Tim Talaat, CEO Looser Holding AG im Interview

Tim Talaat, CEO Looser Holding AG im Interview

Tim Talaat, CEO Looser Holding AG. (Foto: Looser)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Talaat, aus dem letztjährigen guten Cashflow wurden die Schulden um weitere 25 Millionen abgebaut. Aber was die EBIT-Marge betrifft können Sie doch sicherlich noch nicht zufrieden sein, oder?

Tim Talaat: Mit dieser Marge dürfen wir uns nicht zufrieden geben, auch nicht unter Berücksichtigung der vorgenommenen Wertberichtigung. Diese Entwicklung nehmen wir als klare Aufforderung, noch intensiver an unserer Zielsetzung zu arbeiten, die EBIT-Marge mittelfristig auf zehn Prozent zu steigern.

Die Wertminderungen auf immaterielle Vermögenswerte hatten noch 2013 den EBIT belastet. 2014 ist daher Looser’s EBIT doppelt so hoch. Ist dieser positive Trend nachhaltig?

Die Wertminderungen im Geschäftsjahr 2013 hingen insbesondere mit der unerwartet schwachen Entwicklung des Segments Temperierung zusammen. 2014 erholte sich das Segment, unter anderem wegen des freundlicheren Marktumfelds, aber auch durch nachhaltige Ergebnisverbesserungs-Programme und optimierte Geschäftsprozesse. Im abgelaufenen Geschäftsjahr wirkten sich Wertminderungen von rund 2 Millionen Franken im Zusammenhang mit der Verlagerung der Feyco-Produktionswerke belastend auf den EBIT aus. Betrachten wir die EBITs 2014 und 2013 ohne Wertminderungen, konnte der EBIT 2014 praktisch auf Vorjahresniveau gehalten werden. Damit sind die EBIT-Ergebnisse 2014 und 2013 vergleichbar und folglich auch nachhaltig. Unabhängig vom Euro-Kurs erwarten wir im Zusammenhang mit der Produktionsverlagerung im Beschichtungs-Segment ab 2016 Kostensynergien und dadurch eine Verbesserung des EBITs.

«…unser Ausblick ist nicht konservativ, sondern realistisch.»
Tim Taalat, CEO Looser 

Ihr vorsichtiger Ausblick hat der Looser-Aktie kurzfristig zugesetzt. Die Looser Gruppe erwartet erhebliche Translations- und Transaktions-Effekte. Kaum ein Schweizer Industrieunternehmen hat nach dem SNB-Schock so deutlich gesprochen. Sind Sie da bewusst konservativ?

Die Looser Gruppe ist wie andere Gesellschaften mit Sitz in der Schweiz und Schweizer Franken als Rechnungslegungswährung wesentlich betroffen. Deshalb ist unser Ausblick nicht konservativ, sondern realistisch. Die Auswirkungen des schwächeren Euros zeigen sich besonders beim Translationseffekt, der sich aus der Umrechnung der Währungen ergibt und damit den Konzernumsatz und das operative Ergebnis auf dem derzeitigen Kursniveau erheblich beeinflusst. Hinzu kommt der Transaktionseffekt aus den Umsätzen und Ergebnissen der Schweizer Gesellschaften mit hoher Exporttätigkeit. Gegen den Translationseffekt kann nicht viel unternommen werden. In Franken gerechnet werden die Umsätze und Ergebnisse nominell tiefer ausfallen. Die Margen sollten wir halten können. Auf den Transaktionseffekt reagieren wir mit diversen Massnahmen und werden alles tun, um die Auswirkungen des schwachen Euros zu kompensieren.

Mit -16,1 Prozent sank der Umsatz des Segments Beschichtungen um ein Sechstel. Wieso ging es gerade bei den Pulverlacken dermassen runter?

Bereinigt um Währungs- und Devestitionseffekte lag der Umsatzrückgang des Beschichtungs-Segments bei 7.6 Prozent, was unsere Erwartungen natürlich nicht erfüllt. Im Produktbereich Pulverlacke fehlte einerseits der Rückenwind aus den Absatzmärkten in Südeuropa. Andererseits haben wir – um Verluste zu vermeiden – Bestellungen an Kunden mit Bonitätsproblemen nicht ausgeführt.

Mit Durotherm haben Sie Ihren langjährigen deutschen Vertriebspartner im Segment Temperierung übernommen. Ist damit das Thema Verkauf dieses relativ kleinen Segmentes vom Tisch?

Die Übernahme der Durotherm-Vertriebsstruktur mit sechs Standorten schafft die Voraussetzungen für eine direkte Kontrolle des Vertriebs in Deutschland. Wir sind jetzt in der Lage, das Potenzial in den deutschen Märkten noch besser auszuschöpfen und kommen dem angestrebten Wachstum einen Schritt näher. Das Prozess- und Kunden-Know-how von Durotherm vereint mit dem Produkt- und Lösungs-Know-how der Single Gruppe, sichert zudem den Erhalt von Marktkenntnisse und produktspezifischem Wissen, was besonders unseren Kunden zugutekommt. Zum Thema Devestition des Temperier-Segments kann ich so viel sagen, dass Verwaltungsrat und Konzernleitung Strategie und Portfolio regelmässig überprüfen. Darin eingeschlossen ist auch die Portfolio-Fokussierung. Spruchreif ist jedoch nichts.

«Basierend auf den Marktprognosen gehen wir in Deutschland 2015 und 2016 von einer weiterhin positiven Entwicklung aus.»

Türen und Zargen, das grösste der vier Looser-Segmente, machen ja knapp die Hälfte des Umsatzes aus, davon das Gros in Deutschland. Erwarten Sie dort in den nächsten Jahren einen gleichmässigen Geschäftsgang?

Basierend auf den Marktprognosen gehen wir in Deutschland 2015 und 2016 von einer weiterhin positiven Entwicklung aus. Aktuelle Erhebungen zeigen im Gesamtmarkt ein Wachstum von etwa ein bis zwei Prozent. Allerdings müssen wir in Anbetracht der hohen Investitionstätigkeit von Konkurrenten mit einem intensiven Wettbewerb rechnen. Nach dem kräftigen Marktanstieg in den letzten Jahren gehen wir nach 2016 eher von einer Seitwärtsentwicklung aus.

Hat der Streit um den Mindestlohn in Deutschland für die Looser Gruppe irgendeine Bedeutung?

Davon sind wir nicht betroffen. Unsere Werke in Deutschland sind unabhängig des Mindestlohns tariflich gebunden und das Tariflohn-Niveau liegt einiges über den diskutierten Mindestlöhnen.

Der Kauf der Invado in Dzielna, Polen, soll Ihnen im doppelten Sinn des Wortes die Türen nach Zentral- und Osteuropa aufstossen. Welchen Umsatzanteil erwarten Sie aus diesem Zukauf?

Gesamthaft generiert Invado einen Umsatz von rund 36 Millionen Franken. Etwa 40 Prozent davon werden in Polen erwirtschaftet. Weitere 25 Prozent des Umsatzes erzielt das Unternehmen in West-Europa und rund 35 Prozent in Osteuropa. Wir schätzen, dass Invado den Umsatzanteil und damit den Marktanteil in Polen steigern wird. Selbstverständlich werden die Märkte in Osteuropa weiterhin mit hoher Intensität bearbeitet. Chancen sehen wir vor allem in Tschechien, der Slowakei, aber auch in Russland. Zur Erhöhung der Exportumsätze bietet Invado ihre Produkte erstmals auch im griechischen und französischen Markt an und will in Ländern wie Kasachstan und Usbekistan Fuss fassen.

Erklärtes Ziel der Looser Holding ist es immer, rund zur Hälfte akquisitorisch zu wachsen. Nach was halten Sie da Ausschau?

Zurzeit liegt unser Fokus hauptsächlich auf Erweiterungs- und Arrondierungsakquisitionen in den Segmenten Industriedienstleistungen und Türen.

Die Looser-Aktie notiert nach der letzten Korrektur nur knapp über Buchwert. Macht Sie das nicht selber zum potentiellen Übernahmeziel?

Ob die Looser Gruppe ein Übernahmeziel ist, kann und will ich nicht beurteilen. Unsere Diversifizierung macht aber für Investoren eine Übernahme mit Sicherheit nicht einfach. Zudem bieten unsere starken Ankeraktionäre, die Familien Looser und Stocker-Looser, einen gewissen Schutz gegen eine ungewollte Übernahme.

Letztes Jahr erhöhten sich die Personalvorsorgeverpflichtungen um 8 Millionen. Das ist recht heftig…

Die Looser Gruppe arbeitet nach den IFRS-Rechnungslegungsstandards und ist somit verpflichtet, die Grundlagen der Berechnung der Personalvorsorgeverpflichtungen nach IAS 19 anzuwenden, wodurch die Pensionspläne als Leistungsprimatspläne eingestuft sind. Solche Verpflichtungen werden von unabhängigen Versicherungsexperten berechnet. Der Anstieg gegenüber dem Vorjahr basiert hauptsächlich auf den wesentlich tieferen Diskontsätzen in der Schweiz und in Deutschland. Ein Beispiel: Unsere Mitarbeitende in der Schweiz sind bei einer Versicherungsgesellschaft versichert, bei der wir keine Unterdeckung haben können, da der Deckungsgrad von 100 Prozent versichert ist. Die Personalvorsorgeverpflichtung in der heutigen Grössenordnung besteht hauptsächlich aufgrund des angewendeten IAS 19. Nach Schweizer Recht wären die Verpflichtungen wesentlich tiefer.

Als klassisches Familien-KMU trägt Looser sicher besonders Sorge um sein Personal. Was werden da in den nächsten Jahren die grössten Herausforderungen sein?

Die Mitarbeiterförderung und -entwicklung gehört zu unseren zentralen Aufgaben, insbesondere weil wir in Branchen tätig sind, in denen zum Teil Fachkräftemangel herrscht. Zu spüren bekommen wir das vor allem im technischen Bereich, beispielsweise bei der Rekrutierung von Lacktechnikern oder Kranmonteuren, aber auch bei der Suche nach Verkaufsspezialisten und Auszubildenden. Umso wichtiger ist es, talentierte Mitarbeitende – vom Lernenden bis zum Management – im Unternehmen zu halten. Indem wir ihnen Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven bieten, sichern wir uns in gewisser Weise gegen Nachwuchsmangel ab. Unser Ausbildungskonzept wurde mit den Schwerpunkten Führung, Projektmanagement und Verkauf in den letzten Jahren stark ausgebaut. Zudem arbeiten wir im Bereich Berufsbildung intensiv an der weiteren Erhöhung der Ausbildungsqualität und am Aussenauftritt. Fazit und gleichzeitig Herausforderung ist: Wir wollen im Bereich Personalentwicklung maximale Nachhaltigkeit erreichen.

Zur Person:
Tim Talaat ist seit Januar 2009 Chief Executive Officer (CEO) der Looser Holding AG. Er ist diplomierter Elektro-Ingenieur und hält ein MBA des IMD in Lausanne. Darüber hinaus absolvierte er 2001 an der Stanford University in Palo Alto, Kalifornien, USA, erfolgreich das Senior Executive Program. Bevor Tim Talaat seine CEO-Funktion bei der Looser Holding antrat, war er als Managing Partner bei der Swiss Industrial Finance AG tätig. Von 1996 bis 2006 arbeitete er bei SR Technics. Er war dort Leiter Verkauf und Marketing und damit Mitglied der Geschäftsleitung von SR Technics Switzerland. 2003 wurde er zum CEO der SR Technics Gruppe ernannt. In dieser Funktion spielte er unter anderem eine wichtige Rolle bei der internationalen Expansion des Unternehmens. Zuvor war er während 20 Jahren in den Branchen Informationstechnologie und Maschinenbau tätig und übte dort diverse leitende Funktionen in den Bereichen Entwicklung, Fertigung sowie Marketing und Verkauf aus.

Zum Unternehmen:
Die Looser Holding AG ist eine international tätige Industrieholding mit Sitz in Arbon, Schweiz. Die Unternehmensgruppe ist mit ihren vier Geschäftsbereichen in den Segmenten Beschichtungen, Industriedienstleistungen, Temperierung und Türen tätig. In den 21 zur Gruppe gehörenden operativen Gesellschaften in Europa, Asien und den USA sind rund 2’250 Mitarbeitende beschäftigt. Gemeinsam mit ihnen erwirtschaftete die Looser Gruppe im Geschäftsjahr 2014 einen Nettoumsatz von CHF 487.4 Mio. Seit 17. Juni 2008 sind die Namenaktien der Looser Holding AG an der SIX Swiss Exchange (Main Standard) kotiert.

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