Liechtenstein prüft laut Regierungschefin europäische Integration

Liechtenstein prüft laut Regierungschefin europäische Integration
Liechtensteins Regierungschefin Brigitte Haas. (Quelle: IKR/Julian Konrad)

Vaduz – Liechtenstein untersucht nach Aussagen von Regierungschefin Brigitte Haas die europäische Integration. Grund dafür sind die Bestrebungen des EWR-Mitgliedstaats Island, das mit einem EU-Beitritt liebäugelt, wie die österreichische Nachrichtenagentur APA schrieb.

Es wurde «eine Arbeitsgruppe gegründet, um die europäische Integration ganz offen anzuschauen», sagte die Regierungschefin des Fürstentums, Brigitte Haas, zur APA. «Wir prüfen alle Optionen ohne Scheuklappen.» Ein EU-Beitritt allerdings «wäre mehr als ein grosser Lupf. Das kann ich mir derzeit nicht so vorstellen», sagte sie.

Gleichzeitig betonte Haas: «Wir müssen gerüstet sein und unsere Gedankenspiele, unsere Untersuchungen jetzt machen: Was für Möglichkeiten gibt es, damit Liechtenstein in Europa eingebettet ist und bleibt.» Es gebe verschiedene Formen der Kooperation.

Liechtenstein ist seit mehr als 30 Jahren Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Das Land gehört ausserdem dem Europarat, der Uno und der Welthandelsorganisation (WTO) an. Die neueste Institution, der Liechtenstein sich freiwillig angeschlossen hat, ist der Internationale Währungsfonds IWF.

Für Liechtenstein sei die IWF-Mitgliedschaft – wie Haas im Dialekt sagt – «ein grosser Lupf» (Kraftakt, Anm.), da jährliche Prüfungen stattfinden. «Deshalb haben wir jetzt nicht vor, in ein nächstes Gremium oder in eine nächste Institution einzutreten, sondern wir glauben, wir sind sehr gut und auch sehr solidarisch vertreten.»

«Unser Schutz ist nicht die Armee»
Liechtenstein, das über kein eigenes Heer verfügt, setzt auf Solidarität. «Unser Schutz ist nicht die Armee», bestätigte Haas. «Ich glaube, unser Schutz ist, dass wir ein wertvoller Partner sind im Herzen von Europa. Dass wir uns verpflichten, dass wir zuverlässig sind, dass wir beispielsweise Österreich bei seiner Uno-Sicherheitsratskandidatur unterstützen.»

Liechtenstein trage alle EU-Sanktionen mit, obwohl es keine Verpflichtung dazu hätte. «Diese Sicherheit können wir bieten, auch dass wir in der Uno gewisse Initiativen anstossen.» Auch bei der internationalen humanitären Hilfe sei das Land solidarisch. Und Liechtenstein mit seinen 40’000 Einwohnerinnen und Einwohnern habe etwa 800 Menschen aus der Ukraine aufgenommen, was verhältnismässig viel sei.

Bei der Sicherheitsstrategie sucht Liechtenstein darüber hinaus den Austausch mit seinen Nachbarn. So hätten etwa österreichische Experten ihren Kollegen vom Innen- und Aussenressort wertvollen Input gegeben, schilderte Haas. Sie habe auch Bundeskanzler Christian Stocker bei einem Gespräch vergangene Woche gefragt, ob Liechtenstein weiterhin auf derartige Kompetenz zurückgreifen könne, wenn es denn sein müsse, so Haas weiter. Stocker habe zugesagt. Ähnliche Kooperationen gebe es auch mit der Schweiz und Deutschland.

Verkehrsprobleme in Grenzregion
Angesichts der Verkehrsüberlastung, die unter anderem Pendlerinnen und Pendler aus der Grenzregion tagtäglich spüren, berichtete Haas von einer Initiative: Es geht um eine grenzüberschreitende Tarifeinheit im öffentlichen Verkehr zwischen der Schweiz, Vorarlberg und Liechtenstein. «Eine Region, ein Ticket. Das wäre das Ziel», sagte Haas.

Sie sehe die Entscheidung ihrer Landsleute gegen den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke zwischen Feldkirch und Buchs immer noch als verpasste Chance, sagte Haas. «Ich bin immer noch unglücklich, denn ich habe immer gesagt, der nächste Schritt wird sein, dass die ÖBB nicht mehr über Sargans nach Zürich fährt. Und dreimal dürfen wir raten, was jetzt auf dem Tisch liegt: Die ÖBB fährt über Bregenz, Sankt Margrethen nach Zürich.» Wenn dieser Vorschlag umgesetzt werde, dann könnte andererseits die freie Strecke wieder für die S-Bahn genutzt werden.

Haas fürchtet mehr Verkehrsaufkommen durch den geplanten Feldkircher Stadttunnel. «Das ist dann auf unserer Seite wieder nicht so gern gesehen, logischerweise. Da werden wir schauen, wie wir das stemmen werden. Die Strassen sind jetzt schon zu gewissen Zeiten überlastet.» Darüber hinaus versuche Liechtenstein, Busspuren einzurichten.

Erste Regierungschefin Liechtensteins
Haas ist im Frühling zur Regierungschefin gewählt worden. Sie zeigte sich im Gespräch mit der APA auf Nachfrage sehr erfreut, dass sie die erste Frau in der Position der Liechtensteiner Regierungschefin sein dürfe. «Ich glaube, es zeigt ja schon, dass Frauen auch bis dahin sehr gleichberechtigt sind.» Haas verwies darauf, dass Liechtenstein erst 1984 das Frauenstimmrecht eingeführt habe. Vorbilder seien wichtig. «Es ist nicht einfach, und da setze ich mal zuerst an die Adresse von uns Frauen, Frauen zu motivieren, sich auch hinzustellen.» (awp/mc/ps)

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