Jodtabletten schützen nur bedingt und schaffen keine Sicherheit

Jodtabletten schützen nur bedingt und schaffen keine Sicherheit

Bern – Jodtabletten sind kein Wundermittel: Frühzeitig eingenommen schützen sie zwar gegen radioaktives Jod, nicht aber gegen weitere gefährliche Stoffe, die bei einem Atomunfall wie in Fukushima freigesetzt werden. Greenpeace Schweiz, die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) sowie die ÄrztInnen für soziale Verantwortung und zur Verhütung eines Atomkrieges (PSR/IPPNW Schweiz) haben heute an einem Mediengespräch in Bern über den Nutzen und die Grenzen der Verteilaktion informiert: Sie fordern die Behörden und Politik auf, wirksamere Massnahmen gegen die Risiken der Altreaktoren zu beschliessen.

«Bisher war die Informationspolitik der Behörden irreführend: Im Notfall ist niemand gut geschützt und wir müssten voraussichtlich ganze Städte evakuieren, obwohl keine entsprechende Pläne vorhanden sind», so Florian Kasser, Atomexperte von Greenpeace Schweiz. «Die Jodtabletten bieten einen minimalsten Schutz gegen radioaktives Jod, gegen die anderen Folgen einer Atomkatastrophe haben die Behörden keinerlei Antworten».

Tabletten müssten immer griffbereit sein
Es sei zwar sinnvoll, Jodtabletten bereitzuhalten und im Katastrophenfall einzunehmen, sagte Alfred Weidmann, Hausarzt und Vorstandsmitglied von AefU. Das Problem sei aber, dass die Tabletten kurz vor dem Kontakt mit radioaktivem Jod eingenommen werden und deshalb immer griffbereit sein müssten. Die Behörden hätten ein extrem kurzes Zeitfenster zum Entscheiden. «Die Bevölkerung der Stadt Bern hätte bei einer Freisetzung in Mühleberg je nach Windrichtung eine Stunde Zeit. In Tschernobyl hat es Tage gedauert, bis die Menschen informiert wurden», so Weidmann.

Nur eine von vielen Gefahren
Laut Jean-Jacques Fasnacht, Präsident von PSR/IPPNW Schweiz, ist die Freisetzung von radioaktivem Jod nur eine der möglichen Gefahren bei einem nuklearen Unfall. «Zahlreiche weitere radioaktive Substanzen gefährden die Gesundheit der Betroffenen und ihrer Nachkommen: Dagegen gibt es noch keine Präventionsmassnahmen und wir wissen immer noch wenig über die langfristigen Auswirkungen der Radioaktivität».

Eine verbindliche Laufzeitbeschränkung für alle Schweizer AKW und die sofortige Stilllegung der Altreaktoren seien für unsere Sicherheit wirksamer als Jodtabletten, sagte auch Nationalrätin Martina Munz (SP/SH): «Jodtabletten sind nur das «Pflästerli» zur Politik gegen das Abschalten der AKW». Die zuständige Kommission des Nationalrates habe zwar einen ersten Schritt getan und sich grundsätzlich von unbeschränkten Betriebsbewilligungen abgewendet. «Laufzeiten von 60 und noch mehr Jahren sind allerdings immer noch möglich: Dieser Entscheid ist fahrlässig und gefährdet die Bevölkerung in höchstem Mass», so Munz.

Neue Website www.jodverteilung.ch
Um die Politik zum Handeln zu bewegen, hat Greenpeace eine neue Kampagne-Website lanciert, die über die Grenzen der Jodtabletten-Verteilung informiert und der Bevölkerung neben einer Petition mehrere konkrete Handlungsoptionen anbietet: Wer die alten Jodtabletten nicht mehr braucht, kann sie symbolisch spenden und damit auf die Absurdität der Tabletten-Verteilung innerhalb willkürlich festgelegter Grenzen aufmerksam machen; wer keine Jodtabletten erhält, kann sie beim Bund bestellen und die Rechnung den AKW-Betreibern schicken lassen. (Greenpeace/mc)

 

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