JPMorgan verhandelt über 11-Milliarden-Vergleich

JPMorgan verhandelt über 11-Milliarden-Vergleich
JPMorgan-CEO Jamie Dimon.

JPMorgan-CEO Jamie Dimon.

New York / Washington – Fragwürdige Hypothekengeschäfte vor der Finanzkrise könnten JPMorgan einen Rekordbetrag kosten. Die grösste aller amerikanischen Banken verhandele momentan mit US-Behörden über einen 11 Milliarden Dollar schweren Vergleich, berichteten US-Medien unter Berufung auf eingeweihte Personen. Bankchef Jamie Dimon traf sich demnach am Donnerstag in Washington mit Justizminister Eric Holder, um von Angesicht zu Angesicht zu reden. Unklar war, ob ein Abschluss bevorsteht.

Der jetzt genannte Betrag ist selbst für die derzeit erfolgreichste Wall-Street-Bank kein Zuckerschlecken. JPMorgan Chase hatte im ersten Halbjahr unterm Strich einen Gewinn von 13 Milliarden Dollar eingefahren. Die Bank betreibt klassisches Privatkunden- und riskantes Kapitalmarktgeschäft. Sie ist damit ähnlich aufgestellt wie die Deutsche Bank . Die New Yorker haben rund 250’000 Mitarbeiter.

Branchenprimus soll Investoren über den Tisch gezogen haben
JPMorgan Chase sieht sich seit Monaten Vorwürfen ausgesetzt, Investoren beim Verkauf von Hypothekenpapieren über den Tisch gezogen zu haben. Mehrere Bundesbehörden und die Generalstaatsanwälte einzelner Bundesstaaten ermitteln oder haben bereits Klage eingereicht. Die Bank selbst hatte jüngst ihre Rücklagen für Rechtsstreitigkeiten aufgestockt. Nach Informationen des «Wall Street Journal» (WSJ) und der Nachrichtenagentur Bloomberg müsste die Bank nach jetzigem Stand 7 Milliarden Dollar in bar zahlen. Weitere 4 Milliarden Dollar entfielen auf finanzielle Erleichterungen, die JPMorgan Chase Verbrauchern gewähren würde. Die Summen könnten sich im Laufe der Verhandlungen aber noch ändern, hiess es einschränkend. Das Wall-Street-Haus selbst äusserte sich nicht dazu.

«Mortgage Backed Securities» im Fokus
Unsicher ist, ob JPMorgan Chase alle Hypotheken-Fälle mit einem einzelnen Vergleich aus der Welt schaffen kann. Es geht im Kern um sogenannte Mortgage Backed Securities. Banken verpacken darin eine Vielzahl an Hauskrediten und verkaufen diese Wertpapiere anschliessend an Investoren. Dies verspricht durch die monatlichen Zins- und Tilgungszahlungen satte Renditen. Sie tragen allerdings auch das Risiko, falls die Kreditnehmer nicht zahlen. Genau das geschah in der Finanz- und Wirtschaftskrise.

Der Vorwurf an viele Wall-Street-Banken lautet, dass sie die Investoren im Unklaren darüber gelassen haben, dass in den Hypothekenpapieren von Anfang an massenhaft wackelige Kredite steckten – entweder bewusst oder durch eine schludrige Überprüfung der Schuldner. Erst am Montag hatte die US-Aufsichtsbehörde für die Genossenschaftsbanken NCUA eine neuerliche Milliardenklage gegen neun Grossbanken eingereicht, darunter JPMorgan Chase.

Bisher vor allem Bank of America in der Schusslinie
In einem ähnlich gelagerten Fall entschädigt die Citigroup den staatlich kontrollierten US-Hausfinanzierer Freddie Mac für problematische Hypotheken. Die Grossbank überweist dazu 395 Millionen Dollar. Freddie Mac kauft Banken deren Hypotheken ab, wodurch die Institute neue Kredite vergeben können. Bislang war wegen der riskanten Hypothekengeschäfte vor allem die Bank of America in die Schusslinie geraten. In jüngerer Zeit rückte aber immer mehr JPMorgan Chase ins Visier der Behörden.

Das einstige Vorzeigeinstitut kämpft an vielen Fronten. Wegen überhöhter Kreditkarten-Rechnungen zahlte JPMorgan eine Strafe von 80 Millionen Dollar, wegen der mutmasslichen Manipulation des US-Strommarkts waren es 410 Millionen Dollar und wegen des Spekulationsdesasters um einen Derivatehändler mit Spitznamen «Wal von London» 920 Millionen Dollar. Auch im Skandal um die Manipulation des Referenzzinssatzes Libor wird gegen JPMorgan ermittelt. (awp/mc/upd/ps)

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