Markus Kähr, CEO Haco Gruppe

Markus Kähr, CEO Haco Gruppe

Markus Kähr, CEO Haco Gruppe.

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Kähr, 250 Aktionäre, vorwiegend Nachkommen der berühmten Gründerfamilien wie Sarasin, Bally oder Oswald besitzen die Haco Gruppe. Merkt man davon irgendetwas im täglichen Geschäft?

Markus Kähr: Wir haben eine klare Trennung zwischen operativer und strategischer Führung in der Haco Gruppe. Jede Familie hat einen Vertreter im Verwaltungsrat und kann dort auf die strategische Ausrichtung Einfluss nehmen. Ist die strategische Stossrichtung definiert, ist es Sache der Gruppenleitung, diese entsprechend umzusetzen. Eine operative Einflussnahme seitens der Familien besteht nicht.

Wie muss man sich Ihre Arbeit vorstellen. Kommt ein Lebensmittelhändler zu Haco und sagt: Kreiere mir eine Suppe?

Wir bearbeiten heute die drei Absatzkanäle Detailhandel, Foodservice und Industrie mit verschiedenen Warengruppen. Im Bereich Detailhandel sind wir primär ein Private Label-Anbieter, in den übrigen Verkaufskanälen treten wir mit unseren eigenen Marken auf. In den beiden Letztgenannten definieren wir unser Sortiment selbständig und bieten dieses aktiv im Markt an. Im Private Label Geschäft arbeiten wir eng mit unseren Kunden zusammen, um auf deren Bedürfnisse zugeschnittene Produkte zu entwickeln. Insgesamt haben wir uns auf die Fahne geschrieben, uns als Problemlöser ganz im Sinne unseres Leitsatzes «Ideen kreieren, Lösungen servieren» zu positionieren.

Wieviel neue Produkte erschafft die Haco Gruppe im Schnitt pro Jahr?

Dies ist je nach Produktgruppe, Absatzkanal und Region unterschiedlich. Lassen Sie mich zwei Beispiele erläutern. Im letzten Jahren hatten wir einen Markenartikel-Kunden, der einen neuen Getreideriegel wünschte. Nach 67 Rezepturvarianten und zahlreichen Markttests haben wir schliesslich das finale Produkt gefunden. Ein anderes Beispiel ist der Salatsaucenmarkt in den USA: die Kunden erwarten in diesem Absatzgebiet laufend neue Kreationen. So haben wir im 2014 über 80 neue Rezepturen entwickelt und bestehenden sowie neuen potentiellen Kunden gezeigt.

Für den Mann auf der Strasse ist Ihre Firma unbekannt, obwohl beispielsweise der Haco-Mitarbeiter Prof. Reichstein die Synthese von Vitamin C sowie des Cortins und Cortisons gelang und er dafür 1950 den Nobelpreis für Medizin erhielt. Womit betreiben Sie Markenpflege?

Seit 1965 sind wir nicht mehr im Pharmageschäft tätig, sondern haben uns zu 100% auf die Herstellung und Vertrieb von Lebensmitteln fokussiert. Im Bereich Foodservice und Industrie treten wir unter unserer eignen Marke Haco auf und sind in diesen Absatzkanälen bestens bekannt. Im Detailhandelsbereich konzentrieren wir uns als Private Label Anbieter auf unsere Kunden, das heisst Detailhändler. Ich denke, bei diesen Kunden konnten wir uns eine entsprechende Reputation erarbeiten. Bei unseren Marketingaktivitäten konzentrieren wir uns auf die Teilnahme von Messen und im Foodservice Schweiz verfügen wir über unser Forum Culinaire, wo wir mit unseren Köchen mehr als 100 Ausbildungstage pro Jahr durchführen.

«In den letzten Jahren erfolgte unser Wachstum vor allem im Ausland.»
Markus Kähr, CEO Haco Gruppe

Aus der Migros etwa, sind Haco-Produkte wie Farmer-Riegel, Noblesse oder Eimalzin nicht mehr wegzudenken. Ist so ein Grosskunde, um beim Suppenbild zu bleiben, ein Klumpenrisiko?

Aufgrund unserer langjährigen gemeinsamen Geschichte und Partnerschaft ist die Migros nach wie vor ein wichtiger Kunde von uns. In den letzten Jahren erfolgte unser Wachstum vor allem im Ausland, so dass wir heute eine breitere Abstützung haben und sich damit dieses Risiko verändert hat.

Gibt es so etwas wie Konkurrenzverbote? Etwa dass ein Abnehmer von Kaffeemischungen Ihnen vorschreibt, nicht dasselbe oder ähnliche Mischungen für einen Konkurrenten herzustellen?

Seit Jahren ist die Innovationsfähigkeit ein wichtiges Instrument zur Akquisition von Neukunden. Wenn wir beispielsweise mit Markenartikelkunden zusammenarbeiten, ist es klar, dass diese Rezeptur nur exklusiv für diesen Anbieter hergestellt wird. Anderen Kunden offerieren wir dann andere Rezepturen.

Woher beziehen Sie Ihre Rohstoffe für Ihre Würzen und Würzstoffe?

Die Rohstoffe werden heute weltweit – je nach Verfügbarkeit und Erntesituation – eingekauft. Als mittelständisches Unternehmen sind wir darauf angewiesen, dass wir mit kompetenten und vertrauenswürdigen Händlern zusammenarbeiten. Es wäre für uns heute undenkbar, sämtliche Rohstoffe mit eigenem Personal direkt im Ursprung einzukaufen.

Gibt es einen Rohstoff der im letzten Jahr besonders teuer  geworden ist?

Generell kann man sagen, dass die Volatilität der Preise im Rohmaterialsektor in den letzten Jahren eindeutig zugenommen hat. Ob dies allein aufgrund von Ernte- und Nachfragesituationen oder auch auf Spekulationen zurückzuführen ist, ist schwierig zu beurteilen. Dabei kann es schon vorkommen, dass sich die Preise gewisser Rohstoffe innerhalb weniger Monate um mehr als 30 Prozent verändern.

«Da die Anforderungen an die beschafften Materialien lokal doch sehr verschieden sein können, steht für uns eine zentrale Beschaffung über die ganze Gruppe nicht zur Diskussion.»

Wie viele Ihrer Mitarbeitenden arbeiten denn im Sourcing?

Jede unserer Gesellschaften ist für das Sourcing selbst verantwortlich. Auf Gruppenstufe konzentrieren wir uns auf einige wenige Roh- und Verpackungsmaterialien, die wir zentral verhandeln. Da die Anforderungen an die beschafften Materialien lokal doch sehr verschieden sein können, steht für uns eine zentrale Beschaffung über die ganze Gruppe nicht zur Diskussion. In der Beschaffung in der Schweiz beschäftigen wir heute 7 Personen, die sich ausschliesslich um den Einkauf von Roh- und Verpackungsmaterial kümmern.

Ich nehme an,  Sie verfolgen eher eine Pull-Strategie? Oder gehen Sie, wenn Sie eine neue Produkteidee haben auch ganz gezielt auf Ihre bereits bestehenden Abnehmer zu?

Wenn wir neue Produkte in Eigenregie entwickeln, bieten wir diese unseren bestehenden und potentiell neuen Kunden im Markt aktiv an. Ob diese dann im Regal gelistet werden, entscheidet der Detailhandel. Im Food-Service hingegen, führen wir regelmässig neue Produkte ein, die unser Aussendienst aktiv vermarktet.

Sie liefern bei Bedarf auch massgeschneiderte Markenprodukte nach Übersee. In welcher Grössenordnung steigt ihr Exportgeschäft?

Es war unsere strategische Absicht in den letzten Jahren, die Internationalisierung der Haco Gruppe so voranzutreiben, dass wir mit immer mehr Produktionsstandorten direkt in den Absatzregionen unsere Produkte herstellen. Demzufolge hat sich der Inlandabsatz Schweiz prozentual immer weiter reduziert und liegt heute bei rund 35 Prozent. Vor rund 10 Jahren betrug dieser Anteil 75 Prozent.

Spielt dabei der Preis eine eher untergeordnete  Rolle, will sagen profitiert Haco sehr stark vom Swissness-Faktor?

Durch die gewählte Internationalisierungsstrategie – also Produktion in der jeweiligen Region  – konnten wir dem Preisdruck und dem Währungsrisiko etwas entgegenhalten. Im jetzigen Zeitpunkt ist aufgrund der gegenwärtigen Euro-Situation der Export ab dem Standort Schweiz eindeutig schwieriger geworden und es ist nicht einfach abzuschätzen, welche Konsequenzen dies in den nächsten Monaten für uns haben wird. Mit den heutigen Preisdifferenzen spielt das Thema «Swissness» zurzeit im Ausland eine absolut untergeordnete Rolle. Zudem gewinnt man den Eindruck, dass die Umsetzung der Swissness-Initiative mit hohem administrativen Aufwand für die einzelnen Unternehmen verbunden sein soll, so dass sich jeder Hersteller selbst die Frage stellen muss, ob sich ein derartiger Aufwand überhaupt lohnt.

Zur Person:
Markus Kähr, geb. 1956, ist verheiratet, und hat zwei erwachsene Kinder. Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bern und wurde dort 1988 promoviert (Dr. rer. pol.). Nach über einem Jahrzehnt in der Unternehmensberatung bei ATAG Ernst & Young kam er anfangs 1999 als Leiter Marketing / Verkauf und Mitglied der Geschäftsleitung zur HACO AG. Seit September 2006 amtet er als CEO. Bis März 2012 war Kähr gleichzeitig auch Geschäftsführer der HACO AG/NARIDA AG in Gümligen. Seit 2011 ist er auch Board Member von Culinaria Europe. Seine Hobbies sind Lesen, Reisen, Tennis und Skifahren.

Zum Unternehmen:
Unter dem weitverzweigten Dach der HACO Holding operieren folgende Nahrungsmittelproduzenten: die HACO AG in Gümligen, die NARIDA AG in Schwarzenburg, die Gautschi Spezialitäten AG in Utzenstorf, die Gutschermühle GmbH in Traismauer (Österreich), die Ravensbergen B.V. in Sassenheim (Holland), die Merschbrock-Wiese GmbH in Rietberg, die HACO ASIA PACIFIC Sdn Bhd in Malaysia, die GFF Inc. in Los Angeles und die Plochman Inc. in Chicago. Die HACO Holding beschäftigt als grosses Familienunternehmen fast 1000 Mitarbeitende weltweit und stellt fast 1000 individuelle Produkte her.

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