DNCA Finance: Zwischen Öl und erneuerbaren Energien

DNCA Finance:  Zwischen Öl und erneuerbaren Energien
Thomas Planell, Fondsmanager und Analyst bei DNCA Finance (Bild: DNCA)

Paris – Die Rentabilität fossiler Anlagen hält dem Zinsanstieg besser stand: 15 bis 20% Rendite gegenüber 6 bis 8% bei den Erneuerbaren. Während wir auf das endgültige wirtschaftliche Urteil warten, ist eines sicher: Wenn der Anteil der fossilen Brennstoffe am weltweiten Primärenergiemix (80%) abnehmen wird, wird es mehr Metalle aus der Elektrifizierung brauchen, um diese Aufgabe zu übernehmen.

Von Thomas Planell, Fondsmanager und Analyst bei DNCA Finance

Im Wahlkampf 2013 trat Narendra Modi mit dem Versprechen an, sich für suraaj (vorbildliche Governance) einzusetzen. Mit dem Firmenimperium Adani, das sich gerade als Koloss auf tönernen Füssen entpuppt, gerät dieses Bild jedoch ins Wanken.

Indiens Schreckgespenst – Verringerung der fossilen Belastung

Es ist für den Premierminister bedauerlich, dass sich ausgerechnet die Tochtergesellschaft Green Energy, der unvermeidliche Partner der Regierung, um bei der Umsetzung zu dem von Modi versprochenen Ziels der Klimaneutralität bis 2070, als die Achillesferse des Riesen erweist.

So herrscht im Geschäftsbereich erneuerbare Energien eine fragilere Liquiditätssituation als in den Sparten Transmissions & Ports. Die liquiden Mittel (Zahlungsmittel und Äquivalente) decken nicht einmal 50% der kurzfristigen Darlehen. Sie schuldet 1,25 Milliarden auf US-Dollar lautende Anleihen im Jahr 2024, im Vergleich zu insgesamt 2,260 Milliarden für den Konzern.

Insgesamt belief sich die Nettoverschuldung auf mehr als das Zehnfache des Betriebsüberschusses des letzten Geschäftsjahres. Ein Rückstand, der selbst bei optimistischen Rentabilitätsprognosen schwer einzuholen ist, da die Gruppe ein intensives Capex-Programm aufgestellt hat.

Die von der Regierung angestrebte ökologische Transformation setzt umfangreiche Investitionen voraus: 10 Milliarden Dollar über vier Jahre sind für Adani Green vorgesehen. Das ist mehr als das Doppelte der Mittel, die in Narendra Modis Haushalt 2023 für erneuerbare Energien abbestellt sind, um die Dekarbonisierungsanstrengungen des Landes zu finanzieren. Kaum vorstellbar also, dass Adani bei der indischen Klimawende keine Rolle spielen sollte.

Die Notwendigkeit, die Belastung durch fossile Brennstoffe zu verringern, ist nicht nur ein Hilfeschrei, sondern auch und vor allem ein wirtschaftliches Schreckgespenst. 2022 importierte Indien laut BNPP unterm Strich Energie in Höhe von 5,8% seines BIP und rangiert damit hinter Thailand und Südkorea. Am Staatskapital gemessen ist Indien unter den bedeutendsten Schwellenländern dasjenige mit den dritthöchsten Energierechnungen, und dies trotz des Einkaufs von russischem Erdöl zu Tiefstpreisen.

Indiens Herausforderungen im Energiebereich

Eine Achillesferse offenbart sich damit auch für das gesamte Land, auf das immerhin ein Grossteil des Bevölkerungswachstums unseres Planeten entfällt. Diese Schwachstelle erinnert nur allzu sehr an Europa seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts, und dies just zu einem Zeitpunkt, zu dem das an Pakistan und China grenzende Land von eigenen geopolitischen Turbulenzen erschüttert wird.

Während die einen unter hohen Energiekosten ächzen, freuen sich die anderen über Rekorddividenden: Der Anstieg der Energiepreise hat Ölexporteuren und Mineralölkonzernen 2022 ein unvergessliches Jahr sprudelnder Gewinne beschert.

Trotz Dividendenerhöhungen und neuer Aktienrückkaufprogramme wie etwa bei Total kehren die Anleger dem Sektor jedoch seit Jahresbeginn den Rücken. Der STOXX 600 Oil & Gas Index legt in diesem Jahr um 1% zu, während der Rest des Index 8% steigt – und dies, obwohl der Brent-Preis um lediglich 2,5% eingeknickt ist. Ölkonzerne werden mit einem Abschlag von 50% auf den Rest des Marktes gehandelt.

Die Tonlage ändert sich am Sitz des Fossilmammuts

Der seit der von ihm eingeleiteten strategischen Wende für seinen Opportunismus und Pragmatismus bekannte CEO von British Petroleum hat als erster seine Angriffstaktik geändert und Wasser (salziges, wie die Römer) in den Wein der Erneuerbaren-Energien-Party gegossen.

Tiefseebohrungen sind nun kein Tabu mehr. Zudem wird die Produktion fossiler Brennstoffe weniger stark zurückgefahren als vorgesehen: Das bis 2030 anvisierte Ziel von -40% (gegenüber dem Volumen von 2019) wurde über Bord geworfen. Bernard Looney setzt den Kurs nun auf -25%.

Ein Übergang ohne Chaos und ohne «sozialen Kahlschlag» erfordert vorübergehend mehr Öl und Gas.

Vor allem aber eine Rendite fossiler Vermögenswerte, die dem Zinsanstieg besser standhält: Der interne Ertragssatz liegt bei 15% bis 20%, während er im Bereich Bioenergie 15% und bei den Erneuerbaren 6 bis 8% beträgt.

Die Anleger schienen diese Entscheidung zu begrüssen. Trotz des Kursanstiegs im letzten Jahr hat die Neubewertung des Sektors jedoch nicht mit der Erholung der Gewinne Schritt gehalten: Bei einem sechsfachen Gewinn wird er mit einem Abschlag von fast 50% gegenüber US-amerikanischen Ölkonzernen wie Exxon oder Chevron gehandelt, die sich weit weniger für erneuerbare Energien engagieren. Könnte der sinkende Ölverbrauch in den USA dazu führen, dass sie ihre Strategie überdenken?

Notwendigkeit von Investitionen in erneuerbare Energien

2022 wurden in den Vereinigten Staaten täglich 8,78 Millionen Barrel (1,5 Milliarden Liter) verbraucht. Dies entspricht einem Rückgang um 6% gegenüber 2021.

Im Jahr 2023 könnte dank effizienterer Motoren und einer höheren Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen die Nachfrage pro Tag um weitere 150.000 respektive 50.000 Barrel sinken. Ist dies nun eine wirklich gute Nachricht, die wir der ökologischen Verantwortung, dem sinkenden Anteil von Verbrennungsmotoren in der Stadt und der Effizienz neuer Benzin- und Dieselfahrzeuge zu verdanken haben?

Oder ist der Rückgang schlicht der schwächelnden Konjunktur der letzten Monate geschuldet, die die Märkte allmählich zu vergessen scheinen?

Diese Frage wird am Ende eines Jahres beantwortet, in dem die Wahrscheinlichkeit einer Rezession auf beiden Seiten des Atlantiks gesunken ist.

Während wir auf das endgültige wirtschaftliche Urteil warten, ist eines sicher: Wenn der Anteil der fossilen Brennstoffe am weltweiten Primärenergiemix (80%) abnehmen wird, wird es mehr Metalle aus der Elektrifizierung brauchen, um diese Aufgabe zu übernehmen.

Nach den Spannungen um den Inflation Reduction Act und gerade jetzt, da die EU-Kommission mit ihrem Green Deal kontert, ist die Nachricht von der Partnerschaft bei kritischen Metallen, an der die USA und Europa feilen, deshalb umso ermutigender. (DNCA/mc/hfu)


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert