak ebeam direkt in eine neue Generation von Plattformen integriert, verläuft der Rollout jedoch langsamer als erwartet. Gleichzeitig sehen wir gute Fortschritte mit unseren anderen Partnern: Mit Bühler im Bereich der Inaktivierung trockener, granularer Nahrungsmittel, und mit Uteco im Bereich des lebensmittelsicheren Digitaldrucks. Zudem haben wir ein neues Projekt mit Bell Food Group AG gestartet, bei dem es um die chemikalienfreie Behandlung von Bruteiern geht.

Welchen Vorteil hat Comets ebeam-Sterilisation gegenüber klassischen Methoden kurz für den Laien erklärt und wie gehen Sie da auch mit irrationalen Ängsten um?

Unsere Kunden können mit ebeam Energie sparen, auf Chemikalien verzichten, und ihre Produktivität steigern. ebeam basiert auf der Wirkung von Elektronen. Ist die Elektronenlampe an, wirken die Elektronen an der Oberfläche. Sie inaktivieren dort Bakterien und andere unerwünschte Mikroorganismen oder sterilisieren Oberflächen, zum Beispiel von Getränkeverpackungen schnell und sicher. Elektronen können aber auch neue Verbindungen herstellen. Dies wird zum Beispiel beim Aushärten von Druckfarben genutzt. Bei den Farben kann dadurch auf schädliche Stoffe wie Fotoinitiatoren und flüchtige organische Verbindungen (VOC) verzichtet werden.

«Gegenüber thermischen Härtungsverfahren lässt sich mit ebeam der Energieverbrauch deutlich reduzieren.»

Was ist der Vorteil gegenüber der klassischen Hitzebehandlung?

Gegenüber thermischen Härtungsverfahren lässt sich mit ebeam der Energieverbrauch deutlich reduzieren. Zudem entfallen Arbeitsschritte wie die Trocknung und Lagerung vor dem Zuschneiden. Verpackungen können lebensmittelsicher bedruckt beziehungsweise getrocknet werden. Aufgrund dieser Vorteile wurde Comet’s kompakte ebeam-Lösung ebeam Compact an den Label Industry Global Awards 2017 mit dem Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.

Comets Verschuldungsgrad von nur 0,1 (Nettoverschuldung im Verhältnis zu EBITDA) lässt zahlreiche Expansionsmöglichkeiten zu. Welche machen am meisten Sinn?

Das Thema Expansion betrachten wir eher aus Sicht Geschäftsentwicklung. Aufgrund der attraktiven Wachstumsinitiativen in unserer Röntgen-, Hochfrequenz- und ebeam-Technologie sehe ich viele Möglichkeiten für uns, organisch zu wachsen. In Bereichen, wo wir dank Akquisition Kompetenzen oder Geschwindigkeit gewinnen können, schauen wir uns die Möglichkeiten an.

Werden sie aufgrund Ihrer starken US-Exposition von der dortigen Steuerreform profitieren?

Die Anpassung der Steuergesetzgebung hat den Reingewinn dieses Jahr einmalig um 1.5 Mio. CHF geschmälert. Künftig sinkt unsere Steuerrate aufgrund der US-Steuerreform um rund 5-6 Prozentpunkte, wodurch wir die einmalige Reduktion bereits 2019 wieder wettmachen können.

Der Leiter des Segments ebeam Technologies, Charles Flükiger hatte Ende Jahr seinen Rücktritt angekündigt. Sie suchen jetzt schnell einen Nachfolger. Was steht in seinem Pflichtenheft?

Zusammen mit seinem Team hat Charles Flükiger die kompakte ebeam-Technologie in den letzten 15 Jahren entwickelt, vier Anwendungen erschlossen und das ebeam-Segment für die Comet Group aufgebaut. Ziel ist es nun, dieses Fundament auszuschöpfen, das heisst die bestehenden Anwendungen mit Tetra Pak, Bühler, UTECO und Bell Food Group weiter nach vorn zu bringen, wo nötig zu kommerzialisieren und schliesslich zu skalieren. Anderseits geht es darum, das Potential der ebeam-Technologie für neue Anwendungen ausserhalb der bestehenden Felder Food und Printing weiter auszuloten.

Welche Eigenschaft muss einmal Ihr eigener Nachfolger haben?

Ich bin seit 10 Monaten als CEO der Comet Group bei einem der spannendsten global agierenden Schweizer Technologie-Unternehmen. Ich sehe grosses Potential und möchte die Zukunft gestalten. Im Fokus stehen für mich vier Hebel, um die Gruppe auf das nächste Level zu bringen: Digitalisierung, Diversifizierung, Agilität und Marktbearbeitung. Jetzt gilt es anzupacken. Über meine Nachfolge mache ich mir da keine Gedanken.

Zum Gesprächspartner:
Geboren 1960, Schweizer und Italienischer Staatsbürger. Der gelernte Elektroingenieur HTL/Physiker hat einen Dr. sc. nat. der ETH Zürich, und einen Executive MBA der Universität St.Gallen. Dr. René Lenggenhager arbeitete als Entwicklungsingenieur und Entwicklungsleiter bei Landis&Gyr AG in Zug, der Cerberus AG und der Siemens Building Technologies in Männedorf. Von 2000 bis 2015 war er bei Mettler-Toledo AG in Greifensee tätig und führte dort ab 2004 als General Manager die Global Business Area Laboratory Weighing Technologies. Ab 2015 stand René Lenggenhager an der Spitze der Bruker BioSpin Group in Fällanden/Karlsruhe/Boston ehe er im Frühjahr 2017 den CEO-Posten bei Comet Group übernahm.

Zum Unternehmen:
Die Comet Group erzielt einen jährlichen Umsatz von 438.4 Mio. CHF (2017), hat ihren Hauptsitz in Flamatt in der Schweiz und ist heute in allen Weltmärkten vertreten. Unter den Marken COMET, YXLON und ebeam bewegt sich das Technologieunternehmen stets an der Grenze des physikalisch Machbaren. Comet beschäftigt weltweit rund 1400 Mitarbeitende, mehr als 500 davon in der Schweiz. Neben Produktionsstandorten in China, Deutschland, Dänemark, der Schweiz und den USA unterhält sie verschiedene Tochtergesellschaften in den USA, China, Japan und Korea.

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