EU-Schluss: Indizes minus 5%

EU-Schluss: Indizes minus 5%

London – Kritische Bemerkungen der US-Notenbank Fed zur Konjunktur in den USA haben den europäischen Aktienmarkt am Donnerstag weiter ins Minus gedrückt. Als zusätzlichen Grund für die sehr trübe Stimmung am Markt nannten Händler die Ratingabstufung von sieben italienischen Banken durch Standard & Poor»s und einigen US-Banken durch Moody»s. Der EuroStoxx 50 schloss 4,90 Prozent tiefer bei 1.995,75 Punkten, nachdem er bereits am Mittwoch um knapp zwei Prozent gefallen war.

In Paris sank der CAC 40 um 5,25 Prozent auf 2.781,68 Punkte. Der Londoner FTSE 100 büsste 4,67 Prozent ein auf 5.041,61 Punkte.

Die Fed hatte am Vorabend wie erwartet die «Operation Twist» angekündigt, bei der sie Anleihen im Gesamtwert von 400 Milliarden US-Dollar von kurzlaufenden in längerlaufende Staatstitel umschichten wird. Die Notenbank begründet ihre zusätzlichen Stützungsmaßnahmen vor allem mit «signifikanten Abwärtsrisiken».

Immerhin gab es von den jüngsten Wirtschaftsdaten keine Störfeuer. Zwar waren die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in der vergangenen Woche nicht so stark gesunken wie erhofft. Doch der Sammelindex der Frühindikatoren war im August stärker als erwartet gestiegen. Zudem legten die Preise von US-Einfamilienhäusern im Juli erneut deutlich zu. Der entsprechende Hauspreisindex sei zum Vormonat um 0,8 Prozent gestiegen, teilte die Federal Housing Finance Agency (FHFA) mit. Volkswirte hatten mit einem wesentlich geringeren Zuwachs um 0,1 Prozent gerechnet.

Am Donnerstag mussten vor allem die französischen Finanzwerte überdurchschnittliche Abschläge hinnehmen. Sie zählen zu den am stärksten engagierten Instituten im von der Schuldenkrise geplagten Griechenland und besitzen auch Töchter in Italien. Analyst Konrad Becker von der Münchener Privatbank Merck Finck bezog sich darüber hinaus auf die Abstufung einiger US-Banken durch Moody’s. Die Nachricht an sich wäre schon schlimm genug. Noch mehr Besorgnis errege aber die Begründung, dass die Agentur an einer neuerlichen Rettung der Banken wie zu Zeiten der Finanzkrise 2008 zweifelt. «Das wäre ein schwerer Schlag, da die Institute landesweit tätig sind.» Bisher seien die Marktteilnehmer davon ausgegangen, dass systemrelevante Banken auch weiterhin notfalls von der Regierung aufgefangen würden. Nun aber hätten die Anleger die Aussagen von Moody’s sofort auf die europäischen Banken übertragen. Jetzt befürchteten die Investoren, dass eventuell auch diese im schlimmsten Fall nicht gerettet würden.

Daher brachen die Titel der Societe Generale (SocGen) als zweitschwächster Wert im EuroStoxx um 9,57 Prozent auf 15,305 Euro ein. Zudem konkretisierte die französische Zeitung «Les Echos» ohne Nennung von Quellen, bei den Tochtergesellschaften, deren Verkauf die SocGen plane, um vier Milliarden Euro einzunehmen, handle es sich um Newedge Group und SGSS. Die Aktien des Konkurrenten BNP Paribas verbuchten ein etwas geringeres Minus von 5,70 Prozent auf 23,060 Euro. Hier könnte ein weiterer Pressebericht die Verluste einigermassen in Grenzen gehalten haben. Demnach hofft die vom Absturz der Börsen stark betroffene Grossbank auf frisches Geld aus den reichen Staaten am Persischen Golf.

Einige italienische Finanzwerte aber schlugen sich besser als Markt. Spitzenreiter im EuroStoxx waren sogar die Titel der von S&P abgestuften Bank Intesa SanPaolo, die nur um 1,50 Prozent auf 0,9525 Euro nachgaben. Zudem verloren die Papiere der ebenfalls abgestraften Mediobanca nur 0,09 Prozent. Die Unicredit-Titel sanken um 6,27 Prozent auf 0,6505 Euro. Ein Analyst sagte, nachdem die Rating-Agentur Standard & Poor’s die Kreditwürdigkeit Italiens bereits am Dienstag um eine Note von «A+» auf «A» herabgestuft hatte, hätten die Marktteilnehmer bereits damit gerechnet, dass nun früher oder später auch die Bonität der Banken des Landes gesenkt werde.

Ausserhalb des Finanzsektors fielen die Titel von Tui Travel im sehr schwachen Markt um 4,13 Prozent . Europas grösster Reiseveranstalter stellt sich angesichts der Umbrüche in Nordafrika auf eine weitere Zurückhaltung der Urlauber ein. Die EADS-Titel fielen in Paris um 7,91 Prozent auf 20,890 Euro. Laut einem Bericht der «Financial Times Deutschland» steht die Tochter Airbus vor einer Mehrheitsübernahme des angeschlagenen Zulieferers PFW Aerospace AG.

Die europaweit grössten Abschläge musste derweil der Rohstoffsektor hinnehmen, wie der entsprechende Branchenindex zeigte. So verloren die Aktien von Vedanta am Ende des britischen «Footsie» mehr als 13 und Antofagasta mehr als zwölf Prozent. Die Unternehmen würden eine Abschwächung der Konjunktur besonders stark zu spüren bekommen.

Indes legten die Papiere von Easyjet um knapp neun Prozent zu, nachdem der britische Billigflieger berichtet hatte, er rechne angesichts besserer Ticketverkäufe mit einem höheren Vorsteuergewinn als bisher. Davon sollen die Aktionäre kräftig profitieren. Angepeilt wird nun eine Dividende von neun Pence je Anteilsschein. Das entspricht einer Ausschüttung von 40 Millionen Britischen Pfund. Hinzukommen soll eine Sonderausschüttung von 150 Millionen Pfund, die voraussichtlich ebenfalls in Form einer Dividende fliessen soll. (awp/mc/upd/ps)

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