«Ich hoffe, dass das Schweizer Stimmvolk vernünftig ist und wie ich ein Nein in die Urne legt», sagte Peter Huber, CEO des Bereichs Private Placement Life Insurance (PPLI) bei Swiss Life, zwei Wochen vor der Abstimmung gegenüber Moneycab.com. Wie fast alle namhaften Finanzunterehmen unterhält auch der grösste Lebensversicherer der Schweiz seit einem Jahr in Dubai eine Niederlassung, will von hier aus den Markt im gesamten Nahen Osten aufrollen. Ein weiterer Neuling am Golf ist der Bankensoftware-Hersteller Avaloq Evolution AG aus Zürich.
Arabische Medien berichten denn auch «alarmiert» über die Abstimmung. Reaktionen von Politikern in Nahost dürfte es erst in den kommenden Tagen geben, da die islamische Welt derzeit das Opferfest Eid Al-Adha begeht. Unpassender hätte der Zeitpunkt für im Mittleren Osten tätige Schweizer Konzerne wohl nicht ausfallen können.
Nach Angaben des Magazins GMR Marketing Review in Dubai konnten dänische Firmen im Nahen Osten erst heute, vier Jahre nach dem Karikaturenstreit in den Golfstaaten bei den Ausfuhren in die Region 80 Prozent des Vorboykottniveaus erreichen.
Arabische Staatsfonds sind an den Grossbanken UBS und Credit Suisse beteiligt. Das Emirat Abu Dhabi übernahm AIG Private Bank in Zürich 2008 komplett. Seitdem firmiert sie unter Falconbank. Mit dem Ja zu einem Verbot von Minaretten dürften für die Schweiz weitere Geschäfte in der Region nicht einfacher werden. Die Schweizer Finanzwelt hat durch die in Turbulenzen geratene UBS ohnehin stark an Ansehen verloren. «Früher hiess es: UBS ? you and us. Heute: UBS ? you and nobody», spottet man selbst auf Bankkonferenzen in den arabischen Ölstaaten.
Gotteshäuser nicht-islamischer Religionsgemeinschaften am Persischen Golf üblich
Die Argumentation des Bundesrats, dass Moscheen in der Schweiz ja weiter erlaubt seien, nur eben keine Minarette, dürfte im Orient kaum auf Verständnis stossen. Denn eine Moschee ohne Minarett ist wie eine Kirche ohne Kirchturm. Und angesichts von bisher vier existierenden Minaretten in der ganzen Schweiz kann nur schwer von einer architektonischen «Überfremdung» gesprochen werden.
Die Schweiz ist zudem aus Sicht der islamischen Welt in den letzten Jahren als nicht sonderlich tolerant aufgefallen. 2005 erklärten die Grossbanken UBS und Credit Suisse keine neuen Kundenbeziehungen aus dem Iran mehr zu eröffnen. Ein Jahr später im 2006 konnte erst nach jahrelangen politischen Debatten in Bern ein islamische Bank in Genf ihre Tätigkeit aufnehmen, die Feisal Private Bank. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Finanzplatz London bereits drei Islamic Banks, und er gilt heute als Brückenkopf der schnell wachsenden Scharia-Finance in Europa. Negativ stiess in arabischen Medien auch das «Schwarze Schafe-Plakat» der Schweizerischen Volkspartei (SVP) im Parlamentswahlkampf 2007 auf.
Die Schweiz im Nahen Osten: seit Sonntag ein Sonderfall.