Ägyptischer Interimspräsident setzt Neuwahlen an

Ägyptischer Interimspräsident setzt Neuwahlen an

Ägyptens Übergangspräsident Adli Mansur.

Kairo – Nach der jüngsten Eskalation der Gewalt mit mehr als 50 Toten in Ägypten hat Übergangspräsident Adli Mansur den Fahrplan für Neuwahlen vorleget. Am späten Montagabend stellte er ein Dekret vor, nach dem innerhalb von etwa einem halben Jahr ein neues Parlament gewählt werden soll. Auch die umstrittene, islamistisch geprägte Verfassung wird überarbeitet. Über den neuen Text soll in einem Referendum abgestimmt werden. Nach dem Zusammentreten des Parlaments sind Neuwahlen für das Präsidentenamt vorgesehen. Zu Beginn des Fastenmonats Ramadan hoffen viele Ägypter auf eine Beruhigung der Lage.

Die bisher regierenden Muslimbrüder lehnten den Vorstoss Mansurs ab. Sie planten für Dienstag weitere Grosskundgebungen in Kairo und anderen ägyptischen Städten.

Der islamistische Präsident Mohammed Mursi war vergangene Woche nach Massenprotesten von den Streitkräften abgesetzt worden. Der Erklärung Mansurs seien Konsultationen mit den politischen Gruppierungen vorangegangen, die den Sturz Mursis unterstützt hatten, hiess es in Kairo. Unklar ist, wie schnell die Vorbereitungen nun anlaufen, da am Mittwochmorgen in Ägypten die Fastenzeit beginnt. Da die meisten Muslime die heissen Tage ohne Essen und Trinken verbringen, wird in der Zeit auf anstrengende Aktivitäten in der Regel verzichtet.

Über 50 Tote bei Zusammenstössen
Der Vorstoss Mansurs kam, nachdem die Lage in Ägypten am frühen Montagmorgen dramatisch eskaliert war. Bei Zusammenstössen zwischen Islamisten und dem Militär in Kairo wurden nach offiziellen Angaben mindestens 51 Menschen getötet und 435 weitere verletzt. Das Militär gab an, Bewaffnete hätten den Offiziersclub der Republikanischen Garde stürmen wollen. Die Muslimbruderschaft sprach hingegen von Angriffen auf friedliche Demonstranten beim Morgengebet.

Kein Schulterschluss der Salafisten mit den Muslimbrüdern
Auch die ultra-konservativen Salafisten hatten sich angesichts des Blutbads vor dem Militärclub aus der ägyptischen Übergangskoalition zurückgezogen. Islamwissenschaftler Guido Steinberg geht dennoch nicht von einem Schulterschluss mit der Muslimbruderschaft aus. Die Salafisten hätten sich in den vergangenen Monaten als «politisch sehr viel reifer» als die Muslimbrüder erwiesen, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Sie hätten Mursi immer wieder aufgefordert, mit seinen Gegnern zu sprechen und Lösungen zu suchen. Mursi und die Muslimbrüder hingegen hätten sich darauf berufen, dass sie die Wahlen gewonnen hätten und eigentlich mit niemandem reden müssten.

USA setzen Militär- und Finanzhilfen fort
Die USA wollen trotz des Sturzes des gewählten Präsidenten Mursi weiterhin Militär- und Finanzhilfen an Kairo zahlen. Die Programme würden zumindest vorerst fortgesetzt, machte Regierungssprecher Jay Carney am Montag (Ortszeit) in Washington klar. «Es wäre nicht im besten Interesse der USA, unsere Hilfsprogramme für Ägypten sofort zu ändern.» (awp/mc/upd/pg)

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