VP Bank Spotanalyse: Inflation in der Eurozone sinkt deutlich

VP Bank Spotanalyse: Inflation in der Eurozone sinkt deutlich
Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank. (Foto: VP Bank)

Von Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank

Der vorläufigen Schätzung zufolge fällt die Inflationsrate im November von 2.9 % auf 2.4 %.

Wurde der Inflationsanstieg unterschätzt, so gilt dies nun auch beim Inflationsrückgang. Nicht nur in Deutschland überraschte die Inflationsrate auf der Unterseite, auch in Frankreich wurde die Konsensschätzung der Volkswirte unterboten.

In Deutschland fiel die nach EU-Standard kalkulierte Inflationsrate überraschend stark von 3 % auf 2.3 %; in Frankreich von 4.5 % auf 3.8 %. In Italien ging es sogar von 1.8 % auf 0.7 %. Der Rückgang beruht auf niedrigeren Energiepreisen – aber nicht nur. Wie der Blick auf die Teuerung ohne die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise (Kernrate) zeigt, ist der Preisrückgang breitflächig verankert. Die Kernrate fällt im November ebenfalls stärker als erwartet von 4.2 % auf 3.6 %.

Im Dezember ist die Vergleichsbasis schwieriger. In Deutschland wurde im Dezember 2022 der Abschlag für Gas und Wärme vom Bund übernommen. Damit fiel die Energiepreiskomponente des Konsumentenpreisindex merklich. Die Vergleichsbasis für die Energiepreise ist entsprechend niedrig, so dass die Inflationsrate in Deutschland im Dezember aller Voraussicht nach steigen wird. Dies hat Auswirkungen auf die Teuerungsrate des Euro-Währungsraums. Doch bereits im kommenden Jahr dürfte sich der Preisrückgang fortsetzen, weil Güter der Kerninflationsrate dann weniger stark zum Preisanstieg beitragen sollten.

Es ist davon auszugehen, dass die Inflationsrate zur Jahresmitte 2024 in der Nähe des Ziels der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 % liegen wird – auch im Bereich der Kernteuerung. Damit hat die EZB erheblichen Spielraum, Zinsen zu senken.

Läge im zweiten Halbjahr die Inflationsrate bei 2 % und würden die Leitzinsen um 100 Basispunkte gesenkt, wäre die EZB bei einem dann gültigen Einlagensatz von 3 % noch immer restriktiv. Denn der reale Leitzins läge immer noch bei 1 %. Ähnliches gilt für die Fed. Will heissen: Die grossen Notenbanken haben Spielraum für Zinssenkungen, ohne damit den geldpolitisch restriktiven Bereich verlassen zu müssen.

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