Der Devisenmarkt und die Folgen für Unternehmen: Lehrbuchweisheiten funktionieren nicht mehr

Der Devisenmarkt und die Folgen für Unternehmen: Lehrbuchweisheiten funktionieren nicht mehr
Mark Elser, Countrymanager Deutschland von iBanFirst (Bild: iBan First)

Der Dollar beherrscht wieder die Welt – besonders, wenn es an allen ihren Ecken brennt. Bereits seit Jahresbeginn 2021 hatte der Greenback kontinuierlich an Stärke gewonnen. Seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs hat sich diese Dominanz nochmal verschärft. Der berühmte „sichere Hafen“ wird wieder angesteuert, was zugleich gnadenlos zeigt, wie wenig beziehungsweise gar nicht der Euro diese Funktion ausübt.

Kommentar von Mark Elser, Countrymanager Deutschland von iBanFirst

Anders als der Schweizer Franken, gegenüber dem die Gemeinschaftswährung ebenfalls seit Jahren abgestürzt ist. Die Schwäche des Euros ist eklatant und offenbarte sich jüngst selbst zum Pfund und etlichen anderen Währungen wie schon seit Längeren auch zum Kanadischen Dollar.

Ein starker US-Dollar hat früher wenigstens dem deutschen Export Schwung verliehen, weil unsere Produkte so auf dem Weltmarkt günstiger wurden. Nun aber sorgt er dafür, dass Rohstoffe und Vorprodukte teurer sind und daher das Endprodukt ebenso kostspieliger wird. Lehrbuchweisheiten von einst funktionieren nicht mehr. Alle Unternehmen, die international unterwegs sind und in Fremdwährungen Geschäfte machen, muss das alarmieren.

Alles auf einmal

Devisenmärkte, die Achterbahn fahren; explodierende Energiepreise; Inflation und gestiegene Zinsen (die wiederum die Inflation in Schach halten sollen) – eine toxische Mischung. Die höchst unerfreulichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen übersteigen damit das übliche Maß an unternehmerischen Herausforderungen. Hinzu kommen die trübe Stimmung, eine Konsum- und Kauflaune im Keller und eine drohende Pleitewelle mit Dominoeffekten. Aus diesem Grund sehen manche – mich eingeschlossen – die sehr reale die Gefahr einer Stagflation, also Stagnation plus steigenden Preisen. Letzteres haben wir längst, ich befürchte sogar einen Anstieg der Inflation auf 13 bis 14 Prozent. Und als wäre das alles nicht genug, hat Deutschlands Wirtschaft strukturelle Probleme. Hierzu gehört eine zu große Abhängigkeit vom Automobilbau, die nun durch die politische Entscheidung hin zur Elektromobilität und krasse Umweltgesetze durcheinandergewirbelt wird. All dies zusammengenommen wird uns in die Rezession führen.

Was können Zentralbanken und Regierungen nun noch tun? An sich herzlich wenig, da immer ein Zielkonflikt besteht, in dem sich Zentralbank zwischen Inflations- oder Rezessionbekämpfung entscheiden müssen. Erst kürzlich haben wir das in Großbritannien gesehen. Hier musste die Bank of England nach politischen Maßnahmen gegen steigende Energiepreise und Rezessionsanzeichen durch Liquiditätsspritzen intervenieren, was sich seinerseits jedoch wieder negativ auf die Inflation auswirkt. Schranken werden den Notenbanken derzeit überall aufgezeigt, vor allem auch in kleineren Nicht-Euro-Ländern, die ihre Währung stützen wollen, wie etwa Tschechien. Hier ist man zwar mit Deviseninterventionen bereits seit längerem erfolgreich, es besteht jedoch das Risiko, dass dieses Unterfangen in naher Zukunft aus Kostengründen beendet werden muss. Dann ist das Strohfeuer wieder aus.

Ein Grundproblem dahinter: Die Volkswirtschaften der westlichen Industrieländer sind seit den 1980er Jahren massiv durch die Ausweitung der Geldmenge gewachsen, besonders beschleunigt ab dem Jahr 2000. Diese Geldmenge lässt sich nun kaum noch einfangen. Zudem lässt sich vieles gar nicht mehr durch Geldpolitik beeinflussen: Gas, Rohstoffe aller Art, davon abhängige zentrale Produkte wie Dünger oder auch Kohlensäure – all das ist wahnsinnig knapp und daher teuer. Daran ändern auch keine Zentralbankentscheidungen oder Staatshilfen etwas.

Dringend Währungsgeschäfte absichern

Alles in allem ist dadurch die Entwicklung der Wirtschaft und von Währungen immer schwerer abzuschätzen. Da, wo ein Währungsrisiko herrscht, sollten es also Firmen unbedingt absichern. Es gibt wenig Schutzmechanismen für Unternehmen. Doch dieses Risiko lässt sich in Griff bekommen. Besonders in einer Zeit, in der CEOs und Geschäftsführer mit dem spitzen Bleistift kalkulieren müssen, kommt es auf jeden Euro an. Eine Absicherung ist damit derzeit wichtiger denn je; ja für manche durchaus von existenzieller Bedeutung, um durch die schwierige Phase zu kommen. Denn die Abwärtsfahrt des Euros gegenüber anderen Währungen und vor allem dem Dollar wird leider weitergehen. Ich sehe den Dollar zum Jahresende sogar bei 90 Eurocent.


Über den Autor:
Mark Elser leitet als Country Head Germany die Geschäfte des Fintechs iBanFirst. Er treibt die Entwicklung der deutschen Aktivitäten des Unternehmen voran. Von der Frankfurt School of Finance & Management hat er einen MSC in Finanzwissenschaften mit dem Schwerpunkt Unternehmensfinanzierung. Bis vor zwei Jahren war er bei der LBBW Leiter der Niederlassung Unternehmenskunden.


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