Werner Schmidli, CEO Schlatter Gruppe

Werner Schmidli, CEO Schlatter Gruppe
Werner Schmidli, CEO Schlatter Industries. (Foto: Schlatter)

Werner Schmidli, CEO Schlatter. (Foto: Schlatter)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Schmidli, als Investitionsgüterhersteller für die Investitionsgüterindustrie spürte Schlatter die Wirtschaftskrise besonders hart. Merken Sie in den europäischen Kernmärkten jetzt einen Konjunkturaufschwung?

Werner Schmidli: Der Aufschwung in unseren europäischen Kernmärkten ist noch nicht spürbar, und wir gehen davon aus, dass in unserer Branche keine schnelle Erholung eintritt. Wichtige Absatzmärkte wie beispielsweise Spanien oder Italien brauchen lange, damit sich die Investitionstätigkeit wieder erholt. Deshalb haben wir die Kapazitäten neu ausgerichtet und bearbeiten die Märkte ausserhalb von Europa noch gezielter.

Sie verkaufen auch gebrauchte Schweiss- und Webanlagen. Kannibalisieren Sie da nicht Ihr eigenes Geschäft?

Wir kaufen üblicherweise nur gebrauchte Anlagen zurück, wenn der Kunde bei uns im Gegenzug eine neue Anlage beschafft  oder wenn wir für die gebrauchte Anlage zum Zeitpunkt der Rücknahme bereits einen Käufer haben. Im Zusammenhang mit „Upgrades und Refurbishment“, also dem Instandstellen von gebrauchten Anlagen, kann aber intern gewichtige Wertschöpfung erzielt werden. Das ist sehr interessant. Wir sind auch interessiert zu steuern, in welche Länder und Regionen gebrauchte Anlagen verkauft werden, um genau die von Ihnen genannte Kannibalisierung zu vermeiden. Insofern ist das Gebrauchtgeschäft wichtig.

«Wichtige Absatzmärkte wie beispielsweise Spanien  oder Italien werden lange brauchen, bis sich die Investitionstätigkeit wieder erholt.»
Werner Schmidli, CEO Schlatter

Um wieviel kommen diese Maschinen denn günstiger zu stehen als neue?

Das kommt auf den Zustand der Maschinen an. Der Beschaffungspreis kann sehr günstig sein,  aber die Leistung der Anlagen ist bedeutend geringer und die Lebensdauer viel kürzer. Diese Anlagen sind meistens für Einsteiger in neuen Märkten mit einer sehr tiefen Kostenstruktur geeignet und finden in Europa und anderen entwickelten Märkten selten Absatz.

Anfangs August hat Schlatter das Elektronenstrahlschweissgeschäft verkauft. Haben Sie mit dem Verkauf Gewinn gemacht?

Der Gewinn aus dem Verkauf des Elektronenstrahlschweissgeschäft war minim. Im Rahmen der Fokussierung haben wir uns die Frage gestellt, ob wir weiterhin in eine neue Maschine im Bereich Elektronenstrahlschweissen investieren wollen. Wir sind zum Schluss gekommen, dass ein Management Buyout durch den bisherigen Abteilungsleiter für beide Seiten die bessere Lösung darstellt.

«Die schwarze Null ist auf Kostensenkungen, Kapazitätsreduktion und eine Straffung des Produktportfolios zurückzuführen. 2014 werden wir zusätzlich von Effekten aus diesen Massnahmen profitieren, die 2013 noch nicht voll gegriffen haben.»

Im ersten Halbjahr 2013 gelang der operative Turnaround. Schlatter schreibt jetzt eine schwarze Null. 2013 wird aber ein Übergangsjahr bleiben. Kann man für 2014 auf gutem Cashflow hoffen?

Wir gehen für 2014 von einer moderaten Steigerung aus. Die schwarze Null ist auf Kostensenkungen, Kapazitätsreduktion und eine Straffung des Produktportfolios zurückzuführen. 2014 werden wir zusätzlich von Effekten aus diesen Massnahmen profitieren, die 2013 noch nicht voll gegriffen haben. Auf der Marktseite sehen wir  noch keine wesentliche Erholung. Wir haben in diesem Jahr eine Produktroadmap entwickelt, die uns in absehbarer Zeit wieder Wachstum bescheren soll – auch bei unveränderten Rahmenbedingungen. Sollten sich unsere Absatzmärkte in Europa schneller erholen als wir erhoffen, dann nehmen wir das als willkommenes Geschenk dazu.

Mit 26 Prozent der Bilanzsumme ist die Eigenkapitalquote noch mässig. Ist da Verstärkung in Sicht?

Ich hätte gerne eine grössere Eigenkapitalquote, Handlungsbedarf besteht aber nicht. Mit besseren Ergebnissen wird sich auch das Eigenkapital verbessern.

Innert eines Jahres hat Schlatter ein Viertel der Mitarbeiter verloren. Was ist Ihr Hauptargument für einen Job bei Schlatter?

Wir mussten letztes Jahr leider einen scharfen Schnitt vollziehen. Inzwischen haben wir aber wieder Tritt gefasst und wir arbeiten wieder an mittel- und langfristig orientierten, zukunftsträchtigen Projekten und sind gut unterwegs. Wie bieten nach wie vor sehr interessante und anspruchsvolle Arbeit. Unsere Mitarbeiter haben die Chance, unser Unternehmen mitzugestalten und jeder Einzelne kann einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Schlatter Gruppe wieder zurück auf die Erfolgsschiene zu bringen. Die Stimmung und die Zuversicht in der Belegschaft sind gut. Es ist eine Aufbruchstimmung spürbar.

Was haben Sie in der Entwicklungspipeline, diesen „Aufbruch“ auch produktseitig zu untermauern?

Der Fokus ist in den einzelnen  Produktbereichen unterschiedlich. In einigen Segmenten sind wir technologisch gut aufgestellt, dazu zählen etwa  die Anlagenbereiche Industriegitter, das Schienenschweissen oder das Segment Weben. Im Bereich Industriegitter und Schienenschweissen haben wir dieses Jahr neue Maschinengenerationen in den Markt gebracht  oder werden sie noch bringen. Diese müssen nun weiter ausreifen  und mit den verkauften Prototypen wollen wir in Feldtests Erfahrungen sammeln. Als nächstes geht es in diesen Produktbereichen darum, die Herstellkosten  weiter zu senken. Im Bereich «Anlagen für  Armierungsgitter» haben wir einen technologischen Nachholbedarf und wir werden unsere Innovationskraft sehr stark in diesem Bereich einsetzen. Kurzfristig  werden wir uns mit kleinen Innovationsschritten begnügen müssen. Wir haben nun aber unsere Produkt – und Entwicklungsroadmap für die nächsten 5 Jahre neu erarbeitet und neue Innovationsprojekte initiiert, welche uns mittelfristig einen grossen Schritt weiter bringen sollen.

Mit Paul Zumbühl haben Sie einen Verwaltungsratspräsident, der mit Interroll CEO eines hochinnovativen Unternehmens ist. Machen Sie da zusammen schon mal Brainstorming fürs F&E?

Die Produkte der beiden Firmen sind sehr unterschiedlich, aber wir tauschen uns über methodische und konzeptionelle Ansätze aus. Ziel ist es nicht nur Innovationen schnell voranzutreiben, sondern qualitativ hochwertige Maschinen zu bauen, die nicht nur eine höhere Leistung erbringen, sondern auch noch günstiger hergestellt werden können. Wie bereits erwähnt war die Erarbeitung der langfristigen Produkt- und Entwicklungsroadmap ein zentrales Thema in diesem Jahr. Herr Zumbühl hat uns auch diesem Prozess hilfreiche Inputs geliefert.

«Ich gehe davon aus, dass die Verlängerung der Kreditverträge um ein weiteres Jahr reibungslos über die Bühne gehen wird.»

Wie werden Sie die bis Ende 2013 über 28 Millionen Franken laufenden Kreditverträge überrollen können?

Wir werden die Kreditverträge mit den Banken diesen Herbst neu verhandeln. Wir haben ein gutes Verhältnis zu den Banken unsere Ziele und Versprechen alle eingehalten. Ich gehe davon aus, dass die Verlängerung der Kreditverträge um ein weiteres Jahr reibungslos über die Bühne gehen wird.

Grosser Hoffnungsträger von Schlatter war und ist das Schienenschweissen in China. Ich nehme an, hier zieht das Geschäft wieder an?

Das Schienenschweissen in China hatte vor einigen Jahren einen regelrechten Boom erzielt. Die Kapazität von Schweissmaschinen für die Erstellung des Schienennetzes für Hochgeschwindigkeitszüge in China  ist weitgehend erstellt. Daher erwarten wir in naher Zukunft keinen weiteren Boom. Es wird in China aber weiterhin investiert und dies sichert uns eine solide Auslastung in diesem Bereich.

Zur Person:
Der Schweizer Werner Schmidli (geboren 1965) schloss seine Ausbildung mit dem Lizenziat in Betriebswirtschaft an der Universität von Fribourg ab. Als CFO arbeitete er bei Tela-Kimberly in Balsthal (von 1998 bis 2001). Danach ging er ebenfalls als Finanzchef zu Intregra Biosciences in Baar, ehe er in gleicher Funktion 2004 zu Schlatter wechselte. Seit 1. Juni 2012 ist er dort CEO.

Zum Unternehmen:
Mit annähernd 100 Jahren Erfahrung verfügt die Schlatter-Gruppe über langjähriges Know-how im Anlagenbau. Im Segment Schweissen werden Widerstandsschweisssysteme produziert, die für die Herstellung von Armierungs- und Industriegittern, von Radiatoren sowie im Schienenschweisseneingesetzt werden. Im Segment Weben baut Schlatter unter der Marke Jäger Web- und Ausrüstungsmaschinen für Papiermaschinenbespannungen, Drahtgewebe und –gitter. In den letzten Jahren hat sich die Schlatter Gruppe tiefgehend restrukturiert. Die Aktien von Schlatter werden an der SIX gehandelt.  

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