Maximilian Dreyer, Geschäftsführer Otovo Schweiz, im Interview

Maximilian Dreyer, Geschäftsführer Otovo Schweiz, im Interview
Maximilian Dreyer, Geschäftsführer von Otovo Schweiz. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com. Herr Dreyer, Otovo will Privathaushalten in der Schweiz den Zugang zu Solaranlagen erleichtern. Otovo kommt ursprünglich aus Norwegen – das nicht gerade als sonnigste Gegend Europas gilt. Was können Sie uns zum Hintergrund von Otovo erzählen?

Maximilan Dreyer: Otovo wurde 2016 vom Norweger Andreas Thorsheim gegründet. Die Vision des Unternehmens ist es, Solarmodule auf jedes Dach und Speichersysteme in jedes Haus in Europa zu bringen. Um dies zu erreichen, sorgt Otovo dafür, dass eine Installation für Privathaushalte so einfach wie möglich ist, um die dringend benötigte Energiewende voranzutreiben.

Aufgrund der erschwerten Bedingungen in Norwegen, einem Land, in dem es zu grossen Teilen des Jahres dunkel ist, wurde eine smarte, proprietäre Technologie für ein Geschäftsmodell entwickelt, in dem viele administrative Tätigkeiten automatisiert werden. Die resultierende Kostensenkung kommt Otovos Kunden zugute, die dadurch selbst in Skandinavien eine rentable Investition in Solarenergie tätigen können.

In der Folge wurde Otovo in seinem Heimatland schnell Marktführer und stiess eine rasante Expansion in weitere Länder an (Schweden, Frankreich, Spanien, Italien, Polen, Deutschland). Nach dem Börsengang 2021 an der Euronext Growth gelang Otovo 2022 der erfolgreiche Eintritt in sechs weitere Länder (UK, Portugal, Österreich, Niederlande, Belgien und natürlich die Schweiz). Damit deckt Otovo 90 % des europäischen Solarmarktes für Privathaushalte ab.

Die Schweiz ist bereits der 13. Ländermarkt seit der Gründung 2016, den Otovo erobern will. Inwieweit beschleunigen der Krieg gegen die Ukraine und die nun offensichtliche Notwendigkeit des Energiewandels die Expansion?

Solarenergie löst eine Reihe ökonomischer, ökologischer und politischer Probleme und Abhängigkeiten. Die Ukraine-Krise beschleunigt einen gesellschaftlichen Wandel, der in der Schweiz jedoch längst da war: das Bedürfnis nach sauberer, erneuerbarer Energie sowie Unabhängigkeit. Im Sorgenbarometer 2022 der Credit Suisse sind die drei meistgenannten Sorgen der Schweizer Bevölkerung Umweltschutz/Klimawandel (39%), Altersvorsorge (37%) und Energiefragen (25 %). Mit Photovoltaik können alle drei der wichtigsten Sorgen angegangen werden. Auch auf politischer Ebene ist die Bedeutung und daher Förderung von grüner Energie ein zentrales Element der Energiestrategie 2050 des Bundes.

Die Schweiz hat insgesamt eine vorteilhafte Ausgangslage, den hohen Energieversorgungsstandard künftig noch sicherer, kostengünstiger und umweltfreundlicher zu gestalten.

Auf welche generellen Erkenntnisse beim Marktaufbau können Sie zurückgreifen?

Aufgrund des erwiesenen Geschäftsmodells, starker Finanzierung und vor allem aufgrund des Erfahrungsschatzes aus 12 anderen Ländern verfügt Otovo über weitreichende Kenntnisse, um einen Markt erfolgreich aufzubauen. Ein zentrales “New Markets Team” unterstützt dabei jeden neuen Markt in den ersten Monaten, um den operativen Betrieb schnell und sauber aufzusetzen. Jedoch ist eine wichtige Erkenntnis von Otovo, dass jeder Markt individuell zu betrachten ist. Neben einem synergetischen Nutzen einer gemeinsamen technischen Plattform setzt Otovo daher stark auf lokale Teams und Prozesse statt Outsourcing in ggf. günstigere Länder. Otovo möchte nah bei seinen Kunden und Geschäftspartnern sein, um reibungslose Installationen und guten Service garantieren sowie langfristige Beziehungen aufbauen zu können.

«Aufgrund des erwiesenen Geschäftsmodells, starker Finanzierung und vor allem aufgrund des Erfahrungsschatzes aus 12 anderen Ländern verfügt Otovo über weitreichende Kenntnisse, um einen Markt erfolgreich aufzubauen.»
Maximilian Dreyer, Geschäftsführer Otovo Schweiz

Ich selbst kann dank meiner bisherigen beruflichen Laufbahn bei der Unternehmensberatung Bain & Company auf einen breiten Fundus an Erfahrung in Schweizer und internationalen Unternehmen zurückgreifen. Zudem sind mir Plattformmodelle wie Otovo gut vertraut: Bei Deutschlands grösster online Vergleichsplattform CHECK24 konnte ich als Managing Director zusammen mit tollen Teams und einem eigens aufgebauten Department zu weiterem Wachstum bei gleichzeitiger Kostensenkung und Erhöhung der Kundenzufriedenheit beitragen – was zugegebenermassen während der Corona-Pandemie sehr herausfordernd, dafür aber umso lohnenswerter war.

Was macht den relativ kleinen Schweizer Markt für Otovo interessant?

Wie zuvor beschrieben, ist die gesellschaftliche und politische Nachfrage nach Solarenergie in der Schweiz stark vertreten. In einer Studie der HSG aus dem Dezember 2022 gaben ganze 38 % der Schweizer Hausbesitzer an, in den nächsten drei Jahren in Photovoltaik installieren zu wollen. Hinzu kommt die Nachfrage von Betrieben und politische Diskussionen um “Solarpflicht” für Neubauten oder verstärkte Förderung alpiner Solaranlagen.

Das Bundesamt für Energie geht für 2022 von einem Marktwachstum von ca. 50 % aus. Der Schweizer Markt wächst also bereits rasant und ich gehe davon aus, dass dieses Wachstum noch viele Jahre bestehen bleibt. In der Tat könnte die Schweizer Solarbranche momentan sogar noch schneller wachsen. Aufgrund eines nationalen Fachkräftemangels übersteigt die aktuelle Nachfrage das Angebot deutlich.

Otovo will die Einstiegshürden für Solarpanels so klein wie möglich halten. Wie ist das Vorgehen, wenn ich ein Angebot für meinen Standort einholen will?

Otovo bietet Hausbesitzern den gesamten Prozess auf einer Plattform an: von der Suche nach der richtigen Solaranlage, über das Finanzierungsmodell und den Installateur bis hin zur Betreuung vor und nach der Installation. Auf unserer intuitiven Plattform können Hausbesitzer mit wenigen Klicks eine automatische Richtofferte für Ihren Standort einholen. Bei Interesse hinterlassen potentielle Kunden ihre Telefonnummer oder E-Mail-Adresse. Otovo kontaktiert die Interessenten zeitnah und persönlich, um aus der automatischen Offerte ein massgeschneidertes Angebot zu erstellen. Dies ist komplett kostenlos.

«Otovo bietet Hausbesitzern den gesamten Prozess auf einer Plattform an: von der Suche nach der richtigen Solaranlage, über das Finanzierungsmodell und den Installateur bis hin zur Betreuung vor und nach der Installation.»

Welche Daten fliessen in die Plattform ein, damit ein Angebot erstellt werden kann?

In unsere Angebote fliessen proprietäre Daten ein, um die optimale Systemgrösse und tatsächliche Energieproduktion bei unterschiedlichen geographischen Bedingungen simulieren zu können. Daneben kommen die wichtigsten Daten für den Schweizer Markt vom Bundesamt für Landestopografie (swisstopo) für akkurate Gebäudedaten. In einem nächsten Schritt werden wir noch präzisere Sparpotentiale angeben können, wenn die 2023er-Daten hinsichtlich Strompreisen und Einspeisevergütungen auf Gemeindeebene integriert worden sind.

Käufer haben die Möglichkeit, die Anlage zu kaufen oder zu mieten. Aus der Erfahrung in anderen Märkten: Von welchem Verhältnis von Direktkauf zu Miete gehen Sie aus?

Das Verhältnis von Miete zu Direktkauf weist in Otovos 13 Ländern zum Teil grosse Unterschiede auf. In der Schweiz ist das Modell, eine Solaranlage über 20 Jahre zu mieten, noch relativ unbekannt. Erste Verkaufsergebnisse zeigen jedoch ein beachtliches Interesse.

Das Mietmodell richtet sich vor allem an zwei Gruppen. Einerseits Kunden, die 20 Jahre lang sorgenfrei Solarenergie beziehen wollen, weil Otovo während der gesamten Dauer für die Wartung und allfällige Reparatur der Anlage verantwortlich ist. Auf Mietkunden kommen dadurch keine weiteren Kosten hinzu. Sowohl Energie als auch Ausgaben sind somit sicher. Die zweite Gruppe sind Kunden, die aktuell die Einmalinvestition in ein Solarsystem nicht tätigen können oder wollen. Ein Direktkauf ist letztlich früher rentabel als ein Mietkauf, jedoch vergleichen manche Kunden diese Investition auch mit anderen Anlageprodukten und entscheiden sich daher heute für Miete. Otovos Mietanlagen können jederzeit gegen einen fairen Marktwert abgelöst werden oder gehen alternativ nach 20 Jahren in das Eigentum der Kunden über, welche die Anlage dann erwartungsgemäss noch 10 weitere Jahre kostenfrei betreiben kann.

«In der Schweiz ist das Modell, eine Solaranlage über 20 Jahre zu mieten, noch relativ unbekannt. Erste Verkaufsergebnisse zeigen jedoch ein beachtliches Interesse.»

Wie sieht der interne Prozess bei Otovo aus, wenn ich mich für das Angebot entscheide?

Sobald ein Kunde sich für ein Finanzierungsmodell entschieden und den Vertrag bequem von zuhause aus digital signiert hat, sammelt Otovo Fotos der Immobilie und alle technischen Details. Erst dann – wenn alle notwendigen Informationen für die Installation vorliegen und von einem erfahrenen Projektmanager kontrolliert wurden – wird das Projekt an einen geeigneten Schweizer Partnerinstallateur vergeben. Wir achten dabei auf Lokalität und Erfahrung. Der Partnerbetrieb prüft das Projekt, kauft die Hardware und führt die endgültige Planung und Umsetzung durch. Otovo bezahlt die Installateure und übernimmt von Zürich aus die Überwachung des gesamten Prozesses.

Welche Hardware kommt zum Einsatz, welche Module verwendet Otovo?

Die Hardware, die aus Modulen, Wechselrichtern, Stromspeichern und intelligenten Zählern besteht, wird sorgfältig ausgewählt und nach bestimmten Kriterien für die Installation zugelassen. Unsere Partnerinstallateure legen prinzipiell selbst fest, mit welcher Hardware sie bevorzugt arbeiten, jedoch ist dies nur im Rahmen der von Otovo freigegebenen Produkte (“Whitelist”) möglich. Alle Hauptkomponenten haben eine Produktgarantie von mindestens 5 Jahren, Module und Unterkonstruktion von mindestens 10 Jahren und Optimierer sogar von mindestens 25 Jahren. Darüber hinaus haben alle Module eine Leistungsgarantie von mindestens 25 Jahren.

Auch die Gesundheit der Mitarbeiter unserer Produzenten und deren Sicherheitsmanagement am Arbeitsplatz ist Otovo wichtig, weshalb ISO 9001:2015 und ISO 14001:2015 bei Otovo Standard sind. Nur die Produkte, die die Kriterien und damit die hohen Standards erfüllen, werden für die Otovo-Whitelist zugelassen. Die Installationen selbst erfolgen alle unter Einhaltung der eidgenössischen Normen (z.B. NIV).

Sie bieten auch einen Stromspeicher in Form einer Batterie an. Welchen Speicherumfang können wir uns vorstellen?

Otovo bietet Stromspeicher unterschiedlicher Grösse an und berät alle Kunden individuell. Als Richtwert ist für viele Kunden ein Speicher (z.B. 10 kWh) in der Grösse der Solaranlage sinnvoll (z.B. 10 kWp). In Nachbarländern wie Deutschland und Italien wählen über 75 % eine Batterie. Für manche Kunden ist jedoch eine Anlage ohne Speicher am attraktivsten. Ehrliche Beratung ist hier das Wichtigste.

«Otovo arbeitet europaweit inzwischen mit über 800 Installateuren zusammen. Die Nachfrage in der Schweiz seitens lokalen Partnerschaften läuft gut an und wir bauen unser Netzwerk stetig aus.»

Mit wie vielen Partnern arbeiten Sie hierzulande für die Installation der Anlagen zusammen?

Otovo arbeitet europaweit inzwischen mit über 800 Installateuren zusammen. Die Nachfrage in der Schweiz seitens lokalen Partnerschaften läuft gut an und wir bauen unser Netzwerk stetig aus, worüber ich sehr zufrieden bin. Dabei achten wir auf die Prüfung jedes Betriebes und einen persönlichen, vertrauensvollen Umgang.

Die hohe Nachfrage nach Photovoltaik führt zu einem grossen Bedarf an Fachkräften, der kaum zu decken ist. Letztlich ist davon auch Otovo betroffen. Wie können Sie das Problem angehen?

Indem wir für unsere Betriebe zeitintensive Tätigkeiten wie Marketing, Verkauf, Vorplanung, Rechnungsstellung und Kundenservice übernehmen, können sich unsere Installateure auf das fokussieren, was sie auszeichnet: Installieren. Der Schweizer Solarmarkt wird dadurch deutlich effizienter, weil die existierenden Fachkräfte besser eingesetzt werden können. Mehr Geschäft für unsere Partner und kürzere Wartezeiten für unsere Kunden sind die positiven Folgen.

Erfreulich sind die Fortschritte bei neuen Berufslehren für die Solarbranche. Ab dem Schuljahr 2024/25 werden die Ausbildungen zum “Solarmonteur EBA” und “Solarinstallateur EFZ” starten. Klar sollte jedoch sein, dass die ersten Absolventen erst zwei bzw. drei Jahre später bereit sein werden.

Herr Dreyer, besten Dank für das Interview.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert