Union Investment: Tech-Korrektur – Keine Wiederholung der Dot.Com-Krise

Union Investment: Tech-Korrektur – Keine Wiederholung der Dot.Com-Krise
Von Marc Hellingrath, Leiter Aktien Concentrated bei Union Investment. (Foto: Union Investment)

Frankfurt – Noch letzten Sommer brach Apple mit seinem Börsenwert die Eine-Billion-US-Dollar-Marke. Ein Rekord an der Wall Street. Seitdem gingen mehr als 200 Milliarden US-Dollar an Marktkapitalisierung verloren. Wie geht es weiter mit den Tech-Giganten?

Seit 2009 dominieren Technologiewerte das Marktgeschehen. In den vergangenen zwei Jahren prägte kaum eine andere Branche die Börsen so stark wie dieser Sektor. Darum hat man den Tech-Giganten Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Google sogar ein eigenes Akronym gewidmet: FAANG. Der Kursverlauf der FAANG-Aktien ist seit 2017 immer steiler geworden. Auf Jahressicht wurden mitunter dreistellige Kursgewinne erreicht. Neben Apple kam nun aber auch der Rest des hochgehandelten Tech-Sektors in den vergangenen Wochen stark unter die Räder. Bei so manchem Anleger kommen böse Erinnerungen an die Dot.Com-Krise auf. Droht nun ein ähnlicher Ausverkauf wie zu Beginn des Jahrtausends oder ist das eine Einstiegsgelegenheit?

Tech-Werte ziehen nach
Nachdem Facebook mit dem Datenskandal in der ersten Jahreshälfte 2018 die Schlagzeilen beherrscht hatte, war es im zweiten Halbjahr vor allem Apple. Insbesondere schwächere iPhone-Verkaufszahlen belasteten die Aktie. Aber auch der Handelskonflikt zwischen den USA und China setzt dem Unternehmen aus Cupertino zu, da viele Apple-Produkte in China gefertigt werden. Seit Anfang August letzten Jahres hat die Apple-Aktie mehr als 20 Prozent an Wert verloren. Daneben kamen die Halbleiterhersteller, wie Micron aus den USA, oder die Google-Mutter Alphabet seit Sommer deutlich unter Druck.

Doch mit Kursverlusten im zweistelligen Bereich ist der Sektor nicht allein: Weltweit leiden die Aktienmärkte unter dem schwelenden Handelsstreit zwischen den USA und China. Einer kurzen Entspannung nach dem G20-Gipfel in Buenos Aires folgten gleich wieder härtere Töne. Die Verhaftung der Huawei-Finanzchefin verschärfte die Lage weiter. Vor allem die mit dem Handelsstreit verbundene Unsicherheit lähmt Unternehmen wie Investoren weltweit. Hinzu kommen Sorgen, dass die US-Notenbank Fed die Zinszügel zu straff anziehen könnte und damit eine Rezession auslösen könnte. Schliesslich ist der Konjunkturzyklus in den USA in einer späten Phase angelangt.

Nahezu alle Aktienindizes haben daher das Jahr 2018 mit einem Minus beendet. Dass sich US-Indizes noch so lange in der Gewinnzone hielten, war vor allem der Verdienst der Technologiebranche. Die Ängste, die schon seit einiger Zeit den Gesamtmarkt im Griff haben, erreichten nun aber auch mit Verspätung die Tech-Giganten. Und das mit voller Wucht.

Keine Wiederholung der Dot.Com-Krise
Das mag sich zunächst dramatisch anhören. Auf Jahressichtsind viele Tech-Werte aber dennoch im Plus. Der Vergleich mit 2001, als die Dot.com-Blase geplatzt ist, liegt zwar nahe, die Vorzeichen sind diesmal aber vollkommen andere: Damals waren die Unternehmen schlecht aufgestellt. Die Gewinnmargen waren gering, vielfach wurden nur Verluste erwirtschaftet. Zwar bot das Internet den Stoff für allerlei Fantasien. Was aber fehlte, war ein lukratives Geschäftsmodell. Es zählten nur die Zukunftsvisionen. Heute gehören die Unternehmen der Branche dagegen zu den bestverdienenden der Welt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielte Apple einen Gewinn vor Steuern von fast 73 Milliarden US-Dollar – soviel wie kein anderes Unternehmen auf der Welt. Das ist mehr als die gesamte jährliche Wirtschaftskraft von Slowenien. Mit einer erneuten Krise wie Anfang des Jahrtausends ist also nicht zu rechnen. Ganz im Gegenteil: Die Kursverluste der vergangenen Wochen haben zu einer Korrektur der Bewertungen geführt. Viele Aktien sind inzwischen wieder attraktiv bewertet.

Sektor ist sehr heterogen
Die Frage, ob sich ein Einstieg jetzt lohnt, lässt sich aber nicht uneingeschränkt mit „Ja“ beantworten. Die Branche ist sehr heterogen aufgestellt. Schliesslich haben Internet und Halbleiter nur wenig gemein. Firmen, die etwa Komponenten für Konsumgüter wie Autos liefern, leiden sehr wohl unter den sich eintrübenden Konjunkturaussichten und haben derzeit sicherlich keine rosigen Perspektiven. Es gibt aber auch eine ganze Reihe an Firmen, die von langfristigen Trends profitieren und weitaus weniger zyklusabhängig sind. So dürften etwa die IT-Ausgaben in vielen Konzernen in Anbetracht der zunehmenden Digitalisierung hoch bleiben. Darüber hinaus sollten die Forschungsausgaben im Bereich des autonomen Fahrens und der künstlichen Intelligenz noch zunehmen. Grosse Zukunftschancen hat zweifelsfrei auch das Thema „Mobiles Bezahlen“. Teilbereiche des Sektors, wie die Informationstechnologie, bieten eine Reihe von Vorzügen, die sonst als Kaufgrund für defensive Werte angepriesen werden. Hierzu gehören ein stabiles Wachstum, eine vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) unabhängige Geschäftsentwicklung, starke Bilanzen und eine hohe Preismacht.

Siegeszug pausiert
Zudem sind die Geschäftsmodelle der Firmen sehr stabil, was gegen eine nachhaltige Krise spricht. Firmen wie Amazon oder auch Google haben sich in den vergangenen Jahren eine fast schon monopolartige Stellung aufgebaut, die so schnell nicht angegriffen werden kann. Die hohen Gewinne der Unternehmen haben zudem den positiven Nebeneffekt, dass ihre Verschuldung gering oder gar nicht vorhanden ist. Es spricht also viel dafür, dass der 2009 begonnene Siegeszug der Technologiebranche derzeit zwar unterbrochen, nicht aber beendet ist. (Union Investment/mc/ps)

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