Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Mogelpackungen

Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Mogelpackungen
Die Rabatt-Orgie im Lebensmittelhandel soll vermitteln, dass der edle Kaufmann auf der Seite des Konsumenten steht und für ihn genau mitrechnet. (Symbolbild )

Von Robert Jakob

Konsumenten schütteln sich. Oder zumindest ihren Kopf. Denn was sich der Schweizer Lebensmittel-Einzelhandel an Kundenveräppelung erlaubt, treibt einem die Schamröte ins Gesicht.

Das fängt schon beim Grundnahrungsmittel Bier an. Coop preist laufend 24er-Gebinde von Grossmarken wie Heineken oder Stella Artois mit durchgestrichenen Phantasiepreisen an, wie 28,20 statt 56,40 für das holländische oder 27,60 statt 55,20 für das belgische Bier. Als ob je jemand eine «Kiste» Heineken für CHF 56,40 kaufen würde. Es handelt sich also um eine typische Scheinaktion. Mit dem überteuerten durchgestrichenen Preis soll der edle Wert der Ware übertrieben und der immer noch zu teure Halbpreis einfacher an den bierseligen Mann gebracht werden.

Springen wir von der «Gerstenkaltschale» hinüber zu einer anderen Produktkategorie, der «Fleischschnippelware». Ob Schinken oder Bündnerfleisch, die Inhalte der Charcuterie-Schalen werden immer häufiger von 100g auf 90g oder gar 80g gesenkt. Da die Verpackung so flach ist und die Fleischscheibchen beliebig überlappend hintereinander geschichtet werden können, fällt das dem Konsumenten nicht auf. Bei einer Absenkung des Inhalts um 10g erhöht sich der reale Preis und damit die Marge um 11,1%, bei der besonders leichten 80g-Packung sind es bereits 25% und nicht etwa 20%, wie man vorschnell meinen könnte.

Ja, ja, wir wissen es. Der Einzelhandel steht unter Druck und versucht die höheren Waren- und Logistikpreise an den Kunden weiterzureichen, am besten, ohne dass er es merke. Da wird dann schon einmal durchgehend in die Trickkiste gegriffen. Aber muss es denn so plump sein?

Wer heuer bei Migros shoppt, bekommt das Gefühl vermittelt, als könne Kunde sich im orangen Universum nicht vor Rabatten retten. Und wie spitz ist das alles kalkuliert! Preisschilder locken mit minus 32%, -28%, -26%, -23%, -21%, -19%, -16%. Krummer geht’s nimmer. Bei Lidl liest sich das dann so: -39%, -37%, -35%, -33%, -31%, -29%, -23%, -22%.

Margenzauberei
Das soll vermitteln, dass der edle Kaufmann auf der Seite des Konsumenten steht und für ihn genau mitrechnet. Wer sich aber auskennt, merkt schnell: Alles ist teurer geworden. Denn wo jetzt -21% draufsteht, da waren es vorher wohl -30%. Früher bekam man die Vielfachpackung der «Petit Beurre»-Guezli zum halben Preis. Jetzt versucht es Migros mit -33%. Eigentlich ist das ein Aufschlag um satte 33% und nicht, wie man fälschlicherweise meinen könnte um 16,5%. Auch hier gilt: Der mathematische erste Anschein ist trügerisch.

Bei Tee muss man sich mit Beuteln zu 1,75g statt 2 rumschlagen. Dadurch hat die Packung nicht mehr 100 Gramm, sondern 87,5. Toll treibt’s auf diesem Acker die Biobranche. Was will mir eine 12x12x7cm grosse Verpackung (über 1000 Kubik-Zentimeter!) mit 20 Kräutertee-Säckli à 1,2 g sagen? Vielleicht 24 Karat pures Gold? Klar nur ist: Preisvergleiche sollen erschwert werden, dafür aber plustert sich die Morgentee-Packung auf wie der rote Gockel, der auf ihr prangt.

Kickericki: Lebensmittel sind in Deutschland laut neusten Zahlen durchschnittlich 22,3 Prozent teurer als vor einem Jahr. Die Schweizer dürften nur unwesentlich besser davonkommen. Aber der Einzelhandel streut uns dafür immer besser Sand in die Augen.


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