SGKB Investment views: Wer hat die russischen Aktien und Obligationen?

SGKB Investment views: Wer hat die russischen Aktien und Obligationen?
Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Mit der Verschärfung der Sanktionen gegen die russische Zentralbank und gegen die grossen russischen Banken und mit ihrem Ausschluss vom internationalen Finanzmarkt sind die Aktien und Obligationen russischer Firmen praktisch über Nacht zu toxischen Wertschriften geworden. Die Börse in Moskau ist seither geschlossen und auch in den westlichen Ländern wurde der Handel mit russischen Aktien eingestellt. Für Obligationen gibt es teilwiese noch Preisangebote, welche aber so tief sind, dass sie einen Abweisungscharakter haben. Die grosse Frage ist nun: Wer hat diese Papiere im Bestand?

Das erinnert an die Situation mit den Subprime-Papieren. Diese sind nach dem Lehman-Konkurs ebenfalls illiquid geworden, was zu massiven Preiseinbrüchen geführt hat. In den darauffolgenden Wochen sind immer wieder Anlagefonds und Banken auf der ganzen Welt mit Verlustmeldungen an die Öffentlichkeit getreten. Das hat das Vertrauen in die Banken belastet und das globale Finanzsystem an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Das wird mit den russischen Papieren nicht passieren. Das betroffene Volumen ist im Vergleich zum damaligen Subprime-Markt gering. Zudem dürften die Papiere breiter verteilt sein. Die eine oder andere Überraschung wird es aber sicherlich geben.

Emerging Market Anlagefonds im Fokus
Ähnlich wie die Subprime-Papiere sind die meisten russischen Wertpapiere nicht wertlos. Die in den USA gehandelten Aktien von Gazprom verloren 90% an Wert. Gazprom liefert weiterhin Erdgas und bekommt die Erträge. Die Schuldner der Obligationen sind grossmehrheitlich nicht zahlungsunfähig. Sie können jedoch momentan aufgrund der Sanktionen, aber auch aufgrund politischer Überlegungen, ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Wenn der Handel wieder möglich ist, werden viele dieser Papiere einen Teil der Verluste wieder wettmachen. In der Zwischenzeit werden sie aber zu null oder mit einem geringen Wert bewertet und ausgewiesen.

Der überwiegende Teil dürfte in Anlagefonds sein, welche die Emerging Markets abdecken. So ist gemäss Bloomberg BlackRock der grösste Halter russischer Staatsanleihen und auffallend ist die breite Verteilung auf viele bekannte Fondsanbieter. Als grösster Aktionär von Gazprom nach dem russischen Staat wird Vanguard aufgeführt, ebenfalls gefolgt von anderen Vermögensverwaltern. Die Emerging Markets-Fonds für Aktien und Obligationen werden an Wert einbüssen, aber in einem überschaubaren Rahmen.

Dass der eine oder andere Hedge Fund sich grösser verspekuliert hat, ist aber gut möglich. Im Unterschied zu den Subprime-Papieren dürfte nur ein kleiner Teil der Papiere im Eigenbestand von Banken oder Versicherungen sein. Problematischer wird es, wenn Banken im grossen Stil russische Aktien als Sicherheit für Lombard-Kredite akzeptiert haben und die Kunden nun neue Sicherheiten liefern müssen. Die betroffenen Kunden dürften oft einen russischen Hintergrund haben und entsprechend Schwierigkeiten haben, die nötigen Gelder zu liefern. Aber auch hier ist es unwahrscheinlich, dass eine Bank dadurch in ernsthafte Probleme gerät.

Risikomanagement mit Diversifikation
Der Handelsstopp für russische Wertpapiere hat einmal mehr gezeigt, dass die jederzeit vorhandene Liquidität von Finanzinstrumenten nicht als gesicherte Grundlage angenommen werden kann. Das ruft den Grundsatz in Erinnerung, dass es eine gute Diversifikation im Portfolio bedingt, um langfristig an den Finanzmärkten Erfolg zu haben. Man kann dann zwar nicht mit Extremgewinnen Aufsehen erregen, jedoch stürmische Zeiten wie jetzt aushalten. (SGKB/mc/ps)

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