Alain Badoux, Area VP Switzerland bei ServiceNow, im Interview
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Badoux, der Abonnementumsatz bei ServiceNow von 1.52 Milliarden US-Dollar in Q4 2021 entspricht einem Wachstum von 29 % gegenüber dem Vorjahr. Ist dieser massive Anstieg ebenfalls repräsentativ für das Schweizer Geschäft und welches Wachstum planen Sie im laufenden Jahr?
Alain Badoux: Wir wachsen in fast allen Regionen und somit auch in der Schweiz in dieser Grössenordnung. Letztes Jahr war wiederum sehr erfolgreich. Wir haben zahlreiche neue Kunden, seien es Grosskunden oder auch KMUs, gewinnen und bestehende Kunden mit unserem breiten Angebot an digitalen Workflow-Lösungen, ausbauen können. Die Schweiz gehört zu den stärksten Ländern in Europa und natürlich haben wir in der Wachstumsphase, in welcher wir uns befinden, wiederum hohe Ziele für 2022.
«Der Schweizer Markt ist durch seine Vorreiterrolle bei Innovationen und als einer der Hubs der Technologie- Industrie- und Finanzbranche in Europa äusserst wichtig für ServiceNow.» Alain Badoux, Area VP Switzerland bei ServiceNow
Wird dieses Wachstum der Umsätze auch von einem Wachstum der Organisation begleitet, welche Fähigkeiten sind vor allem gesucht und wie finden Sie die im ausgetrockneten Schweizer Markt?
Das ist ein sehr valabler Punkt und wir wachsen auch weiterhin personell sehr stark. Unser Sales Team haben wir für 2022 weiter aufgestockt, aber auch andere Teams wie Consultants und Architekten und wir planen weiterhin zu wachsen. Der Markt für qualifiziertes Fachpersonal ist sicher schwieriger geworden in letzter Zeit, aber der Erfolg von ServiceNow und der gute Teamspirit, sowie beste Ratings als beliebter Top-Arbeitgeber sprechen sich natürlich herum, und das hilft uns beim Recruitment. Es ist jedoch für ServiceNow und unsere vielen Partner derzeit sicherlich anspruchsvoll entsprechendes Fachpersonal zu rekrutieren hinsichtlich des konstanten, grossen Wachstums an Projekten in den unterschiedlichsten Branchen mit ServiceNow.
Sie haben die Verantwortung für Österreich und Zentral-Osteuropa nach drei Jahren abgegeben und fokussieren sich wieder auf das Schweizer Geschäft. Ein Resultat der zunehmenden Bedeutung und des Geschäftserfolgs der Schweizer Niederlassung?
Genau, das ist eine direkte Folge des starken Wachstums und aufgrund der Tatsache, dass die Schweiz jetzt als fünftes Land in Europa als «Tier 1» bei ServiceNow klassifiziert wurde, was auch eine starke Fokussierung des Managements bedingt. Der Schweizer Markt ist durch seine Vorreiterrolle bei Innovationen und als einer der Hubs der Technologie- Industrie- und Finanzbranche in Europa äusserst wichtig für ServiceNow. Österreich und Zentral-Osteuropa sind ebenfalls gut gewachsen in den letzten Jahren und verdienen es jetzt auch mehr lokalen Management-Fokus zu erhalten.
Von der Pandemie scheint sich die Schweizer Wirtschaft erstaunlich schnell zu erholen. Wie spiegelt sich das in Ihrem Geschäft wider und wo steht die Schweiz damit im internationalen Wettbewerb?
Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten und ich kann nur unterstreichen, was wir von Wirtschaftsführern und Analysten derzeit hören und lesen, dass die Schweizer Wirtschaft generell erstaunlich gut läuft. Der Erfolg von ServiceNow in der Schweiz ist sicherlich auch positiv davon beeinflusst, aber vielmehr ist es in Zusammenhang mit dem noch grösseren Bedarf an Digitalisierung und an effizienten digitalen Workflows, welche wir mit der Now Plattform zur Verfügung stellen, zu sehen. Das ist auf jeden Fall ein Wachstumstreiber.
«Die neuen Anforderungen an den Arbeitsplatz führen natürlich dazu, dass die IT noch mehr gefordert ist, dazu braucht es auch entsprechende Service Management Systeme, welche bereichsübergreifend sind.»
Gerade die Digitalisierung, welche durch die Pandemie forciert wurde (neue digitale Workflows durch neue Arbeitsmodelle), dürfte bei ServiceNow ein Umsatztreiber sein. Welche konkreten Projekte auf Kundenseite wurden durch die Pandemie beschleunigt?
Wie bereits erwähnt, ist dies tatsächlich so. Die neuen Anforderungen an den Arbeitsplatz führen natürlich dazu, dass die IT noch mehr gefordert ist, dazu braucht es auch entsprechende Service Management Systeme, welche bereichsübergreifend sind. So können wir mit unserer Plattform Organisationen mit Shared Services oder Global Business Services Strukturen breit unterstützen und damit auch die Mitarbeiter Experience massgeblich verbessern. Die Anforderungen und Erwartungshaltung unserer Kunden, sind natürlich auch nochmals gestiegen. Dies alles führt dazu, dass Plattformen, welche die Digitalisierung unterstützen können weiterhin hoch im Kurs sind. Somit sind einerseits interne Service Management Lösungen gefragt, immer gepaart mit erhöhten Anforderungen an die Sicherheit und eingebettet in Risiko-Systeme. Auf der anderen Seite ist der Bedarf die Kundenprozesse und das Customer Service Management zu verbessern auch weiterhin stark im Vormarsch.
ServiceNow hat schon 2013 zwei Rechenzentren in der Schweiz eröffnet, um die speziellen Anforderungen von Schweizer Kunden erfüllen zu können. Wie hat sich diese Investition bezahlt gemacht und stehen weitere Infrastruktur-Investitionen in der Schweiz an?
Zweifelsohne ist dies ein wichtiger Teil der Erfolgs-Geschichte von ServiceNow. Obwohl dies manchmal schon fast vergessen geht, waren wir doch für ein globales amerikanische SaaS-Unternehmen Pioniere in diesem Bereich. Und tatsächlich bauen wir unsere Kapazitäten angelehnt an die Bedürfnisse unserer Kunden, wie die Datenverarbeitung in der Schweiz, ständig aus und haben erst kürzlich in Zürich unsere Kapazitäten ausgebaut.
Aus dem Kerngeschäft des IT Service Managements (ITSM) hat sich ServiceNow vermehrt in spezialisierte Bereiche wie HR, Mitarbeiter Experience, Kundenservice-Management oder Shared Services entwickelt. Wie gross ist das Risiko einer Verzettelung und der wachsenden Konkurrenz durch spezialisierte Anbieter in den neuen Themenbereichen?
Das ist eine sehr gute Frage, aber ich kann mit Stolz vermelden, dass wir diesen Punkt schon längst hinter uns gelassen haben. Die verschiedenen Bereiche sind bereits heute ein wichtiger Bestandteil unseres Erfolgs und mit die grössten Wachstumstreiber. Und wir konkurrenzieren in verschiedenen Bereichen gar nicht unbedingt die Spezialanbieter, sondern ergänzen mit unseren Funktionalitäten ERP-, CRM oder anderen Kernapplikationen. Unser CEO Bill McDermott hat mal treffend gesagt: “Nobody has to lose for ServiceNow to win”.
Nach der Pandemie werden Mitarbeitende wieder vermehrt im Büro sein. Was wird übrig bleiben von Home-Office, virtuellen Meetings und digitalem Austausch, wo hat sich die Arbeitswelt nachhaltig verändert?
Wir hatten schon vor der Pandemie ein Hybrid-Modell «in place», das heisst unsere Mitarbeiter haben alle oft von zu Hause aus gearbeitet, ganz im Sinne der optimalen Nutzung des New Way of Work, den wir selber klar auch beschreiten. Aber wir benötigen selbstverständlich auch den Austausch im Office und die Diskussionen an der Kaffeemaschine oder auch ein gemeinsames Mittagessen kann durch keine virtuelle Technik ersetzt werden. Hier wird sich das Verhältnis schnell wieder einpendeln, auch wenn sicherlich noch ein wenig mehr Homeoffice gemacht werden wird als vor der Pandemie.
«Generell erwarte ich, dass geschäftlich weniger geflogen wird, und wenn dies auch einen positiven Effekt auf die Umwelt hat, dann haben wir auch etwas Wertvolles gewonnen durch die Pandemie.»
Die Situation betreffend Kunden- und Partnermeetings ist natürlich ähnlich, hier erwarte ich aber eine stärkere Verlagerung in die virtuelle Welt mit sehr gezielten persönlichen Meetings. Generell erwarte ich, dass geschäftlich weniger geflogen wird, und wenn dies auch einen positiven Effekt auf die Umwelt hat, dann haben wir auch etwas Wertvolles gewonnen durch die Pandemie.
Gerade in der Pandemie wurden die Lücken bei der IT und der Digitalisierung der Bundesstellen offensichtlich. Ein Zielmarkt für ServiceNow und falls ja, bei welchen Themen werden Sie ansetzen?
Dies ist tatsächlich ein Bereich in dem ServiceNow noch weiter wachsen kann. Wir haben zwar einige sehr schöne Erfolge bei Kantonen, Städten, wie z. B. bei der Stadt Genf. Beim Bund haben wir erste Projekte, aber hier würden wir uns noch wünschen viel mehr involviert zu sein, da wir viel bei der Digitalisierung der behördlichen Prozesse beitragen könnten.
Zu oft werden Individual-Lösungen gesucht, die dann schwer integrierbar ins «Grosse Ganze» sind, statt eine Plattform wie ServiceNow zu nutzen und dann einzelne Funktionen zu ergänzen. Ich denke hier nur schon an den Austausch zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden.
Welches sind die wichtigsten Projekte, die Sie im 2022 angehen?
ServiceNow hat sich selbst, wie viele andere Unternehmen, auch grüne Ziele auferlegt und dies beschäftigt uns auch in der Schweiz. Wir werden uns als Lieferant unserer Kunden damit beschäftigen und auch entsprechende Nachweise betreffend ESG-Konformität zur Verfügung stellen müssen. Andererseits ist dies auch eine Business Chance für uns, da wir Kunden bei den ESG-Prozessen beraten und unterstützen können und auch bald eine entsprechende Lösung auf unserer Plattform haben werden.
Zudem werden uns im 2022 noch stärker die neuen vertikalen Lösungen von ServiceNow im Financial Services und Manufacturing, um nur zwei zu nennen, beschäftigen.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?
Wünsche erfüllen sich bekannterweise nicht von alleine. Somit braucht es immer harte Arbeit, viel Energie, Motivation und Teamspirit um erfolgreich zu sein. Das sind Bereiche, mit denen wir uns als Leadership Team permanent beschäftigen. Aber natürlich wünsche ich mir, dass die Pandemie bald vorbei ist, und dass wir uns noch viel ernsthafter mit der Umwelt und der Klimaveränderung auseinandersetzen.