Dominique Biedermann, CEO Ethos

Dominique Biedermann, CEO Ethos
Dominique Biedermann, Präsident des Verwaltungsrates Ethos. (Foto: Ethos)

Dominique Biedermann, CEO Ethos. (Foto: Ethos)

von Radovan Milanovic

Moneycab: Ethos, die schweizerische Stiftung für nachhaltige Entwicklung setzt sich für eine nachhaltige Entwicklung im Hinblick auf Wirtschaft und Investitionen ein. Doch das Wort Nachhaltigkeit ist ein Modewort geworden.

Dominique Biedermann: Nachhaltige Anlagen weisen gegenüber konventionellen Investitionen keine tieferen Renditen auf. Ethos geht davon aus, dass langfristig die finanzielle Rendite eines nachhaltigen Portfolios mindestens gleich hoch ist, wie jene eines traditionellen Portfolios. Allerdings ist die nicht-finanzielle Performance klar höher: Im Bereich Umwelt, Soziales und Governance schneidet das nachhaltige Portfolio besser ab.

Im Kampf um die Steigerung von Aktionärsrenditen gehen die Banken wiederum unkontrollierbare Geschäftsrisiken ein wie vor der Bankenkrise 2007/2008. Wäre das Trennbankensystem nicht die Lösung zum Schutz der Kundengelder? Würden Sie allenfalls einen solchen Vorstoss angehen oder vertreten?

Aus Aktionärssicht sollen die Grossbanken das erfolgreiche Vermögensverwaltungsgeschäft nicht mit unnötigen Risiken einer Investment-Bank belasten. Und als Staatsbürger haben wir kein Interesse daran, grosse kumulierte Risiken für die Gesamtwirtschaft einzugehen. Daher drängt sich eine striktere Trennung der beiden Geschäftsbereiche auf.

„Nachhaltige Anlagen weisen gegenüber konventionellen Investitionen keine tieferen Renditen auf.“
Dr. oec. Dominique Biedermann, CEO Ethos

Ethos umfasst 137 institutionelle Anleger. Inwiefern nehmen diese Einfluss auf die Geschäftspolitik oder die Aktivitäten der Stiftung?

Ethos ist eine Stiftung von Pensionskassen und gemeinnützigen Stiftungen. Diese sind im Stiftungsrat vertreten und können sich an der jährlichen Generalversammlung äussern. Darüber hinaus bringen die Mitglieder regelmässig wertvolle Vorschläge für neue Produkte, Dienstleistungen oder gemeinsame Aktivitäten im Bereich des Aktionärsdialogs vor. Diese werden vom Stiftungsrat jeweils sorgfältig geprüft.

Um Privaten die Möglichkeiten zu geben, an den Stiftungsaktivitäten beteiligen zu können, wurde der Verein Ethos Académie gegründet. Könnten Sie unseren Lesern diesen Verein und dessen Zielsetzungen vorstellen?

Ethos Académie ist ein Verein und verfolgt ein gemeinnütziges Ziel. Zweck ist die Förderung eines stabilen und prosperierenden sozioökonomischen Umfelds, das der Gesellschaft als Ganzes dient und die Interessen der zukünftigen Generationen wahrt. Die Mitglieder- und Spendenbeiträge kommen Projekten zur Sensibilisierung grosser Teile der Zivilgesellschaft zugute. Die Schwerpunkte liegen bei der Organisation von öffentlichen Veranstaltungen, Konferenzen und Debatten zu aktuellen Themen in den Bereichen der Umwelt- und Sozialverantwortung von Unternehmen und Investoren. Weiter sollen Studien zu Themen im Kompetenzbereich von Ethos ausgearbeitet werden. Schliesslich stehen verschiedene Aktivitäten von Ethos, wie die Unterstützung bei der Ausübung der Aktionärsstimmrechte, auch Privatpersonen zur Verfügung.

Ethos Services, welche durch die Stiftung gehalten wird, berät Anlagefonds und diskretionäre Vermögensverwaltungs-Mandate von CHF 1,6 Mrd. Kann ein Beratungsunternehmen bei dem vier Personen in der Geschäftsleitung und elf Mitarbeiter arbeiten, dieses Anlagevolumen sorgfältig überwachen und bearbeiten?

Ja das funktioniert seit über fünfzehn Jahren gut. Allerdings ist festzuhalten, dass Ethos immer mit kompetenten Partnern zusammenarbeitet und nicht alles selbst macht. Ethos ist auf die Nachhaltigkeits-Analysen der Unternehmen und Aktionärsrechte spezialisiert und trägt so zum Mehrwert der Kunden bei. Die traditionelle Finanzanalyse, die Risikokontrolle sowie das Portfolio-Management liegen aber in den Händen von Partnerbanken wie Pictet und Vontobel.

Sie bieten Ihre Dienstleistungen diversen Fondsgesellschaften an, was zwangsweise zu höheren Verwaltungskosten der Fonds führt und die Rendite der Investoren, in einer Periode rekordtiefer Renditen, weiter schmälert. Goutiert dies der Anleger?

Die Dienstleistungen von Ethos führen bei den entsprechenden Fonds zu einem klaren Mehrwert, den die Investoren schätzen und bei anderen Produkten nicht haben. Ausserdem sind die Kosten dafür eher gering, so dass dies die Fonds nicht verteuert.

„2012 führte ungefähr die Hälfte der 100 grössten börsenkotierten Unternehmen eine Aktionärsabstimmung zu den Management-Vergütungen durch.“

Ethos ist im Schweizer Finanz- und Kapitalmarkt eine gewichtige Macht und kaum mehr wegzudenken. Bei Generalversammlungen versuchen Sie die Rechte der Aktionäre durchzusetzen. Doch oft scheitern Sie an den Depotstimmen der Banken.

2012 führte ungefähr die Hälfte der 100 grössten börsenkotierten Unternehmen eine solche Aktionärsabstimmung zu den Management-Vergütungen durch. Das ist ein bedeutender Fortschritt gegenüber den Vorjahren. Allerdings bedeutet dies gleichzeitig, dass rund die Hälfte dieser Unternehmen den Aktionären dieses Recht noch nicht zuspricht. Daher braucht es eine gesetzliche Anpassung, welche diesen Missstand behebt. Das Ziel ist, dass diese Praxis von allen Unternehmen angewandt wird. Genau in diese Richtung geht die bevorstehende Gesetzesreform.

Einer der grössten Erfolge von Ethos in diesem Jahr ist sicher die Durchsetzung von „say on pay“, dem Prinzip der Möglichkeit durch die Aktionäre, anlässlich der Generalversammlungen, Einfluss auf die Management Vergütungen zu nehmen. Sind Sie mit der bisherigen Entwicklung zufrieden?

Ob Abzocker-Initiative oder parlamentarischer Gegenvorschlag: In beiden Fällen werden die Aktionärinnen und Aktionäre zukünftig über die Vergütungen abstimmen können.

„Investoren legen ihre Anliegen selten so transparent und konstruktiv auf den Tisch wie Ethos.“

Immer mehr schweizerische Unternehmen werden von ausländischen Führungskräften geleitet. Wie ist deren Akzeptanz Ihnen gegenüber?  

Ethos ist als langfristig orientiere Aktionärin bei den meisten Verwaltungsräten seit mehreren Jahren bekannt. Dies liegt vor allem am über viele Jahre aufgebauten Dialog zwischen Investoren und den Unternehmensvertretern. Dies schafft Vertrauen. Aber nicht nur dies: Viele Führungskräfte der Unternehmen haben gemerkt, dass der Dialog mit den Aktionären den Unternehmen einen deutlichen Nutzen bringen kann. Tatsächlich legen Investoren selten ihre Anliegen so transparent und konstruktiv auf den Tisch wie Ethos. Der aktive Aktionärsdialog entspricht ausserdem einem internationalen Trend bei den institutionellen Anlegern und wird daher auch von den nichtschweizerischen Führungskräften verstanden.

Um den Ethos Zielen näher zu kommen, bedarf es idealerweise Anpassungen des Schweizerischen Obligationenrechts. Haben Sie diesbezügliche Pläne oder beschränken Sie sich mehr Richtung Aufklärungsarbeit und direkte Einflussmöglichkeiten bei Generalversammlungen?   

In erster Linie ist die Ethos Stiftung langfristig orientierte Investorin und konzentriert ihre Anstrengungen auf diese Rolle und die Möglichkeiten die damit einhergehen. Allerdings forderte Ethos wiederholt eine Stärkung der Aktionärsrechte und der unternehmerischen Sozialverantwortung, dies auch mittels entsprechenden Anpassungen der Regulierung. Ethos versteht sich aber eher als wirtschaftlichen und nicht als politischen Akteur.

Welches sind die nächsten Etappen von Ethos?

Ethos wird sich auf die folgenden beiden Ziele fokussieren: Einerseits sollen die Unternehmen für ihre Sozialverantwortung und eine gute Corporate Governance zu sensibilisiert werden. Andererseits soll nachhaltiges Investieren bei den institutionellen Anlegern noch breitere Zustimmung finden. Dazu gehört, dass die Anleger Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien ebenso selbstverständlich einbeziehen, wie finanzielle Aspekte und noch stärker die Aktionärsrechte ausüben.

Der Gesprächspartner
Dominique Biedermann (Dr. oec.) ist seit 1998 Direktor der Ethos – Schweizerische Stiftung für nachhaltige Entwicklung. Er war 1997 an der Gründung der Ethos Stiftung beteiligt und wurde deren erster Präsident bis 1998. Zuvor war er Direktor (1994-1997) der Caisse de prévoyance du Canton de Genève (CIA). Seit 2012 ist Dominique Biedermann Mitglied der Verwaltung des Migros-Genossenschaftsbunds. Er ist ebenfalls Mitglied des Verwaltungsrats von Expert Corporate Governance Service (ECGS) in London und des Ethik- und Deontologieausschusses der Universität Genf. Dominique Biedermann erhielt den Preis 2012 der LANDIS & GYR STIFTUNG für seine persönlichen Pionierleistungen zur Durchsetzung wichtiger Anliegen im Bereich der Corporate Governance und Nachhaltigkeit in der Vermögensverwaltung.

Das Unternehmen
Die Ethos Stiftung schliesst über 130 schweizerische Pensionskassen und gemeinnützige Stiftungen zusammen. Sie wurde 1997 zur Förderung einer nachhaltigen Anlagetätigkeit und eines stabilen und gesunden Wirtschaftsumfelds gegründet.
Die Stiftung ist Eigentümerin des Unternehmens Ethos Services SA, welches institutionellen Investoren nachhaltige Anlagefonds, Analysen von Generalversammlungen mit Stimmempfehlungen, ein Programm für den Aktionärsdialog mit Unternehmen sowie Nachhaltigkeits-Ratings und –Analysen von Unternehmen anbietet.
Damit auch Privatpersonen die Aktivitäten von Ethos unterstützen können, lancierte die Ethos Stiftung 2012 den gemeinnützigen Verein Ethos Académie. Er führt Sensibilisierungsaktivitäten im Bereich nachhaltiger Anlagen durch.

www.ethosfund.chwww.ethosacademie.ch

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