Raiffeisen und Avaloq lösen finanzielle Verflechtungen auf

Raiffeisen und Avaloq lösen finanzielle Verflechtungen auf
Patrik Gisel, zurückgetretener Raiffeisen-CEO. (Foto: Raiffeisen)

St. Gallen – Die Raiffeisen-Gruppe und der Bankensoftwareanbieter Avaloq beenden die über ein Joint Venture und eine Beteiligung geschlossene Partnerschaft. Die Zusammenarbeit soll nach Ablauf des kommenden Jahres in ein normales Kunden-Lieferanten-Verhältnis überführt werden, heisst es in einer Medienmitteilung der beiden Unternehmen vom Freitag. Am bisherigen Ziel der Einführung der neuen Softwareplattform auf Anfang Jahr hält Raiffeisen fest.

Per Anfang 2019 wird Raiffeisen seinen Teil des gemeinsam mit Avaloq gegründeten Joint Ventures Arizon an den Softwareanbieter abtreten. Mit 51% der Aktien kontrolliert Raiffeisen das Gemeinschaftsunternehmen derzeit. In etwas mehr als einem Jahr wird dieses dann zu einer 100%-Tochter der Avaloq-Gruppe.

Daneben verkauft die Raiffeisen-Gruppe auch ihre 10%-Beteiligung an Avaloq, die sie vor zwei Jahren eingegangen ist. Wie viel Raiffeisen für ihre Hälfte an Arizon und das Avaloq-Aktienpaket löst, wird nicht bekanntgegeben. Im Communiqué ist einzig davon die Rede, dass der Verkauf der Avaloq-Anteile mit Gewinn veräussert werde und die beiden Transaktionen insgesamt zu einer Stärkung der Eigenmittelbasis führe.

Arizon wurde Ende 2014 mit der Absicht gegründet, eine Bankenplattform zu entwickeln und zu betreiben sowie Abwicklungsservices für die Raiffeisen Gruppe zu erbringen. Die neue Softwareplattform umfasst insbesondere ein neues Kernbankensystem und eine Lösung zur Abwicklung von Wertschriftentransaktionen und soll zahlreiche derzeit parallel laufende Systeme ersetzen. Mit einer solchen einfacheren IT-Architektur will Raiffeisen auch Kosten einsparen.

500 Mio CHF teures Projekt
Bei der Entwicklung und Einführung der neuen Software handelt es sich um ein Riesenprojekt, das Raiffeisen nach früheren Angaben rund 500 Mio CHF kostet. Angekündigt ist die Einführung des Systems bis Ende dieses Jahres, in Medienberichten war indes immer wieder von erheblichen Verzögerungen zu lesen. Auf Anfrage von AWP erklärte die Raiffeisen-Medienstelle am Freitag, dass am bisherigen Einführungstermin vom 1. Januar 2018 festgehalten werde und das Projekt sich kostenmässig im ursprünglich geplanten Rahmen bewege.

Bis die Systemumstellung vollständig abgeschlossen sei, bleibe Arizon im Mehrheitsbesitz von Raiffeisen, hält die Bank weiter fest. Damit werde sichergestellt, dass die neue Software auch den Bedürfnissen von Raiffeisen entsprechen werde. Für den Betrieb und die Weiterentwicklung der Bankenplattform sowie für die Erbringung von Abwicklungsdienstleistungen wird Raiffeisen einen Service-Vertrag mit Arizon abschliessen. Dieser wird bis Ende 2024 gültig sein.

Verkauf der Avaloq-Beteiligung als logischer Schritt
Da es für eine erfolgreiche operative Kooperation keine strategische Notwendigkeit einer finanziellen Beteiligung gebe, sei auch die Veräusserung der Beteiligung an Avaloq ein logischer Schritt, so Raiffeisen. Vor zwei Jahren, als Raiffeisen die Beteiligung einging, war dagegen noch von einer «Verfestigung der Partnerschaft» die Rede.

Das 10%-Aktienpaket an Avaloq übernimmt Warburg Pincus. Das Private-Equity-Haus hält damit neu 45% der Avaloq-Aktien. Unverändert bleibt aber die Mehrheit der Aktien in den Händen der Avaloq-Mitarbeiter, des Managements und von Avaloq-Chef Francisco Fernandez, wie es in der Medienmitteilung heisst.

Avaloq wurde in der Vergangenheit immer wieder als möglicher Kandidat für einen Börsengang gehandelt. Einen solchen schloss auch Firmenchef Fernandez nie aus. In einem Interview vor anderthalb Jahren sagte er aber, dass das Unternehmen dafür erst eine kritische Grösse brauche. Konkreter äusserte man sich diesen Frühling von Seiten der Beteiligungsgesellschaft Warburg Pincus. Gegenüber dem Onlineportal Finews.ch sagte dessen Europa-Chef Daniel Zilberman, dass in drei bis fünf Jahren der geeignete Zeitpunkt für einen Börsengang von Avaloq sein dürfte. (awp/mc/ps)

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