BlackRock: Für 95 Prozent der Versicherer sind Klimarisiken Anlagerisiken

BlackRock: Für 95 Prozent der Versicherer sind Klimarisiken Anlagerisiken
(Photo by Xavier Balderas Cejudo on Unsplash)

Zürich – Versicherer sorgen sich immer stärker um die Auswirkungen des Klimarisikos. Dabei gaben 95 Prozent der Befragten an, dass diese ihre Portfoliokonstruktion in den kommenden zwei Jahren deutlich beeinflussen dürfte. Das geht aus dem zehnten jährlichen Global Insurance Report von BlackRock hervor, für den Führungskräfte von Versicherungsunternehmen befragt wurden. Nach einem Jahr mit beispiellosen Naturkatastrophen spiegeln die Ergebnisse die Betrachtungsweise einer Branche wider, die den physischen Risiken des Klimawandels direkt ausgesetzt ist.

BlackRock befragte 362 Manager von Versicherungsgesellschaften in 26 Ländern mit einem verwalteten Vermögen von insgesamt 27 Billionen US-Dollar zu ihren Anlageabsichten und Geschäftsprioritäten im kommenden Jahr. Der wachsende Einfluss von Nachhaltigkeit, die Notwendigkeit, Portfolios in höher rentierliche Anlageklassen zu diversifizieren und der Trend zur Digitalisierung stehen der Studie zufolge dieses Jahr ganz oben auf der Agenda der Branche.

Charles Hatami, Global Head der Financial Institutions Group and Financial Markets Advisory bei BlackRock, sagt: «Nahezu alle Versicherer betrachten das Klimarisiko als Anlagerisiko. Deshalb positionieren sie ihre Anlageportfolios so, dass sie diese Risiken mindern und gleichzeitig die Chancen, die sich aus der Umstellung auf eine Netto-Null-Wirtschaft ergeben, nutzen können. Die wachsende Bedeutung, die Versicherer dem Thema Nachhaltigkeit schenken, sollte die gesamte Investmentbranche wachrütteln.»

Nachhaltigkeit im Brennpunkt
Nachhaltiges Investieren wird für globale Versicherungskonzerne zusehends wichtiger, ein Zeichen für die Neuverteilung von Anlagegeldern tektonischen Ausmasses. Die Hälfte der Befragten begründete die Neuausrichtung bestehender Assets auf nachhaltige Anlagen mit deren Fähigkeit, eine höhere risikobereinigte Performance zu erzielen. Geopolitische Risiken bleiben nach wie vor weiterhin die grösste Sorge der Versicherer. Allerdings sehen inzwischen mehr als ein Drittel der Befragten auch Umweltrisiken als ernstzunehmende Gefahr für den Erfolg ihrer Anlagestrategie.

Ferner zeigt die Studie, dass Versicherer Nachhaltigkeit immer stärker in ihren Anlageprozessen und -strategien verankern. So gab knapp die Hälfte der Befragten an, dass sie in den letzten zwölf Monaten mindestens eine Anlagechance wegen ESG-Bedenken abgelehnt hätten.

Mehr Risikobereitschaft und Diversifizierung in Non-Core-Anlagen
Ein weiterer dominanter Trend, der aus der Studie von BlackRock hervorgeht, ist die Notwendigkeit, in höher rentierende Anlagen zu diversifizieren. So rechnen 60 Prozent der Versicherer damit, in den kommenden zwei Jahren ihr Risiko Exposure zu erhöhen. Das ist der höchste Prozentsatz seit 2015, seitdem BlackRock diese Daten erfasst. Der Anstieg scheint auch notwendig zu sein, denn das anhaltende Niedrigzinsumfeld zwingt Versicherer, auf der Suche nach Renditen verstärkt Investitionen in alternative Anlagen und höher verzinslichen Anleihen zu erwägen.

Aufgrund des höheren Diversifizierungs- und Renditepotenzials ändern sich die Allokationen insbesondere im Bereich der Privatmarktanlagen. Die Versicherungsgesellschaften gaben an, dass sie 2023 durchschnittlich rund 14 Prozent ihres Gesamtportfolios an Privatmärkten investieren wollten (heute sind es nur etwa 11 Prozent). Keiner der Befragten plant eine strategische Allokation in Private Markets unter 5 Prozent.

Angesichts der steigenden Risikobereitschaft der Branche stellt sich jedoch die Frage der Liquidität. Deshalb wollen 41 Prozent der Versicherer, ihre Cash-Allokationen im nächsten Jahr erhöhen. ETFs gelten ebenfalls als wirksames Instrument für das Liquiditätsmanagement und die Renditesteigerung. 87 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Liquiditätsmanagement in den kommenden ein bis zwei Jahren ein wesentlicher Grund für die Erhöhung der Allokation in ETFs sein könne.

Höhere Investitionen in Technologie
Die Beschleunigung des digitalen Wandels ist für Versicherer aufgrund der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie ebenfalls eine Priorität. Knapp zwei Drittel der Befragten wollen in den nächsten zwei Jahren mehr in Technologie investieren.

Vor dem Hintergrund des Wettbewerbs, der regulatorischen Komplexität und des wirtschaftlichen Umfelds wendet sich die Branche insbesondere dem integrierten Asset and Liability Management (ALM) zu. Im Lauf der nächsten beiden Jahre planen 56 Prozent der Befragten, sich auf die ALM-Integration zu konzentrieren, wobei 45 Prozent davon das Multi-Asset-Risikomanagement priorisieren. Dieser Entscheidung liegt die Notwendigkeit zugrunde, die Anlagen zu diversifizieren, insbesondere an den Privatmärkten. Deshalb braucht es eine einheitliche technologische Lösung, mit der man die Übersicht über das gesamte Spektrum der Anlageklassen im Portfolio behält.

Die Digitalisierung spielt auch eine wichtige Rolle, wenn es um die Ambitionen in Richtung Netto-Null geht: 41 Prozent der Befragten bestätigten, sie wollten stärker in Technologien investieren, die Klimarisiken und Klimakennzahlen berücksichtigen. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass Analysen von Anlagen, die für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft geeignet sind, in den kommenden Jahren eine Priorität darstellen.

Anna Khazen, Head of BlackRock’s Financial Institutions Group for EMEA bei BlackRock, ergänzt: «Seitdem wir den Global Insurance Report veröffentlichen, ist eine branchenweite Transformation zu beobachten. Technologie, Nachhaltigkeit und regulatorische Komplexität beeinflussen die Anlageprioritäten der Versicherer heute deutlich stärker als vor zehn Jahren. Ein umfassender, transparenter Überblick über das dynamische Portfoliorisiko, insbesondere das klimabedingte Risiko, ist heute nicht nur ein Wettbewerbsvorteil für eine Versicherungsgesellschaft, sondern schlichtweg eine Notwendigkeit.»

Tobias Müller, Director Institutional Client Business bei BlackRock Schweiz, fügt hinzu: «Die globalen Trends spiegeln sich auch in den Schweizer Resultaten der Umfrage wider. Auch die Schweizer Versicherungen haben nach wie vor Appetit auf mehr Risiko im Portfolio. Die tiefen Zinsen, vor allem im Schweizer Franken, sind noch immer einer der Gründe. Auch ist das Thema nachhaltiges Investieren noch präsenter geworden als in den vorhergehenden Jahren. (BlackRock/mc)

Über den BlackRock Global Insurance Survey
Der BlackRock Global Insurance Survey wird seit zehn Jahren durchgeführt. Die Branchenumfrage ermöglicht einen Einblick in die Ansätze und Pläne der globalen Versicherungsgesellschaften und beruht auf Online-Befragungen und telefonischen Gesprächen mit Führungskräften des Versicherungssektors auf der ganzen Welt. Die Umfrage wurde im Zeitraum Juni/Juli 2021 durchgeführt und spiegelt die Ansichten von 362 Führungskräften aus Versicherungsunternehmen in 26 Ländern wider. Insgesamt verwalten diese Unternehmen ein Vermögen von mehr als 27 Billionen US-Dollar; das entspricht in etwa zwei Dritteln des gesamten Sektors. Der interaktive Report ergänzt die weltweiten Ergebnisse mit regionalen Erkenntnissen, Kommentaren aus der Branche und Einschätzungen von BlackRock-Experten.

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