Banken: Neue Vorwürfe – Behörde untersucht Devisengeschäfte

Banken: Neue Vorwürfe – Behörde untersucht Devisengeschäfte

Das Devisengeschäft mit einem Tagesvolumen von rund 4,7 Billionen Dollar gilt als der grösste Finanzmarkt überhaupt.

London – Der Deutschen Bank und anderen internationalen Grossbanken könnte neues Ungemach wegen dubioser Geschäftspraktiken drohen. Nach dem Skandal um manipulierte Referenzzinssätze geht es nun um die mögliche Beeinflussung von Devisenkursen durch Händler. Die neue britische Finanzaufsicht FCA leitete eine Voruntersuchung ein, wie ein Sprecher der «Financial Times» (Donnerstag) sagte. Die Aufseher forderten Informationen zahlreicher Banken an, darunter der Zeitung zufolge auch von der Deutschen Bank. Damit sei aber keinerlei Verdacht gegen einzelne Institute verbunden, liess die Behörde verlauten.

Zuvor hatten fünf Händler bei der Nachrichtenagentur Bloomberg anonym beschrieben, wie sie über Jahre täglich versuchten, an den kurzfristigen Spotmärkten für Währungen die Kursermittlung zu beeinflussen und Insiderkenntnisse für eigene Geschäfte zu nutzen. Das Devisengeschäft mit einem täglichen Handelsvolumen von rund 4,7 Billionen Dollar gilt als der grösste Finanzmarkt überhaupt, ist allerdings anders als Aktienbörsen nur wenig reguliert.

Auch Öl-, Gas- und Goldpreis unter Manipulationsverdacht 
Aufsichtsbehörden sind spätestens seit dem Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze besorgt über die Anfälligkeit von wichtigen Referenzwerten in der Finanzwelt. Inzwischen laufen auch Untersuchungen bei Benchmarks für den Ölpreis und im Gasgeschäft. Ebenfalls unter Manipulationsverdacht steht das von einer Handvoll Grossbanken zweimal täglich festgesetzte Londoner Goldpreisfixing.

Beim Libor-Skandal hatten Händler internationaler Grossbanken über Jahre versucht, den Referenzzins zu manipulieren, um höhere Gewinne zu erzielen. Daran waren auch Beschäftigte der Deutschen Bank beteiligt. Die Konkurrenten Barclays, Royal Bank of Scotland und UBS mussten bereits hohe Strafen zahlen.

Kurse von Finanzdienstleistern WM und Reuters errechnet
Anders als beim Libor, der lediglich aufgrund von eingegebenen Schätzungen einer Gruppe von Banken berechnet wird, basiert die Ermittlung der kurzfristigen Devisenkurse auf tatsächlichen Transaktionen. Einfluss haben sie etwa auf Derivate und Fonds. Die Kurse werden von den Finanzdienstleistern WM und Reuters errechnet. Dafür nehmen sie alle halbe oder ganze Stunde – abhängig vom Handelsvolumen der jeweiligen Währung – eine kurze Periode von ein bis zwei Minuten, in der sie anhand der dabei laufenden Transaktionen die Kurse ausrechnen.

WM-Mutterkonzern State Street wies die Vorwürfe zurück. «Der Prozess zum Erfassen der Daten und der Berechnung ist automatisiert und anonym», teilte das Unternehmen mit. Zudem würden die Kurse genau auf ihre Qualität und Präzision kontrolliert. Ohnehin heisst es bei Finanzexperten, dass angesichts des grossen Volumens im Währungsgeschäft Manipulationen sehr schwierig seien.

Absprachen unter Händlern
Trotzdem haben es die Händler nach eigenem Bekunden versucht. Dafür wurden sie in den kurzen Phasen der Ermittlung der Kurse aktiv. So schilderte bei Bloomberg ein Banker, dass er grosse Währungsaufträge von Kunden etwa genau in dieser Zeit einsetzte, um dadurch die Kurse zu beeinflussen. Mit diesem Insiderwissen über die Veränderungen will er dann eigene Geschäfte unterstützt haben. Um die Wirkung noch zu verstärken, soll es auch Absprachen mehrerer Händler gegeben haben. Schon minimale Veränderungen der Währungskurse können angesichts der hohen Beträge zu grossen Gewinnen führen.

Hunderte Firmen beteiligen sich am Währungsmarkt. Dominiert wird das Geschäft allerdings von vier Banken. Mit einem Marktanteil von 15,2 Prozent ist die Deutsche Bank die Nummer eins, die US-amerikanische Citigroup kommt auf 14,9 Prozent, britische Barclays auf 10,2 Prozent und die Schweizer UBS auf 10,1 Prozent. (awp/mc/ps)

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