SGKB Investment views: Biden rührt mit der grossen Kelle an

SGKB Investment views: Biden rührt mit der grossen Kelle an
Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Das Corona-Hilfspaket von Präsident Biden im Umfang von 1’900 Mrd. US-Dollar ist beschlossen und wird zügig umgesetzt. Es besteht zu einem grossen Teil aus Direktzahlungen an die Bevölkerung und an die Gliedstaaten, welche rasch zu zusätzlichen Ausgaben führen werden. Da die Zahlungen vor allem an Haushalte mit tiefen Einkommen und an Personen ohne Arbeit gehen, wird der Anteil, der einfach gespart wird, gering sein. Wie in den USA üblich, haben die Demokraten auch ein paar ihrer sozialpolitischen Anliegen wie die Einführung einer Kinderzulage oder Steuerabzüge für Familien in die Vorlage verpackt, die erst mit der Zeit wirken. Diese machen aber den kleineren Teil aus.

Der Umfang des Pakets sprengt jegliche Vorstellungskraft. Die 1’900 Mrd. US-Dollar entsprechen 9% der jährlichen Wirtschaftsleistung der USA. Es ist fast so gross wie das gesamte BIP Italiens oder 2.7 mal die Wirtschaft der zugegebenermassen kleinen Schweiz. Es ist im Vergleich zum BIP auch 1.5 mal so gross wie das EU-Hilfspaket von 750 Mrd. Euro, welches über die nächsten Jahre ausgegeben werden soll und der Umsetzung harrt.

Weitere Ausgaben für Infrastruktur und Bekämpfung Klimawandel
Damit hat Biden aber noch nicht genug. Er plant weitere Ausgaben von Hunderten von Milliarden US-Dollar für die Erneuerung der Infrastruktur und für die Bekämpfung des Klimawandels. Ob er dieses Geld vom Kongress erhalten wird, ist aber unsicher. Bidens Plan ist klar. Er will mit sehr viel staatlichem Geld die Wirtschaft so schnell wie möglich aus der Corona-Rezession herausführen und in den nächsten zwei Jahren mit einem starken Wirtschaftswachstum die wirtschaftliche Situation möglichst vieler Amerikaner verbessern. Wer meint, dass er damit auch eine gute Ausgangslage für die Kongresswahlen Ende 2022 schaffen will, liegt wahrscheinlich nicht falsch.

Das Programm wird seine Wirkung auf die Wirtschaft entfalten. Die Fed hat ihre Prognose für das BIP-Wachstum in den USA für dieses Jahr von 4% auf 6.5% erhöht. Bei der Arbeitslosigkeit sieht sie einen Rückgang von aktuell 6.2% auf 4.5% bis Ende Jahr und auf 3.9% Ende 2022. Der Arbeitsmarkt wäre dann wieder genauso stark wie vor der Corona-Pandemie. Gleichzeitig prognostiziert sie nur einen vorübergehenden Anstieg der Inflation und rechtfertigt damit ihre Haltung, die Zinsen mindestens bis Ende 2023 nicht zu erhöhen. Dass die Fed Geduld hat und mit einer Änderung ihrer Geldpolitik lange zuwarten kann, hat sich schon nach der Finanzkrise gezeigt. Erst Ende 2016 und damit acht Jahre nach dem Einbruch der Wirtschaft hat sie mit einer regelmässigen Anhebung der Zinsen und der Reduktion ihrer Bilanz begonnen.

Steile Zinskurve, starker Dollar, gute Aktienmärkte
Der Finanzmarkt hat aber bereits begonnen, die Geduld der Fed zu hinterfragen. Angetrieben durch die Kommentare, dass das Biden-Programm zu einer Überhitzung der US-Wirtschaft und zu einem zu starken Anstieg der Inflation führen wird, sind die Renditen der US-Obligationen mit einer längeren Laufzeit gestiegen. Da die kurzen Zinsen durch die Fed kontrolliert werden, ist die Zinskurve deutlich steiler geworden. Wenn das US-Wachstum in den nächsten Monaten weiter an Fahrt aufnimmt, wird die Frage, wann die Fed erstmals ihre Zinsen anheben wird, an Schärfe zulegen. In der Folge kann die Zinskurve noch steiler werden. Davon wird auch der US-Dollar profitieren und zum Franken noch etwas zulegen. Ob es bis zur Parität reicht, ist dagegen fraglich. Für die Aktienmärkte heisst das, dass die Anleger zwischen der Angst vor höheren Finanzierungskosten für die Unternehmen und der Hoffnung auf höhere Gewinne dank des Aufschwungs hin- und hergerissen werden. Das bedeutet, dass die kurzfristigen Kursschwankungen gross bleiben, dass die Aktienmärkte sich aber insgesamt gut halten werden. (SGKB/mc/ps)

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