Richard Hurni, Initiant und VRP Reederei Vully AG – ATTILA, im Interview

Richard Hurni, Initiant und VRP Reederei Vully AG – ATTILA, im Interview
Richard Hurni, Initiant und VRP Reederei Vully AG. (Foto: zvg/René Goetschi)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Hurni, ein altgedienter Frachter wird zum Hotelschiff und kreuzt nun seit Herbst 2021 als Boutique Boatel Attila auf dem Neuenburger,- Bieler- und Murtensee – wie kam es dazu?

Richard Hurni: Am Anfang stand der Wunsch, für mich persönlich ein Hausboot auf die Jura-Seen zu bringen. Durch einen puren Zufall und mit viel, viel Kreativität ergab sich in einem Meeting eine spontane Ideen-Kette. Investorinnen und Investoren aus den Regionen Bern, Biel und Murten gründeten schliesslich die Reederei Vully AG, kauften den Frachter und aus dem alten Frachtschiff, das während 15 entlang der norddeutschen Küste und später in der Schweiz während der Expo.02 und als Event- und Partyschiff im Einsatz stand, wurde das erste Hotel-/ Kreuzfahrtschiff auf Schweizer Gewässern.

Können Sie uns die ATTILA, wie sie sich heute präsentiert, etwas näher vorstellen?

Unser Boutique Boatel verfügt über eine Ausstattung, welche nichts zu wünschen übriglässt und stilvolle Akzente setzt. Die ATTILA bietet keinen übertriebenen Luxus – aber einen eleganten, modernen und gemütlichen Stil, sei es in den neun Zweitbettkabinen, in der Captain’s Lounge & Bar oder auf dem Sonnendeck. Die gastfreundliche Crew verwöhnt alle Gäste mit erstklassigem Service und bester Kulinarik. Das hochwertige Angebot verkörpert die Philosophie des entschleunigten, umweltbewussten und zeitgemässen Reisens und spricht verschiedenste Bedürfnisgruppen an: anspruchsvolle und weltoffene Urlauber, die besondere Kreuzfahrten mit einem hohen Mass an Servicequalität und Individualität zu schätzen wissen, Naturliebhabende, Paare ebenso wie Familien.

«Das hochwertige Angebot verkörpert die Philosophie des entschleunigten, umweltbewussten und zeitgemässen Reisens und spricht verschiedenste Bedürfnisgruppen an.»
Richard Hurni, Initiant und VRP Reederei Vully AG – ATTILA

Wer hat das Design entworfen?

Das Design stammt vom Atelier Oï aus La Neuveville, das mit rund 40 kreativen Köpfen Design-, Architektur- und Kunstprojekte für Kunden aus der ganzen Welt kreiert.

Welche Kreuzfahrten und Event-Fahrten können gebucht werden?

Das Boutique Boatel ATTILA fährt auch nächstes Jahr ab ca. Mitte Mai die fixen Kreuzfahrten-Formate «Time Out Cruise» (jeweils von Dienstag bis Freitag, 4 Tage/3 Nächte) und «Weekend Cruise» (Freitag bis Sonntag, 3 Tage/2 Nächte). Ausserdem fahren wir verschiedene Charter wie Business- und Privatveranstaltungen.

Die ATTILA-Cruises werden vom Schiffreisen-Spezialisten Mittelthurgau, Kuoni Cruises und weiteren Partnern vertrieben oder können auf Ihrer Website gebucht werden. Woher kommen Ihre Gäste hauptsächlich?

Bislang stammen alle unsere Passagiere ausnahmslos aus der Schweiz. Hier war der Start im ersten Pandemie-Jahr 2021 für uns eher Segen als Fluch. Das Motto «Ferien in der Schweiz» hat uns in die Karten gespielt.

Sie haben Business-Cruises angesprochen. Eignet sich die ATTILA auch für geschäftliche Aktivitäten und Veranstaltungen?

Ja. Über die Kreuzfahrten hinaus kann die ATTILA für Tages- und Wochenendanlässe – Business-Events wie VR-Meetings, Retraiten, Workshops, Seminare, Konzerte, Jubiläen, Geburtstagsfeiern etc. – als «temporäre Hotelzimmer-Ergänzung» für Hotels mit Seeanstoss oder auch als «Bed and Breakfast» am Liegeplatz in Sugiez und anderen Standorten genutzt werden.

Wie ist das Angebot in die 3-Seen-Region eingebettet – zum Beispiel mit anderen touristischen Attraktionen oder kulinarischen Genüssen?

Wir unterstützen die Region auf vielfältige Weise. Unsere Philosophie, das lokale Handwerk, die regionalen Produzenten und den Drei-Seen-Tourismus im Allgemeinen zu stärken, ist ein wichtiger Baustein des Projekts. Wir integrieren möglichst viele Berufsfischerinnen, Gemüseproduzentinnen, Winzerinnen, Metzgerinnen etc. sowie touristische Angebote aus der Region, aus welchen unsere Gäste auswählen können.

«Unsere Philosophie, das lokale Handwerk, die regionalen Produzenten und den Drei-Seen-Tourismus im Allgemeinen zu stärken, ist ein wichtiger Baustein des Projekts.»

Sie verstehen sich also als Ergänzung und Erweiterung des bereits bestehenden touristischen Angebots der Region?

Unbedingt. Und mit 9 Doppel-Kabinen und maximal 18 Gästen an Bord sind wir ja grundsätzlich auch für niemanden eine Konkurrenz. Wir integrieren Ausflugsmöglichkeiten in unsere Kreuzfahrten, besuchen mit unseren Passagieren diverse Winzer und Weinkeller, empfehlen Museen und andere Highlights in der 3-Seen-Region. Und jeden Abend besuchen wir mit der ganzen Cruise-Gästegruppe eines der besten Restaurants am jeweiligen Anlege-Ort. So bringen wir ganz gezielt auch Umsatz in das regionale Gastro-Gewerbe. Zudem arbeiten wir sehr gut mit den lokalen Schifffahrtsgesellschaften, der LNM (Lac Neuchatel Morat) und der Bieler Schifffahrtsgesellschaft/BSG zusammen.

Beim Begriff Kreuzfahrt ist der Umweltaspekt ein wichtiges Thema. Sie werben nicht nur mit entschleunigtem, sondern auch umweltbewusstem Reisen. Wie klimafreundlich ist die ATTILA unterwegs?

Tourismus und Reisen können negative Auswirkungen auf Ökologie, Soziales und Kultur der Region haben. Diese Aspekte haben wir von Beginn weg berücksichtigt und unser Angebot auf einen zeitgerechten und umweltbewussten Tourismus ausgerichtet. Die ATTILA ist ein entsprechendes Vorzeigeprojekt. Dank dem Antrieb durch einen Hybridmotor sowie der geplanten Installation von Fotovoltaik und Ökostrom nehmen wir bewusst Rücksicht auf die Schönheit der Drei-Seen-Region.

Die Anfangsphase war stark durch die Coronapandemie geprägt, aber wie fällt Ihre Bilanz nach zwei Jahren aus?

Wir haben vor zwei Wochen die offizielle dritte Kreuzfahrten-Saison abgeschlossen. Aus den ausschliesslich positiven Reaktionen der Passagiere können wir ableiten, dass unser «Produkt» sehr gut ankommt und die Gäste mit dem Schiff sowie den Zusatzleistungen absolut happy sind. Die Qualität und die Funktionalität der Kabinen, der Captain’s Lounge und der Decks sind hochwertig, das Preis-/ Leistungsverhältnis passt. Das stimmt uns für die kommenden Jahre zuversichtlich. Betriebswirtschaftlich haben wir die gesetzten Umsatzziele in den ersten zwei Jahren knapp nicht erreicht. Dabei spielte insbesondere im 2021 Covid halt doch schon eine wichtige Rolle. Für 2023 rechnen wir mit einer ausgeglichenen Rechnung.

«Die Qualität und die Funktionalität der Kabinen, der Captain’s Lounge und der Decks sind hochwertig, das Preis-/ Leistungsverhältnis passt. Das stimmt uns für die kommenden Jahre zuversichtlich.»

Nach der dritten Saison darf man das Projekt noch als Startup bezeichnen – in welchen Bereichen sehen Sie noch Potenzial?

Neben den Gästen aus der Schweiz möchten wir auch ausländischen Touristen unser Angebot unterbreiten können. Ausserdem wollen wir die Saison verlängern und uns noch stärker auf die lokalen Werte und Highlights fokussieren. Dies zeigt auch die Kampagne «Grape Escapes» von Schweiz Tourismus, für welche die ATTILA als eines von vier Projekten aus der ganzen Schweiz ausgewählt wurde. «Grape Escapes» ist eine Kampagne, bei der schweizweit mehr als 50 einzigartige Übernachtungsmöglichkeiten im Rebberg im Fokus stehen. Die internationale Kampagne mit dem Boutique Boatel ATTILA wird Mitte Mai 2024 im Markt Schweiz lanciert und dann im Frühherbst – auf die Weinsaison hin – international ausgespielt.

Um neue Finanzmittel zu beschaffen, haben Sie sich für ein Crowdinvesting bei Oominum entschieden. Welche Pläne verfolgen Sie mit dem Investment der Crowd?

Wir wollen das Thema Nachhaltigkeit und Ökologie an Bord und im Betrieb weiter optimieren. Neben dem bereits bestehenden hybriden Antrieb planen wir eine Photovoltaik-Anlage auf der Captains Lounge und wir prüfen alternative Antriebsformen wie beispielsweise flüssigen Kohlenwasserstoff.
Für die geplante Saisonverlängerung müssen wir die ATTILA ausserdem noch für Herbst und Winter «aufrüsten», zum Beispiel brauchen wir eine zusätzliche Isolation. So erreichen eine bessere Auslastung, bzw. ein positiveres wirtschaftliches Gesamtergebnis.

Zusätzlich wollen wir Altlasten bereinigen. Denn trotz den vielen Schweizer Gästen konnten wir in den ersten zwei Betriebsjahre während der Corona-Pandemie die Gewinnschwelle nicht erreichen. Nichtsdestotrotz wollen wir auch unser soziales Engagement stärken: So soll die ATTILA wenn möglich auch für Familien mit knappen Budgets fahren und ihnen eine Auszeit bieten, die sie sich zu regulären Preisen nicht leisten könnten.

Herr Hurni, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Richard Hurni ist Mit-Initiator und Verwaltungsratspräsident der Reederei Vully AG. Ausserdem ist der Eidg. Dipl. PR-Berater Agenturgründer, Partner und Mitglied der Geschäftsleitung der Kommunikationsagentur by the way communications AG in Bern.

Attila

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