Flavio Hagenbuch, Co-Founder Luya Foods, im Interview

Flavio Hagenbuch, Co-Founder Luya Foods, im Interview
Flavio Hagenbuch, Co-Founder Luya Foods. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Hagenbuch, es gibt bereits viele Fleischersatzprodukte auf dem Markt. Wie kamen Sie und Ihre Partner dazu, eine neue Alternative zu entwickeln?

Flavio Hagenbuch: Es gibt zwar viele Marken im Bereich der Fleischimitate, aber diese basieren alle auf den gleichen Technologien und den gleichen hochverarbeiteten Proteinisolaten. Daher ist die Vielfalt eher eine Optische. Unser Ziel war, eigenständige Alternativen zu kreieren, welche nicht einfach Fleisch imitieren. Zusätzlich suchten wir nach Lösungen, um ressourcenschonend und nachhaltig lokale Proteinquellen zu nutzen.

Sie setzen bei Ihren Produkten auf Okara. Um was handelt es sich dabei?

Okara ist das Fruchtfleisch der Sojabohne und wird bei der Produktion von Sojamilch- und Tofu gewonnen. Okara ist ein hochwertiges Lebensmittel, welches reich an Ballaststoffen ist und wichtige Mikronährstoffen und Proteine enthält.

Und wie wird es zu einem schmackhaften veganen Lebensmittel und Fleischersatz?

Wir mischen unser Bio-Okara mit Bio-Kichererbsen und geben die Pilzkultur dazu. Danach bringen wir diese Mischung auf Bleche auf und fermentieren unsere Grundmasse in speziellen Fermentationskammern. Wenn die Fermentation abgeschlossen ist, schneiden wir die Luya Bio-Chunks aus und stoppen die Fermentation in einem Wasserbad. Danach werden die Bio-Chunks mariniert und abgepackt.

«Bei Tests mit Küchenchefs und Gastronominnen erhalten wir immer wieder das Feedback, dass die ungewürzten Produkte einen grossartigen Eigengeschmack haben.»
Flavio Hagenbuch, Co-Founder Luya Foods

Was für Zusatzstoffe werden verwendet?

Luya ist frei von Zusatzstoffen. Wir setzen bei unseren Produkten auf natürliche Zutaten aus biologischer Landwirtschaft und verzichten auch bewusst auf hochverarbeitete Proteinisolate.

Ihre Bio-Chunks BBQ und Garden Herbs schmecken ausgezeichnet. Wie viel ist Eigengeschmack des fermentierten Okaras und wie viel ist Würze?

Unsere Luya Bio-Chunks schmecken auch ohne Würze ausgezeichnet. Bei Tests mit Küchenchefs und Gastronominnen erhalten wir immer wieder das Feedback, dass die ungewürzten Produkte einen grossartigen Eigengeschmack haben – nussig, umami (herzhaft a.d.R.) und leicht süsslich.

Wie lange wurde an der Rezeptur gearbeitet?

Die ersten Versuche wurden an der Berner Fachhochschule BFH-HAFL 2019 gemacht und im Dezember 2020 wurden die ersten Luya-Prototypen einem breiteren Publikum gezeigt. Die Rezeptur konnte im Frühjahr 2021 finalisiert werden und seitdem arbeiten wir vor allem an der Optimierung und Skalierung der Produktion.

Die sensorische Qualität definiert sich über den Geschmack hinaus über Saftigkeit und Bissfestigkeit. Wie lässt sich hier mit Okara als Basis das Optimum erreichen?

Für ein optimales Resultat ist vor allem die Qualität der Fermentation wichtig. Während der Fermentation entstehen Geschmack, Saftigkeit und Bissfestigkeit von Luya. Obwohl wir die Produktionsschritte genau steuern, bleibt die Veredelung von Okara durch Fermentation ein fast schon magischer Prozess der Natur.

«Obwohl wir die Produktionsschritte genau steuern, bleibt die Veredelung von Okara durch Fermentation ein fast schon magischer Prozess der Natur.»

Wie reagieren die Kunden auf die Produkte von Luya?

Neugierig und oft überrascht – die meisten Kunden kennen keine vergleichbaren Produkte, suchen aber instinktiv nach einem Vergleichsprodukt. Sie sind dann über die Saftigkeit, den zarten Biss und den feinen Geschmack positiv überrascht.

Wo sind Ihre Produkte erhältlich?

Unsere Produkte sind in über 150 Coop-Filialen sowie ab September 2022 in unserem Onlineshop erhältlich. Zusätzlich ist Luya in der Gastronomie erhältlich, zum Beispiel im in allen tibits-Restaurants oder in den LILY’S Restaurants in Zürich und Basel.

«Von noch grösserer Wichtigkeit ist jedoch, dass wir als Konsumenten diesen Umbau des Ernährungssystems mittragen und hier sind wir alle gefragt.»

Eine umfassende Studie der Boston Consulting Group – ihrem ehemaligen Arbeitgeber – kam Anfang Juli zum Resultat, dass von allen Massnahmen der Fleischersatz den Klimawandel am besten bekämpft. Fühlen Sie sich in Ihren Plänen mit Luya bestätigt?

Es ist sehr erfreulich, dass die Wichtigkeit einer klimafreundlichen Ernährung durch Daten und Fakten untermauert wird. Dies führt hoffentlich auch zu einem Umdenken bei Entscheidungsträgern in Politik (z.B. bei Subventionen und Absatzförderung für Massentierhaltung) und Wirtschaft (z.B. Investitionsentscheidungen). Von noch grösserer Wichtigkeit ist jedoch, dass wir als Konsumenten diesen Umbau des Ernährungssystems mittragen und hier sind wir alle gefragt. Luya kann hier mit einer CO2-Reduktion von über 97% im Vergleich zur gleichen Menge Rindfleisch einen sehr wirkungsvollen Beitrag leisten.

Letzte Frage: Sie waren neben BCG auch bei der Liechtensteinischen Landesbank tätig. Wie kommt man von Unternehmensberatung und Banking zur Gründung eines Startups im Bereich der veganen Ernährung?

Wohl mit dem Willen etwas zu verändern und einer guten Portion Idealismus. Kulinarik und Nachhaltigkeit beschäftigen mich seit längerem. Ich habe bereits 2015 eine Weiterbildung zum Koch am Institut Paul Bocuse in Lyon absolviert und mich danach immer tiefer mit dem Thema nachhaltige Ernährung befasst. Schliesslich habe ich 2019 meine Stelle bei der Liechtensteinischen Landesbank aufgegeben, um meine Zeit und Energie in die Veränderung des Ernährungssystems zu investieren.

Herr Hagenbuch, besten Dank für das Interview.

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