Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Von Shrinkflation über Skimflation zur Shiftflation bis zur Skipflation

Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Von Shrinkflation über Skimflation zur Shiftflation bis zur Skipflation
Nicht nur an Selbstbedienungskassen werden Käufer bewusst unentgeltlich in Teilprozesse der Wertschöpfung mit eingebunden - ohne den erwirtschafteten Kostenvorteil an die Kunden weiterzugeben.

Von Robert Jakob

«Die Jubelmeldungen zur Teuerung hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.» Frei nach Goethes Dr. Faust sollten auch wir Untertanen berechtigte Zweifel an den Zahlen unserer Statistiker hegen.

S1 und S2

In den letzten beiden Fortsetzungen zur Manipulation unserer Inflationsrate geisselte ich die immer kleiner werdenden Packungsinhalte (Shrinkflation) und den Ersatz hochwertiger Inhalte durch Billigware (Skimflation). Das Shrinking lässt sich leicht erkennen, das Skimming ist schon etwas schwieriger nachzuweisen. Ein kleiner Tipp: Achten Sie mal im «Supermarkt Ihres erschütterten Vertrauens» auf die Inhaltsstoffe der Backwaren. Neu kommen bei fast allen Silserkränzen und Laugenbretzeln billige Fette zum Einsatz.

S3

Prof. Dr. Hartmut Walz, wie ich seit Jahren ein unerschütterlicher Kämpfer für das Gute im Geschäft, hat eine neue Wortschöpfung gegen die unverschämte Wertschröpfung ins Spiel gebracht. Sein Neologismus heisst Shiftflation. Damit ist die Leistungssenkung ohne Preisanpassung bei Dienstleistungen gemeint.

Auch hier ein Beispiel aus dem Supermarkt. Dort werden Kassen mit Transportbändern kaum mehr besetzt, um die Kunden zum Benutzen der Selbstbedienungskassen zu animieren. Der dabei erwirtschaftete Kostenvorteil wird nicht an den Kunden weitergegeben, etwa in Form günstigerer Verkaufsartikel oder Rabatte. Im Gegenteil, hier und mittlerweile bei vielen anderen Transaktionen wird der Käufer bewusst unentgeltlich in Teilprozesse der Wertschöpfung mit eingebunden. Er muss dafür wertvolle Lebenszeit opfern und wird zum Gratismitarbeiter.

Dank Digitalisierung lassen sich fast alle Geschäftsprozesses so reorganisieren, dass der Kunde Hand anlegen muss. Im Kundendienst beispielsweise ist er genötigt, sich durch einen langen Suchbaum des Sprachcomputers durchzuquälen, bis er fast eigenständig eine Lösung findet. Diese im Prozess versteckte Wertminderung müsste genau genommen als Aufschlag zur Inflationsrate hinzuaddiert werden. Sie ist das Äquivalent zur geschrumpften Packungsgrösse. Walz sagt, die Wertschöpfungsprozesse werden auf den Kunden überwälzt (also umgeshiftet – daher «shiften» und «Shiftflation»).

S4, Inflationsverzerrung in absurdester Form

Am Ende eines derartigen Prozesses steht dann vielleicht das, was ich «Skipflation» nenne, die vollständige Erbringung der Wertschöpfung durch den Kunden. Gibt es nicht, meinen Sie?

Ein prägnantes Beispiel sind die Leser-Reporter, die vielen Zeitungen unentgeldlich die Arbeit des rasenden Photoreporters abnehmen. Gleichzeitig sind unsere Tageszeitungen Jahr für Jahr im Schnitt um vier bis fünf Prozent teurer und dabei leider auch etwas dünner geworden.

Überhaupt erledigen die Kunden immer mehr Aufgaben, für die sie auch noch bezahlen. So bringen sie fleissig Datenspuren ins Geschäft mit ein, die von den Firmen wiederum für sich selbst oder für andere zu Werbezwecken genutzt werden. Ohne die versteckte Entlöhnung der Unternehmen durch Kundendaten würde sich so manche Geschäftsbeziehung gar nicht erst lohnen. Shiftflation und Skipflation sind Leistungsverringerung des Anbieters von Dienstleistungen ohne preisliche Kompensation.

Während die Shrinkflation durch Messung der Packungsinhalte leicht zu entlarven ist und daher auch bei der Inflationsberechnung einfach zu korrigieren, ist das bei der Skimflation, Shiftflation und Skipflation nicht der Fall. Alle drei fliegen unter dem Radar der Statistiker, werden erst gar nicht enttarnt und gezählt, wodurch die tatsächliche Inflationsrate höher wird als offiziell je ausgewiesen.


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