EZB-Chef Draghi: «Werden das Nötige tun, um Inflation schnell anzuheben»

EZB-Chef Draghi: «Werden das Nötige tun, um Inflation schnell anzuheben»
EZB-Chef Mario Draghi. (Foto: EZB)

EZB-Chef Mario Draghi. (Foto: EZB)

Frankfurt – Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat sich im Kampf gegen die schwache Inflation entschlossen gezeigt. «Wir werden alles Notwendige tun, um die Inflation so schnell wie möglich wieder zu erhöhen», sagte Draghi am Freitag bei einem Bankenkongress in Frankfurt. Die Notenbank sei aufgrund ihres Mandats zur Wahrung der Preisstabilität verpflichtet. Die Märkte reagierten unterschiedlich auf Draghis Worte.

Sollte der EZB-Rat bei seiner Sitzung Anfang Dezember zu dem Schluss kommen, dass die Risiken wieder zugenommen haben, «werden wir handeln und alle Instrumente im Rahmen unseres Mandates ausschöpfen», sagte Draghi. Dauerhaft niedrige Preise gelten den Notenbankern als Risiko für die Konjunktur. Sie wollen auf jeden Fall sinkende Preise vermeiden, weil während einer Deflation Unternehmen und Verbraucher Investitionen aufschieben könnten in der Hoffnung, dass die Preise noch weiter sinken.

Märkte reagieren unterschiedlich
An den Märkten wurden die Äusserungen unterschiedlich aufgenommen. Der Euro gab nach und erreichte sein Tagestief bei 1,0664 US-Dollar. Kurz darauf erholte sich der Kurs wieder etwas. Bei den deutschen Anleihen dagegen ging es nach Draghis Worten bergab.

Der Devisenmarkt reagierte demnach im Sinne gesteigerter Erwartungen weiterer geldpolitischer Lockerungen. Der Rentenmarkt dagegen reagierte im Sinne sinkender Erwartungen.

Weitere Massnahmen in Aussicht
Das seit März laufende Programm zum Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren sei flexibel und könne «in Umfang, Zusammensetzung und Dauer» angepasst werden, sagte Draghi. Derzeit pumpt die EZB monatlich 60 Milliarden Euro in den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren. Das Programm soll nach bisheriger Planung bis mindestens September 2016 laufen.

Ausserdem wird der EZB-Rat nach Draghis Worten das Niveau der Strafzinsen für Bankeinlagen bei der EZB neu bewerten. Derzeit zahlen Banken 0,2 Prozent Zinsen, wenn sie Geld über Nacht bei der Notenbank parken. Volkswirte erwarten, dass die EZB den Strafzins erhöhen wird.

Kritik an Draghis Kurs
Draghis Bereitschaft zu weiteren geldpolitischen Lockerungen sehen einige Experten kritisch. Die niedrige Inflation sei vor allem auf externe Einflüsse wie dem niedrigen Ölpreis zurückzuführen, meint Stefan Kooths, Leiter dies Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Hinzu kämen Nachwirkungen der Finanzkrise. «Daher bietet die derzeit geringe Inflationsrate wenig Anlass zur Sorge und erfordert keine zusätzlichen Massnahmen der EZB, die ohnehin weitestgehend ins Leere laufen», so Kooths. «Wären die wirtschaftlichen Probleme im Euroraum monetärer Natur, hätte sie die Liquiditätsschwemme der EZB bereits längst bereinigen müssen.»

Zweifel an der langfristigen Wirksamkeit des Anleihekaufprogramms äusserte auch Jens Weidmann, Chef der Deutschen Bundesbank, im Anschluss an die Rede Draghis. Eine langfristig extrem lockere Geldpolitik verliere ihre Wirkung, sagte Weidmann in Frankfurt. Die Risiken der Niedrigzinspolitik dürften nicht ignoriert werden.

«Keine Entwarnung bei Kerninflation»
Draghi betonte dagegen die Risiken einer anhaltend schwachen Inflation. Auch die sogenannte Kerninflation – also die Rate ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel – sei bedenklich niedrig, sagte Draghi: «Eine niedrige Kerninflation kann uns nicht kalt lassen.» Die Kernrate gebe keinen Anlass zur Gelassenheit, da sie in der Vergangenheit gute Vorhersagen darüber gegeben habe, wo sich die Inflation über die mittlere Frist einpendele.

In dem am Donnerstag veröffentlichten Protokoll zur jüngsten EZB-Zinsentscheidung von Ende Oktober wird betont, dass die Notenbanker viel Zeit mit der Diskussion um die zu niedrige Kernrate der Verbraucherpreise verbracht hätten.

Draghi äussert sich anders als von einigen Experten erwartet
Da die Kerninflation nach der jüngsten Zinsentscheidung der EZB von 0,9 auf 1,1 Prozent gestiegen war, hatten einige Analysten dies als Zeichen dafür interpretiert, dass die EZB die Lage inzwischen etwas entspannter sehen könnte und somit die Tendenz zu weiteren Lockerungen zuletzt etwas abgeschwächt worden sei. Dieser Einschätzung scheinen Draghis Äusserungen vom Freitag entgegenzustehen. Die EZB strebt mittelfristig ein stabiles Preisniveau bei Teuerungsraten knapp unter 2,0 Prozent an. (awp/mc/upd/ps)

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