SMI: Nach Rally droht kein Sommerloch

Falls sie denn Eintritt, dürfte die Gegenbewegung aber moderat ausfallen. Folgt der SMI den Prognosen, werden die Notierungen Ende September 2005 in etwa auf dem aktuellen Niveau oder etwas höher liegen. Favorisiert werden weiterhin die defensiven Schwergewichte.


SMI hat zugelegt
Seit Jahresbeginn hat der Swiss Market Index (SMI) der an der virt-x gehandelten Blue Chips rund 8% zugelegt. Nach einem verhaltenen Start zogen die Aktien ab der zweiten Januarwoche bis anfangs März kontinuierlich an. In der Folge entwickelte sich eine Seitwärtsbewegung in der Bandbreite von rund 5’900 bis zeitweise über 6’000 Punkten. Ein zweiter starker Schub wurde Mitte Mai ausgelöst, als es der Markt auf 9 Handelstage mit Gewinnen in Folge brachte. Am Donnerstag hat der SMI einen neuen Jahreshöchststand von 6’228 Punkten erreicht, so hoch notierte der Leitindex letztmals anfangs Juni 2002.


Korrektur wird folgen
Folgt nun bald eine Korrektur und wie stark wird sie ausfallen?, stellt sich nun die Frage. Die kontaktierten Aktienspezialisten sind sich im Grundtenor einig: Eine Korrektur wird folgen, allerdings dürfte der Rückschlag moderat ausfallen. Die Risiken nach unten werden offenbar als klein eingeschätzt, nicht zuletzt der defensiven Ausrichtung des SMI wegen. Einig sind sich die Experten auch über die Hauptrisiken für die Aktienmärkte: Im Fokus bleiben der Ölpreis, die allgemeine geopolitische Entwicklung sowie die Entwicklung der Währungen. Hervorgehoben werden zudem die zunehmende Bedeutung der weltweiten Handelsstreitigkeiten.


Prognose deutlich unter 6’000 Punkte
Einen tieferen Stand des SMI per Ende September sagt als einziger der Befragten der Händler der UBS voraus. Kurzfristig stünden die Zeichen zwar noch auf positiv, in der Folge sei aber eine grössere Gegenbewegung zu erwarten. Damit geht er mit dem Head of Research der UBS, Beat Kunz, einig, welcher für die kommenden Wochen und Monate einen Fall deutlich unter die 6’000 Punkte-Grenze prognostiziert.


Schlechte Grundstimmung
Claude Zehnder, Leiter Brokerage/Research bei der ZKB, spricht das Anlegervertrauen an. Die aktuelle Grundstimmung sei zwar schlecht, trotzdem könne sich der Schweizer Aktienmarkt behaupten. «Dies ist als gutes Zeichen zu werten», zumindest kurzfristig. Zehnder ist sich mit Händlern der Banque SCS Alliance oder der Banque Pictet einig, dass sich der SMI bis Ende September insgesamt flach entwickeln dürfte. Er sieht noch Potential bis vielleicht 6’270 Punkte, danach werde aber wieder eine Abwärtsbewegung folgen. Der Markt sei momentan ohne Schwung, «das Momentum fehlt», so Zehnder. Gegen unten seien die Kurse allerdings gut abgesichert, fügt er an. Die Risiken durch eine schwache Weltwirtschaft seien nicht so gross, wie vielerorts befürchtet und die Unternehmensgewinne seien immer noch am Steigen. Einen grösseren Einfluss als momentan könnten unter Umständen die Ölpreise wieder gewinnen.


Seitwärtstendenz bis Ende September
Oliver Scheibel von SCS Alliance sieht dies, zumindest hinsichtlich des Ölpreises, ähnlich. Der Ölpreis dürfte eher wieder anziehen, sagte er. Für den Aktienmarkt Schweiz sieht auch Scheibel eine Seitwärtstendenz bis Ende September. Es sei allerdings schwierig, momentan eine Prognose abzugeben, da die Märkte weniger von fundamentalen Daten, als vielmehr psychologisch beeinflusst würden. «Ausserdem spielen unberechenbare Faktoren wie das politische Umfeld in Europa und das Verhältnis des US-Dollars zum Euro eine wichtige Rolle.»


Aufwärtspotenzial
Gar höhere SMI-Stände per Ende September prophezeien Händler einer internationalen Grossbank, der niederländischen Bank ABN Amro sowie einer Nordwestschweizer Privatbank. Die freundliche Tendenz dürfte in den Monaten Juni und Juli noch anhalten, sagte ein Aktien-CH-Spezialist von ABN Amro in Zürich. Er sieht weiteres Aufwärtspotential von 5 bis 7%. Der Aberglauben-Monat Mai sei nun vorbei, so der ABN Amro-Mann. Die aktuelle Rally sei nicht von der Konjunktur, sondern von der Liquidität getrieben. Mit den tiefen Zinsen für Anleihen werde der Anlagedruck zudem noch grösser. Weniger Gefahr ortet er im Ölpreis. Da sei viel Spekulation drin und der Preis dürfte eher wieder runter kommen. Dafür hebt er als Risiko die weltweiten Handelsstreitigkeiten hervor.


Marktabschottung
Auf diesen Punkt verweist auch der Händler des Instituts aus der Nordwestschweiz. Die Auseinandersetzungen zwischen den USA und China oder der EU, gehe es nun um Textilquoten oder um die Airlinebranche, seien eigentliche Handelskriege. In der Politik werde zwar von freiem Handel und Globalisierung geredet, aber eigentlich gebe es eine Tendenz zurück zur Marktabschottung. Zur aktuellen Hausse des SMI meinte er, dass diese nicht zuletzt von den tiefen Handelsvolumina profitiere: «Es gibt schlicht keine Verkäufer.»


Ölpreis bleibt unberechenbar
«Die Ampeln stehen auf Dunkelgrün», sagte der befragte Aktienhändler einer Grossbank. Charttechnisch gebe es eigentlich keine Widerstände, es wäre aber schön, wenn auch andere als die Pharmatitel nachziehen würden. Der Markt brauche eine breitere Abstützung. Als grösste Risiken bezeichnet auch er die politischen Unwägbarkeiten sowie die Unberechenbarkeit des Ölpreises. «Kommt die Abwertung des chinesischen Yuan? und falls ja, wann?», nennt er einen weiteren Unsicherheitsfaktor. (awp/mc/as)

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