Urs Kessler, Vorsitzender Geschäftsleitung Jungfraubahn Holding AG, im Interview

Urs Kessler, Vorsitzender Geschäftsleitung Jungfraubahn Holding AG, im Interview
Urs Kessler, CEO Jungfraubahn Holding AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Kessler, ein um rund 80 Prozent auf 80 Millionen Franken gestiegener Rekordgewinn steht jetzt zu Buche. Damit lassen sich die fünf neuen Investitionen sicherlich leicht stemmen?

Urs Kessler: Ja, das stimmt. Die grösste Gefahr für morgen ist der Erfolg von heute. Die Weltwirtschaftslage ist ein Pulverfass, und wir haben während der Coronapandemie gelernt, dass es nicht immer nur aufwärts geht.

Welches Projekt hat die kürzeste Vorlaufzeit? Die digitale Verkaufsplattform «Top of Travel»?

Ja. Bereits ab der kommenden Wintersaison 2024/2025 werden wir erste Angebote über die neue, digitale Verkaufsplattform «Top of Travel» anbieten.

«Die Weltwirtschaftslage ist ein Pulverfass, und wir haben während der Coronapandemie gelernt, dass es nicht immer nur aufwärts geht.»
Urs Kessler, Vorsitzender Geschäftsleitung Jungfraubahn Holding AG

Wann wird die alpine Solaranlage auf der Alp Hintisberg den ersten Strom liefern?

Um von den staatlichen Subventionen zu profitieren, müssen bis Ende 2025 mindestens zehn Prozent der Leistung ins Netz eingespeist werden. Wir gehen von 30 Prozent aus.

Sehr erfolgreich haben sich erneut die Harderbahn und die Firstbahn entwickelt, vielleicht weil sie etwas abseits vom ganz grossen Rummel positioniert sind?

Die starke Entwicklung der Erlebnisberge Harder und First basiert auf zwei Hauptpfeilern. Einerseits profitieren sie stark vom Crossmarketing mit dem Jungfraujoch. Oft besuchen unsere Gäste nebst dem Top of Europe auch noch einen anderen Berg in unserer Region. Andererseits zahlt sich die glasklare Positionierung aus, die bei uns bei allen Bergbahnen greift. Bei der First ist es das Top of Adventure, beim Harder das Top of Interlaken.

«Wir haben sicher in den Bereichen Shops und Gastronomie noch Potenzial für mehr.»

Mehr als zwei Drittel der Erträge der Jungfraubahn-Gruppe stammen aus dem Verkehrsertrag. Shops und Gastronomie haben aber sicherlich noch weiteres Potenzial, nicht wahr?

Vom gesteigerten Gästevolumen haben auch unsere Top of Europe-Shops und die Gastronomie profitiert. Die Umsätze bei den Shops konnten um 62% gesteigert werden, jene in der Gastronomie um 39%. Wir haben sicher in beiden Bereichen noch Potenzial für mehr.

Verdrängen die Inder bald die Chinesen als Ihre asiatischen Hauptkunden?

Wir sind international breit aufgestellt, das zeigen unsere Zahlen 2023. Die Jungfraubahn-Gruppe ist in allen asiatischen Märkten Marktleaderin. Dazu gehören nebst China und Indien auch Südkorea, Thailand, Taiwan und Japan.

Was machen unsere amerikanischen Freunde? In den USA ist das Skifahren ja mittlerweile so teuer, dass die Schweiz ja geradezu wie eine Spardestination dasteht.

Wir hatten im Jahr 2023 eine grosse Zunahme an US-Gästen, trotz des Dollarkurses und der bevorstehenden Wahlen. Wir haben die Marktbearbeitung ausgebaut und auch in Nordamerika eine Vertreterin, nebst dem schon länger für uns tätigen Vertreter in Südamerika.

Fast die Hälfte des Reingewinns erhalten dieses Mal die Aktionäre mit 6,5 CHF Dividende. Dennoch verbleiben der Jungfraubahn-Gruppe über 100 Millionen Geldreserven. Wie werden diese mittelfristig bewirtschaftet?

Wir wollen den Wert des Unternehmens steigern durch innovative Projekte und Produkte. Das Rekordjahr 2023 ermöglicht uns, in Zukunft wieder in grosse strategische Projekte zu investieren. Dazu gehören fünf strategische Projekte. Neben der bereits erwähnten Vertriebsplattform Top of Travel der Ganzjahresbetrieb der Harderbahn und die Erneuerung der Firstbahn, bei der die Konzession 2034 ausläuft. Darüber hinaus soll mit dem «Ersten Blick auf dem Jungfraujoch» bei der Ankunft auf der höchsten Bahnstation Europas ein Wow-Effekt entstehen. Auf dem Eigergletscher, am Fusse der weltberühmten Eigernordwand, wollen wir die Geschichte dieser Wand den Gästen aus der ganzen Welt näherbringen. Dazu gehört der Bau eines Eiger-Museums «Vertical Experience».

«Auf dem Eigergletscher, am Fusse der weltberühmten Eigernordwand, wollen wir die Geschichte dieser Wand den Gästen aus der ganzen Welt näherbringen. Dazu gehört der Bau eines Eiger-Museums «Vertical Experience».

Die Ebitda-Marge lag 2023 bei 50,1%. Ist so etwas überhaupt noch steigerbar, und wenn ja, dann wie?

Während den Pandemie-Jahren war uns ein positives EBITDA, ohne cash-drain, wichtig. Diese Strategie führen wir fort, denn die EBITDA-Marge ist bei Bergbahnen eine wichtige und weitverbreitete Kennzahl. Bisher betrug unsere Zielsetzung mindestens 40%. Neu wird diese Zielsetzung auf 43% angehoben. Im Jahr 2023 hat die Jungfraubahn-Gruppe eine EBITDA-Marge von rekordhohen 50,1% erreicht.

Per Juni 2025 werden Sie als Vorsitzender der Geschäftsleitung zurückzutreten. Wissen Sie schon, wie es für Sie persönlich weiter geht?

Es gibt diverse Herausforderungen ausserhalb des touristischen Umfelds.

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