Fredi Gmür, Präsident Parahotellerie Schweiz

Fredi Gmür, Präsident Parahotellerie Schweiz

Fredi Gmür, Präsident Parahotellerie Schweiz (Foto: Schweizer Jugendherbergen)

von Patrick Gunti

Herr Gmür, was genau ist unter der sogenannten Parahotellerie zu verstehen?

Unter der Parahotellerie können sämtliche Unterkunftsarten verstanden werden, die gegen ein Entgelt Übernachtungsmöglichkeiten bieten, jedoch kein Hotel sind.

Wie unterscheidet sich die Art des Ferienmachens in der Parahotellerie gegenüber der Hotellerie?

Grundsätzlich dadurch, dass die Übernachtungen meist günstiger und nicht mit den üblichen „Hotel-Services“ ausgestattet sind. Gäste in Parahotellerie-Betrieben schätzen vor allem die Individualität und die Tatsache, dass sie vielerorts doch nicht auf Komfort verzichten müssen. Was das Ferienerlebnis angeht, unterscheiden sich die verschiedenen Unterkunftsarten innerhalb der Parahotellerie jedoch voneinander. In einer Ferienwohnung beispielsweise bleibt man eher unter sich, in einer Bed&Breakfast-Unterkunft hat man sehr engen Kontakt zur Gastfamilie und in den Jugendherbergen hingegen stehen die Gemeinschaft und der Austausch mit anderen Gästen und anderen Kulturen im Vordergrund.

«Die Vereinigung der Parahotellerie Schweiz kommt jährlich auf rund 5 Millionen Logiernächte.»
Fredi Gmür, Präsident Parahotellerie Schweiz

Wie viele Übernachtungen generiert die Parahotellerie jährlich, welchen Anteil am jährlichen Logiernächtevolumen in der Schweiz hat sie?

Rund 50 Prozent der jährlich in der Schweiz generierten Logiernächte stammen aus der Parahotellerie. Diese Zahl belegt, dass die Parahotellerie ein enorm wichtiger Teil des touristischen Angebots der Schweiz ist und somit einen bedeutenden Teil der direkten und indirekten Schweizer Volkswirtschaft ausmacht. Die Vereinigung der Parahotellerie Schweiz kommt jährlich auf rund 5 Millionen Logiernächte.

Im Januar 2011 haben die Schweizer Jugendherbergen, deren CEO Sie sind, die Interhome AG, Reka, TCS Schweiz (Camping) und Bed & Breakfast Switzerland die Interessengemeinschaft Parahotellerie Schweiz gegründet. Welchen Zweck und welche Ziele werden damit verfolgt?

Ziel ist die Stärkung der Parahotellerie, des Bekanntheitsgrades sowie eine damit verbundene Steigerung der Logiernächte im Schweizer Tourismus. Die Parahotellerie Schweiz vertritt die Interessen einer qualitätsbewussten Parahotellerie in touristischen Fragen und fördert diese mit gezielten Partnerschaften und Aktivitäten. Dies umfasst auch eine strategische Partnerschaft mit Schweiz Tourismus.

Was konnte seit der Gründung erreicht werden?

Der erste und wichtigste Schritt war die Wiederaufnahme der statistischen Datenerfassung innerhalb unserer Gruppe. Dadurch können nun Marktpotential sowie Indikatoren für Netzwerkentwicklung und Investitionstätigkeit klarer erkannt werden. Die Gesellschafter der Parahotellerie Schweiz haben sich verpflichtet „Leadership trough quality“ zu gewährleisten, indem sie Qualitätsstandards garantieren.

Dank des Erfahrungsaustauschs und der strategischen Zusammenarbeit konnte die gemeinsame Vertretung der Interessen auch gegenüber der Politik gestärkt werden. Per Statut ist die Parahotellerie Schweiz seit vergangenem August auch im Vorstand des Schweizer Tourismus Verbandes vertreten und kann so die Interessen der Parahotellerie gegenüber Parteien, Verbänden und Behörden direkt wahrnehmen.

«Über alles betrachtet, kann sich die Branche der Parahotellerie dennoch bislang über ein gutes Geschäftsjahr 2012 freuen.»

Wie sieht die Zusammenarbeit mit Schweiz Tourismus aus und wie vertritt Schweiz Tourismus die Interessen der Parahotellerie im Ausland?

Schweiz Tourismus unterstützt das positive Image der Parahotellerie und deren Unterkunftsbereiche mit gezielten Marketing- und Kommunikationsmassnahmen. Dazu gehört auch, dass Schweiz Tourismus in ihren weltweiten Marketingaktivitäten dem visuellen Auftritt der Parahotellerie Schweiz Rechnung trägt.

Parahotellerie Schweiz hat in diesem Jahr erstmals eigene Übernachtungszahlen erhoben. Leidet die Parahotellerie ähnlich stark unter dem starken Schweizer Franken und rückläufigen Übernachtungszahlen wie die Schweizer Hotellerie?

Unter dem Fernbleiben der ausländischen Gäste aus den EU-Ländern litten diesen Sommer teilweise auch unsere  Gesellschafter, insbesondere die Ferienwohnungsanbieter. Über alles betrachtet, kann sich die Branche der Parahotellerie dennoch bislang über ein gutes Geschäftsjahr 2012 freuen.

Die Jugendherbergen konnten in den ersten acht Monaten sowohl beim Umsatz als auch bei den Übernachtungszahlen leicht zulegen. Worauf führen Sie dies zurück?

Die Preissensibilität der Kunden in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten ist sicherlich ein Grund dafür, aber keinesfalls der einzige. Die Schweizer Jugendherbergen sind auch erfolgreich, weil sie qualitativ hochstehende Angebote zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten und in die einzelnen Betriebe in den  letzten Jahren sehr viel investierten, vor allem auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit. Dadurch ist uns ein Imagewandel gelungen. Die Neueröffnung der Jugendherberge Interlaken, dem neuen Flaggschiff der Schweizer Jugendherbergen, ist ein weiterer Grund, warum wir unsere diesjährigen Übernachtungszahlen im Vergleich zum Vorjahr steigern konnten.

Wie hoch ist der Anteil der Gäste aus dem Ausland in der Schweizer Parahotellerie und aus welchen Ländern können besonders viele Gäste begrüsst werden?

Der Anteil der ausländischen Gäste ist bei den verschiedenen Partnern sehr unterschiedlich. REKA hat grösstenteils Schweizer Gäste, TCS Camping mit mehrheitlichem Sommerbetrieb und die Schweizer Jugendherbergen rund 50 Prozent und Interhome mehrheitlich ausländische Gäste. Spitzenreiter sind, gesamthaft betrachtet, nach wie vor die Deutschen, gefolgt von Franzosen, Holländern, Engländern, Italienern und Spaniern.

«Das Buchungsverhalten hat sich auch bei den Parahotellerie-Gästen völlig verändert.»

In der Hotellerie gewinnt die Online-Distribution zunehmend an Bedeutung. Wie präsentieren sich die entsprechenden Möglichkeiten in der Parahotellerie?

Das Buchungsverhalten hat sich auch bei den Parahotellerie-Gästen völlig verändert, elektronische Buchungssysteme sind heute ein Muss. So sind alle Angebote unserer Partner direkt, über www.myswitzerland.com oder über andere Buchungsplattformen elektronisch buchbar.

Die Annahme der Zweitwohnungsinitiative hat auch grosse Auswirkungen auf die Parahotellerie. Wie stellt sich Parahotellerie Schweiz zu der vom Bundesrat geplanten Umsetzung der Initiative?

Wir begrüssen die im August vom Bundesrat verabschiedete liberale Umsetzung der Zweitwohnungs-Initiative. Vor allem die beschlossene Lösung zu den „warmen Betten“ geht in die richtige Richtung. Der Bau von Wohnungen ist weiterhin möglich, wenn sie touristisch bewirtschaftet und professionell verwaltet werden. Dies stellt die Qualität sicher und stärkt das Tourismusland Schweiz.

Herr Gmür, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Fredi Gmür ist Präsident der Vereinigung Parahotellerie Schweiz und CEO der Schweizer Jugendherbergen. Zudem ist er Stv. CEO der Schweizer Stiftung für Sozialtourismus, Vorstandsmitglied des Schweizer Tourismus Verbandes (STV), präsidiert die STV-Kommission Qualitätsentwicklung & Bildung und hat verschiedene Verwaltungsratsmandate in touristischen Unternehmen und sozialen Organisationen inne. Fredi Gmür wohnt mit seiner Familie in Hallau im Kanton Schaffhausen.

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