Philippe Egger, CEO AXA Winterthur

Philippe Egger, CEO AXA Winterthur

Philippe Egger, CEO AXA Winterthur.

Von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Egger, AXA Winterthur blickt auf erfolgreiches Jahr 2010 zurück. Der Unternehmensgewinn stieg um 25,9 %, der Reingewinn überschritt erstmals die Milliardengrenze und das Geschäftsvolumen wurde um 3,5 % auf 10,587 Mrd. Franken gesteigert. Welche Bilanz ziehen Sie?

Philippe Egger: Die Bilanz für 2010 ist durchwegs positiv. Wir konnten die Profitabilität weiter stärken und sind gleichzeitig im Lebengeschäft um über fünf Prozent gewachsen. Glücklicherweise wurden wir alle zudem von grösseren Schaden-Ereignissen wie Naturkatastrophen verschont. Es hat also alles zusammengepasst.

Welche Anlagestrategie hat AXA Winterthur 2010 verfolgt?

Wir verfolgten eine diversifizierte Strategie über breite Anlageklassen wie Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, High-Yield Bonds, Aktien, Hedge Funds, Private Equity, Hypotheken und Immobilien. Ein aktives Management dieser Positionen hat dazu geführt, dass wir wenig bis kein Exposure in den verschiedenen peripheren Euroländern hatten. Das Fremdwährungsrisiko war zum grössten Teil abgesichert.

Was hat das Geschäft mit den Lebensversicherungen geprägt?

Nachdem der Markt in der beruflichen Vorsorge während der Finanz- und Wirtschaftskrise praktisch zum Erliegen gekommen ist, gab es nun wieder deutlich mehr Transaktionen. Viele Vorsorge-Einrichtungen konnten im 2010 ihre Deckung verbessern und waren dadurch wieder in der Lage, in unser Vollversicherungsmodell zu wechseln. Die Vollversicherung erfährt gerade nach einer Krise eine erhöhte Beliebtheit, da sie den KMU Sicherheit bietet. Die Zahlen widerspiegeln auch die insgesamt steigende Beschäftigung in der Schweiz sowie die rekordhohe Zahl von Firmengründungen.

«Die Vollversicherung erfährt gerade nach einer Krise eine erhöhte Beliebtheit, da sie den KMU Sicherheit bietet. Die Zahlen widerspiegeln auch die insgesamt steigende Beschäftigung in der Schweiz sowie die rekordhohe Zahl von Firmengründungen.»
Philippe Egger, CEO AXA Winterthur

Im Einzelleben konnte das Geschäftsvolumen um 6,2 % gesteigert werden. Welchen Einfluss hatten neue Produkte wie „Protect Invest“?

Protect Invest hatte massgeblichen Anteil am guten Resultat. Diese Produktinnovation kombiniert die Sicherheit einer Lebensversicherung mit den Gewinnchancen des Kapitalmarktes . Es ist  uns damit gelungen, den Bedürfnissen der Kunden zu entsprechen.

Worauf führen Sie das leicht rückläufige Prämienvolumen im Bereich der Schadenversicherungen zurück?

Wir haben uns entschieden, den Fokus auf Profitabilität zu legen und kein Wachstum um jeden Preis anzustreben. Dies hat insbesondere im Unternehmensgeschäft zu einer zurückhaltenden Zeichnungspolitik geführt.

Die Kundenzahl der AXA Bank konnte verdoppelt werden, 476 Mio. Franken sind nun angelegt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung im zweiten Geschäftsjahr der AXA Bank?

Die Entwicklung der AXA Bank ist erfreulich. Sie wächst weiterhin kontinuierlich, hat mehr Kunden gewonnen als im Vorjahr und dies ohne grosse Werbekampagne. Die AXA Bank und die AXA Winterthur verfolgen ein wichtiges strategisches Ziel, nämlich die Erweiterung und Ergänzung der Produktpalette der AXA Winterthur. Diese Strategie geht auf: Mehr als zwei Drittel der Kunden kommen dank den Versicherungs- und Vorsorgeberatern der AXA Winterthur zur AXA Bank. Dies zeigt, dass wir mit der Bank einem Bedürfnis entsprechen, welches wir vorher nicht abdecken konnten.

Die AXA Bank bietet derzeit mit einem Sparkonto, einem Festgeldkonto und einem Vorsorgekonto 3a drei Produkte an. Ist ein Ausbau der Palette geplant?

Die AXA Bank verfolgt konsequent die Strategie einer Direkt- und Zweit-Bank mit fokussiertem Angebot. Das heisst, eine Erweiterung der Produktpalette erfolgt stets unter Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse und mit dem Ziel, das Angebot der AXA Winterthur mit einfachen Bank-Produkten zu komplementieren. In Kürze wird die AXA Bank ein neues Sparkonto mit einem attraktiven Zins lancieren.

Die Zinsen der AXA Bank sind immer noch vergleichsweise attraktiv. Welche Zinsentwicklung erwarten Sie im laufenden Jahr?

Anzeichen für eine Abkehr vom Niedrigzinsumfeld sind derzeit keine zu erkennen. Unabhängig davon ist es das Ziel der AXA Bank, den Kunden attraktive Zinsen und gleichzeitig eine gewisse Stabilität zu bieten. Das ist ihr in der Vergangenheit gelungen, wie ein Blick zurück auf die Zinsentwicklung der Produkte zeigt.

Um das profitable Wachstum von AXA Winterthur fortführen zu können, wollen Sie die Kosten weiter senken. Wie?

Unsere internen Abläufe sind teilweise sehr komplex, zeitintensiv und somit teuer geworden, weshalb wir vermehrt standardisieren und automatisieren wollen. Dies betrifft nicht nur das Massengeschäft, sondern auch unser Spezial- und Komplexgeschäft. Und es betrifft auch die Sachkosten und damit alle Bereiche des Unternehmens.

«Es ist deshalb bis ins Jahr 2015 unser Ziel, im Kollektivleben-Geschäft die Kosten pro Versicherten von heute 470 auf rund 400 Franken, im Einzelleben-Geschäft die Kosten pro Vertrag von 250 auf 150 Franken und im Schadenversicherungsgeschäft die Kostenquote von heute 26 auf 24 Prozent zu senken.»

Gehört zu den Kostensenkungsmassnahmen auch ein Personalabbau?

Durch die Industrialisierung rechne ich damit, dass wir bis in einigen Jahren über weniger Stellen in jenen Bereichen verfügen werden, wo vermehrt Prozesse standardisiert, automatisiert oder, bei Prozessen ohne Kundenkontakt, an Dritte ausgelagert werden.

Die NZZ am Sonntag berichtete zuletzt von strengen Vorgaben der Muttergesellschaft in Paris betreffend der Kosten pro Versichertem, von verunsicherten Mitarbeitern, ja gar von Drohungen war die Rede. Was ist dran an diesen Berichten?

Die Kostendiskussion wird nicht von Paris geführt. Sie ist auch nicht neu, haben wir unsere Kosten doch seit Jahren kontinuierlich gesenkt und somit eigentliche Hau-Ruck-Übungen vermieden. Der weiter zunehmende Wettbewerbs- und Preisdruck zwingt uns jedoch, hier nicht locker zu lassen. Es ist deshalb bis ins Jahr 2015 unser Ziel, im Kollektivleben-Geschäft die Kosten pro Versicherten von heute 470 auf rund 400 Franken, im Einzelleben-Geschäft die Kosten pro Vertrag von 250 auf 150 Franken und im Schadenversicherungsgeschäft die Kostenquote von heute 26 auf 24 Prozent zu senken.

Die AXA Winterthur ist für die AXA Gruppe sehr wichtig. 2010 hat sie fast einen Drittel zum Gruppengewinn beigetragen. Welchen Stellenwert hat die AXA Winterthur in Paris?

Die AXA Winterthur spielt mit ihrem kontinuierlichen Gewinnbeitrag im Kontext der AXA Gruppe eine wichtige Rolle, weil sie dadurch als Tochtergesellschaft die langfristigen Pläne der AXA Gruppe unterstützt. Daneben wachsen wir in einem stark fragmentierten und gesättigten Markt nach wie vor – gerade im Lebenbereich mit unseren innovativen Produkten. Wir brauchen den Gewinn, um dieses Wachstum mit Kapital unterlegen zu können. Auf beides – profitables Wachstum und neue Produkte – bin ich stolz.

Über Kostensenkungsmassnahmen hinaus, welches sind Ihre wichtigsten Ziele 2011?

Eine wichtige Aufgabe bleibt das Kapitalmanagement, um im Kundeninteresse jederzeit adäquat kapitalisiert zu sein und die Kapitalanforderungen der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA zu erfüllen. Zudem wollen wir mit kontinuierlicher Industrialisierung und weiterhin profitablem Wachstum ab 2011 die Weichen für unsere langfristige Wettbewerbsfähigkeit stellen. Dadurch werden auch weiterhin Investitionen in Produktentwicklungs- und Serviceprojekte möglich sein. Unser Unternehmen konsequent auf den Kunden und seine Bedürfnisse auszurichten, ist und bleibt das wichtigste Handlungsprinzip.

Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchses ein?

Die Schweizer Werte ‹Qualität› und ‹Zuverlässigkeit› sind wichtige Pfeiler einer wieder langsam wachsenden Wirtschaft. Die meisten unserer Führungskader haben diese Qualitäten in ihren Ausbildungen mitbekommen und leben sie in ihren Funktionen. Das duale Schweizer Bildungssystem hat einen guten Ruf. Die Wettbewerbsfähigkeit wird dadurch merklich erhöht. Langfristig denkende, dem Unternehmertum verschriebene Führungskräfte sind geschätzter denn je. Innerhalb der AXA Gruppe werden Schweizer Ideen und Prozesse sehr oft als Gruppen-Benchmarks angesehen, und wir erhalten dafür viel Anerkennung von der Gruppe.

Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?

Diversity ist uns sehr wichtig. Gerade als Versicherung sind wir von gesellschaftlichen Veränderungen wie der demographischen Entwicklung, dem besseren Ausbildungsstand der Frauen oder der Tendenz hin zu vermehrt partnerschaftlichen Erwerbsmodellen vieler Familie tangiert – und zwar sowohl als Arbeitgeberin als auch als Versicherung. Aus diesem Grund fördern wir innerhalb der AXA Schweiz die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und streben ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis im Management an. Unsere Massnahmen sind vielfältig, z.B. die Beratung und Betreuung in den Bereichen Child- und Elder Care, ein Gender-Mentoring-Programm, das den Dialog zwischen den Hierarchiestufen respektive zwischen Frauen und Männern fördert oder das Pensionsierungsmodell Seniorflex, das Altersteilzeit ohne Pensionskasseneinbussen ermöglicht.

Herr Egger, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Philippe Egger (Jg. 56/CH)

Berufliche Erfahrung
seit 2007
Mitglied des AXA Executive Committee
Chief Executive Officer der AXA Winterthur

2004 – 2006
Mitglied der Geschäftsleitung, Winterthur Group
Leiter Market Group Switzerland

2003 – 2004
Mitglied der Geschäftsleitung, Winterthur Group
Leiter Market Unit Schweiz Nicht-Leben

1999 – 2002
Basler Versicherungen, Mitglied der Geschäftsleitung
Leiter Privatkundengeschäft Schweiz

1997 – 1999
Basler Versicherungen, Mitglied der Geschäftsleitung
Leiter Versicherungstechnik Leben und Nicht-Leben

Ausbildung
1987 – 1988
Eidgenössisch diplomierter Versicherungsfachmann

Zum Unternehmen:
AXA Winterthur
Die zur AXA Gruppe gehörende AXA Winterthur ist der führende Allbranchenversicherer der Schweiz. Sie bietet ihren Kunden finanzielle Sicherheit mit einer breiten Palette von Personen-, Sach- und Haftpflichtversicherungslösungen, massgeschneiderten Lebensversicherungs- und Pensionskassenlösungen sowie Anlageprodukten für Privat- und Unternehmenskunden. Die AXA Winterthur beschäftigt rund 4300 Mitarbeitende. Im Vertriebsnetz mit über 300 selbständigen Generalagenturen und Agenturen sind zudem rund 2800 Mitarbeitende exklusiv für die AXA Winterthur tätig. Im Jahr 2010 erzielte die AXA Winterthur ein Geschäftsvolumen von 10,587 Milliarden Franken.

AXA Bank
Die AXA Bank in der Schweiz ist eine Zweigniederlassung der AXA Bank Europe mit Sitz in Brüssel. Wie die AXA Winterthur gehört die AXA Bank zur AXA Gruppe, einem der grössten Vermögensverwalter der Welt. Die AXA Bank in der Schweiz ist eine Direkt-Bank für Privatkunden und bietet kurz- bis mittelfristige Spar-, Anlage- und Vorsorgeprodukte mit attraktivem Zins. Die AXA Bank untersteht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA und hat ihren Sitz in Winterthur.

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