Neue US-Vorwürfe an die WHO überschatten Corona-Massnahmen

Neue US-Vorwürfe an die WHO überschatten Corona-Massnahmen
US-Präsident Donald Trump.

Genf – Mit neuen Attacken gegen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat US-Präsident Donald Trump dringend nötige Vereinbarungen zur Bewältigung der Corona-Krise in den Schatten gestellt. Auf der Jahrestagung der WHO wurde am Dienstag per Video-Konferenz eine Entschliessung verabschiedet, die sich für die faire Verteilung eines Corona-Impfstoffs einsetzt, sobald dieser auf dem Markt ist. Trotzdem bestimmte der US-Präsident wieder einmal die Schlagzeilen. Die WHO selbst ging zunächst nicht auf Trumps Brandbrief ein.

Ärmere Länder haben Sorge, dass die reichen Nationen in der Krise zunächst nur die eigene Bevölkerung mit Hilfen bedienen. In der einstimmig angenommenen Resolution wird nun ein «weltweiter, zeitnaher und gerechter Zugang und ebensolche Verteilung» von Impfstoffen und Medikamenten gegen die Krankheit Covid-19 verlangt.

Der deutsche Aussenminister Heiko Maas lobte den Beschluss. «Das ist ein grosser Erfolg und ein wichtiges Zeichen unserer internationalen Geschlossenheit im Kampf gegen das Corona-Virus», erklärte der SPD-Politiker in Berlin. In der Resolution sprechen sich die WHO-Mitgliedsstaaten auch für eine unabhängige Untersuchung der Arbeit der Organisation während der Pandemie aus.

30-tägiges Ultimatum
Trump stellte der WHO, die er unter bestimmendem Einfluss aus China sieht, nun ein Ultimatum. Sollte sich die Organisation nicht innerhalb der kommenden 30 Tage zu «wesentlichen Verbesserungen» verpflichten, werde er die US-Zahlungen endgültig einstellen und die Mitgliedschaft der USA überdenken, heisst es in einem Schreiben an WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Was er sich konkret unter den geforderten «wesentlichen Veränderungen» vorstellt, blieb vage.

Trump bezeichnet die WHO als «Marionette» Chinas. Er macht sie für die weltweite Ausbreitung des Virus mitverantwortlich. Die WHO habe fragwürdige Angaben Chinas nicht in Frage gestellt und auf Druck Chinas keine Reisewarnungen herausgegeben. Eine Studie, die zeigt, dass Reisebeschränkungen Pandemien verzögern, aber nicht verhindern können, erwähnte Trump nicht. In seinem Brief heisst es: «Es ist klar, dass die wiederholten Fehltritte, die Sie und Ihre Organisation sich bei der Reaktion auf die Pandemie geleistet haben, die Welt extrem teuer zu stehen gekommen sind.»

Trump hatte das Virus trotz Aufforderung der WHO an alle Länder, sich auf einen möglichen Ausbruch vorzubereiten, zunächst wochenlang heruntergespielt. Dann schloss er die Landesgrenzen. Heute haben die USA die meisten Infektionen und mehr als 90’000 Todesfälle – so viele wie kein anderes Land der Welt. Kritiker werfen dem US-Präsidenten vor, mit seiner Kritik von eigenen Versäumnissen ablenken zu wollen.

Die WHO selbst hat eine unabhängige Bewertung ihrer Rolle im Umgang mit der Pandemie angekündigt. Man wolle aus Fehlern lernen. Allerdings müsse sich die Organisation zuerst auf den Kampf gegen die weitere Ausbreitung konzentrieren, auch in den ärmeren Ländern. Ähnlich äusserten sich die meisten anderen Staaten: erst die Krise bewältigen, dann Lehren ziehen. (awp/mc/ps)

WHO

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert