Schweiz-Europa: Economiesuisse für sektorielle Ansätze mit allgemeinem Abkommen

Schweiz-Europa: Economiesuisse für sektorielle Ansätze mit allgemeinem Abkommen
Christoph Mäder, Präsident economiesuisse. (Foto: economiesuisse)

Bern – Sektorielle Ansätze kombiniert mit einem allgemeinen Abkommen zur Regelung der Marktteilnahme sind für den Wirtschaftsdachverband Economiesuisse eine mögliche Lösung zur Fortsetzung des bilateralen Weges mit der EU. Der Bundesrat dürfe nicht weiter zuwarten.

Die Schweizer Wirtschaft erwarte von der Landesregierung nach dem einseitigen Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU rasche Massnahmen zur Fortsetzung des bilateralen Weges. Die Europapolitik stecke in der Krise, erklärte Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder am Donnerstag an der Jahresmedienkonferenz in Bern. Die fortschreitende Erosion des bilateralen Weges schade dem Wirtschaftsstandort Schweiz.

Lösungen brauche es vor allem in Bereichen Börsen und Banken, Medizinaltechnik, Forschung und Stromversorgung. Unerlässlich sei auch die Klärung der institutionellen Frage, denn die Unternehmen seien dringend auf Rechtssicherheit in den Beziehungen mit der EU angewiesen.

Mäder schilderte zur Illustration das Beispiel eines Unternehmers aus der Medizinaltechnikbranche, mit dem er kürzlich gesprochen habe. Dieser habe angesichts der andauernden Ungewissheit Investitionen von zehn Millionen Franken vorsorglich im Ausland getätigt und habe dadurch nun zwar keine Nachteile mehr. Aber die entsprechenden Arbeitsplätze sein nun ins Ausland verlagert und nicht mehr in der Schweiz.

Freihandel mit Asien ausbauen
Mäder skizzierte einen möglichen Ansatz zur Deblockierung der verfahrenen Situation. Er sehe sektorielle Lösungen in Kombination mit einem allgemeinen Abkommen, um die Marktteilnahme zu sichern. Als Beispiele für sektorielle Lösungen nannte er spezifische Bereiche wie das sogenannte Opting-out (eingeschränkte Revisionspflicht) und Notfallklauseln.

Eine solche Kombination soll laut Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl mehr Flexibilität für Verhandlungen bringen. Aber das sei nur einer von vielen Vorschlägen und Möglichkeiten. Letztlich seien stabile und enge Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU insgesamt in beidseitigem Interesse. Ohne neue Abkommen verpassten «beide Partner grosse Chancen», ergänzte Mäder.

Für die vom Stillstand besonders stark betroffene Exportwirtschaft brauche es zudem einen konsequenten Ausbau des Freihandelsnetzes oder die Integration in plurinationale Freihandelszonen mit Schwerpunkt Pazifik-Asien.

Drohende Stromlücken ernstnehmen
Besorgt zeigte sich Mäder über das wachsende Risiko einer Strommangellage. «Es ist derzeit das grösste Risiko für unser Land und der potenzielle Schaden wäre enorm.» Das Bewusstsein dafür sei relativ gering, die Wahrscheinlichkeit des Eintretens werde aber immer grösser. Der Bund müsse deshalb rasch einen Plan entwickeln, der klar aufzeige, wie er der drohenden Lücke begegnen will.

In diesem Zusammenhang plädierte Mäder erneut dafür, sich technologisch alle Optionen aufrecht zu erhalten. Es sei «töricht», die Option Kernenergie «jetzt schon zu versenken». Diese Technologie werde sich in den kommenden zwanzig Jahren weiter entwickeln und könne dereinst allenfalls neue Chancen eröffnen, sei es bezüglich der Erreichung der Klimaziele oder der Energiesicherheit der Schweiz.

Wirtschaft hinter Netto-Null-Ziel
Das eigene Klimaprogramm der Wirtschaft wird laut Rühl auf wissenschaftsbasierte Ziele nach der Methode der Science Based Targets initiative (SBTi) ausgerichtet und weiter vorangetrieben. Schub verleihen soll diesem ein gemeinsames Projekt zur Förderung von SBTi mit dem Verein «Go for Impact», einer Kooperation von Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlicher Hand.

Diese Zusammenarbeit werde in den nächsten zehn Jahren Treibhausgasemissionen von mehreren Millionen Tonnen und klimabedingte Schäden in Milliardenhöhe verhindern. Damit bestätige die Wirtschaft ihr Netto-Null-Ziel beim CO2-Ausstoss bis 2050 und erreiche so ihre Klimaziele «eigenverantwortlich, wettbewerbsorientiert und ohne gesetzliche Vorgaben», betonte Rühl.

Mehr als 60 Schweizer Firmen hätten sich dieser Initiative bereits angeschlossen, und es würden laufend mehr. Damit verfolge die Wirtschaft konsequent den Weg, «sich als innovativste und wirksamste Kraft im Klimaschutz zu etablieren». Eine erfolgreiche Revision des CO2-Gesetzes bleibe aber ein Kernelement der Klima- und Energiepolitik der Schweiz. (awp/mc/ps)

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