Standard & Poor’s kassiert Topnote der Niederlande
Mark Rutte, niederländischer Ministerpräsident. (Foto Nick van Ormondt)
London – Die Liste der Staaten mit der besten Kreditwürdigkeit wird bei Standard & Poor’s (S&P) immer kleiner. Die Ratingagentur entzog am Freitag den Niederlanden ihre Topnote und stufte das Land um eine Stufe von «AAA» auf «AA+» ab. Die Aussichten für die Konjunktur der fünftgrössten Euro-Volkswirtschaft seien nicht mehr so gut wie zuletzt, teilte S&P am Freitag in London mit. Zudem hinkten die Niederlande bei der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Kopf hinter vergleichbaren Nationen her.
Damit gibt es in der Eurozone mit Deutschland, Finnland und Luxemburg nur noch drei Staaten, die von S&P mit der Höchstnote bewertet werden. Weltweit sind es insgesamt 13. Viele davon sind wie Hongkong, Liechtenstein oder Singapur kleine Nationen, die nur in geringem Volumen Staatsanleihen ausgeben. Von den G20-Ländern haben derzeit Australien, Deutschland, Grossbritannien und Kanada bei S&P die Bestnote inne.
Bedeutung von Ratings hat abgenommen
Viele grosse Länder – darunter mit den Vereinigten Staaten der grösste Schuldner der Welt – werden bei der Agentur nicht mehr mit «AAA» bewertet. Den USA hat sogar die spektakuläre Abstufung durch S&P im August 2011 nicht geschadet. Das Land musste dadurch bei der Neuverschuldung nicht tiefer in die Tasche greifen. Denn Staatsanleihen der USA gelten als sicherer Hafen.
Im Euroraum hat die Bedeutung von Ratingurteilen spürbar nachgelassen, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) im Sommer 2012 versprochen hatte, den Euro mit allen Mitteln zu verteidigen. Das Sicherheitsnetz der Notenbank, bestehend insbesondere aus dem Anleihekaufprogramm (OMT), wird am Markt als sehr engmaschig empfunden. Deshalb dürfte die Abstufung der Niederlande auf die zweitbeste S&P-Note auch keine grossen Auswirkungen auf den Benelux-Staat haben – zumal das Land bei den anderen beiden Ratingagenturen Fitch und Moody’s nach wie vor die höchste Bewertung hat.
Die Abstufung ist vor allem auf die schwachen Aussichten für die Wirtschaft des Landes zurückzuführen. Die S&P-Experten rechnen zwar damit, dass sich die Wirtschaft nach dem Rückschlag in diesem Jahr wieder bessern wird. Das Wachstum werde in den kommenden Jahren aber deutlich unter dem langfristigen Durchschnittswert liegen. Positiv sei, dass die Wirtschaftsleistung pro Kopf trotz des schwachen Wachstums weiter hoch liegt. Zudem sei das Land nach wie vor sehr wettbewerbsfähig. Der Ausblick für die weitere Bewertung bleibe deswegen stabil.
Spanien droht keine weitere Abstufung
Etwas optimistischer als zuletzt äusserte sich S&P zu den hoch verschuldeten Euroländern Spanien und Zypern. Die Note für den kleinen, krisengeplagten Inselstaat wurde leicht angehoben. Spanien droht zumindest so schnell keine weitere Abstufung mehr – der Ausblick wurde auf stabil angehoben. S&P hatte die Note für Spanien vor etwas mehr als einem Jahr um zwei Noten auf «BBB-» gesenkt. Damit ist das südeuropäische Land nur noch einen Schritt vom sogenannten Ramschniveau entfernt.
Wegen der inzwischen gesunkenen Marktrelevanz von Ratings wirkten sich die S&P-Entscheidungen kaum auf die Anleihen der Staaten aus. Die Renditen der niederländischen Papiere zogen leicht an, während die Verzinsung der Staatsanleihen Spaniens etwas zurückging. Der Euro gab am frühen Vormittag leicht nach, konnte sich inzwischen aber wieder erholen und über der Marke von 1,36 Dollar behaupten. (awp/mc/upd/ps)