Ständerat verabschiedet Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative

Der Ständerat beschloss mit 26:10 Stimmen, die Initiative des Schaffhauser Kleinunternehmers Thomas Minder dem Volk zur Ablehnung zu empfehlen. Vorher hatte der Ständerat die Aktienrechtsrevsion beraten, die als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative dienen soll. Beschlossen wurde unter anderem, dass die Aktionäre künftig verbindlich über den Gesamtlohn des Verwaltungsrats (VR) abstimmen können. Verschärft wurden die Offenlegungspflichten: Börsenkotierte Aktiengesellschaften sollen künftig in der Jahresrechnung die Löhne von VR und Geschäftsleitung (GL) ausweisen müssen. Publizieren müssen sie zudem die Löhne der Spitzenverdiener in VR und GL.


GV soll VRP wählen können
Berücksichtigt wurde das Anliegen der Initianten, dass der Verwaltungsratspräsident von börsenkotierten Firmen künftig durch die Generalversammlung gewählt werden soll. Verschärft wurden ausserdem die Rückerstattungspflichten von Aktionären und Verwaltungsräten. Die Betroffenen sollen ungerechtfertigt bezogene Gelder – wie Boni – zurückzahlen, wenn diese in einem offensichtlichen Missverhältnis zur erbrachten Leistung stehen.


Tauglicher Gegenvorschlag?
Die bürgerliche Ratsmehrheit setzte sich in der Gesamtabstimmung zur Revision mit 26 gegen 8 Stimmen bei 5 Enthaltungen durch. Aus ihrer Sicht ist es gelungen, einen tauglichen Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative zu formulieren. Die Gegenstimmen und die Enthaltungen der Gesamtabstimmung stammten in erster Linie aus den Reihen der SP und der Grünen. «Der Ständerat hat den Vorschlag des Bundesrats geschwächt. Er blieb damit taub gegenüber dem Unmut der Bevölkerung», sagte Géraldine Savary (SP/VD).


Kernpunkte der Initiative bleiben im Gegenvorschlag unberührt
Der Ständerat lehnte insbesondere das Verbot von «goldenen Fallschirmen», Vorauszahlungen bei Stellenantritt sowie Prämien bei Firmenübernahmen und Fusionen ab. Keine Gnade fand auch die verbindliche Aktionärs-Abstimmung über den Gesamtlohn der Geschäftsleitung. Anders als von der Linken im Einklang mit der Initiative gefordert, sollen sich die Aktionäre dazu nur konsultativ äussern können.


Keine Chance hatte der linke Antrag, den Lohn-Exzessen einen Riegel zu schieben. SP und Grüne verlangten ein angemessenes Verhältnis zwischen den höchsten und den niedrigsten Löhnen. Zudem sollten die variablen oder leistungsabhängigen Lohnbestandteile bei 50 Prozent des Grundlohns gedeckelt werden.


Die Linke, aber auch einzelne Bürgerliche unzufrieden
Auch einzelne Bürgerliche waren mit der Rats-Mehrheit unzufrieden: «Wir haben keinen griffigen Gegenvorschlag zur Initiative ausgearbeitet», sagte Hansruedi Stadler (CVP/UR). Sollte die Vorlage vom Nationalrat nicht verbessert werden, werde er der Initiative zustimmen müssen. So lehnte der Ständerat die vom Bundesrat vorgeschlagene und in der Initiative geforderte jährliche Wahl des Verwaltungsrats ab. Die kleine Kammer hielt an der heute geltenden dreijährigen Amtszeit fest.


Hoffen auf den Nationalrat
Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf hofft ebenfalls auf Nachbesserungen der grossen Kammer. «Sie haben dem indirekten Gegenvorschlag einige Zähne gezogen», kommentierte sie das Schlussresultat. Sie hoffe nun auf Korrekturen. Widmer-Schlumpfs Kritik bezieht sich unter anderem auf die über die Hintertür wieder eingeführte Stimmrechtsvertretung. Zwar hat der Rat wie von der Initiative gefordert, das Organ- und Depotstimmrecht abgeschafft. Gleichzeitig führte er mit dem Nominee-Modell wieder eine Stimmrechtsvertretung ein. (awp/mc/pg/02)

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