Valentin Chapero, CEO der Sonova Holding AG

Von Christa Spoerle


Moneycab: Herr Dr. Chapero, wie fühlen Sie sich in einer Branche mit einem Alte-Leute-Image?


Valentin Chapero: Die gesamte Branche lebt schon eine ganze Weile mit diesem Image. Und uns geht es trotz diesem Image sehr gut. Wir haben jedoch bereits einen Ball ins Rollen gebracht mit der Initiative «Hear the World» von Phonak, die mit berühmten Musikern als Botschafter weltweit viel Aufmerksamkeit schafft und das Stigma Hörverlust erfolgreich bekämpft.


Welche Produkte sehen Sie derzeit als die vielversprechendsten an? Wo stehen Sie mit der Umsetzung von Hörimplantaten?


Mit der Markteinführung von Exélia, dem neuen First-Class Hörsystem, und Naída, dem Hörsystem für Menschen mit hochgradiger Hörminderung, hat Phonak eine ganze Reihe innovativer Produkte auf dem Markt. Auch Unitron Hearing bietet mit Yuu und Next eine vollständige Produktpalette an. Acoustic Implants ist noch in den Anfängen und Umsatzbeiträge sind erst in ein paar Jahren zu erwarten.


Sie haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt mit der zweiten Umsatzmilliarde bis 2013 und einer Steigerung der EBITA-Marge auf über 30%, wie wollen Sie das erreichen?


Mit organischem Wachstum und anhand kleinerer Akquisitionen. Innovation ist ein wichtiger Faktor, wenn man bedenkt, dass wir 59% des Hörsystem-Umsatzes mit Produkten erwirtschaften, die weniger als zwei Jahre auf dem Markt sind. Deshalb ist Teil der Strategie die Innovationsrate immer hoch zu halten. Das Wichtigste in der Erreichung dieses Zieles ist jedoch das perfekte Zusammenspiel unserer Erfolgsfaktoren – nämlich der Mitarbeitenden, unserer Produkte und der Präsenz im Markt.


Ihr Produkte Mix ist in den letzten Jahren recht konstant geblieben. First Class Produkte (30%) und Economy Class Produkte (29%) liegen in etwa gleich auf, erwarten Sie hier in den kommenden Jahren eine wesentliche Veränderung?


Nein. Der Produktmix wird mehr oder weniger derselbe bleiben.


Leisten Krankenkassen einen wichtigen Anteil an die Hörgerätekosten? In welchen Ländern spielt das eine grosse Rolle?


Nicht in allen Ländern. Beispielsweise ist der Markt in den USA ausschliesslich ein privater Markt, abgesehen von VA (Veteran Administration). Auch in China ist keine staatliche Unterstützung zu erwarten. In Grossbritannien jedoch spielt der National Health Service eine grosse Rolle und auch in den skandinavischen Ländern ist die Unterstützung gross. In Deutschland, Österreich und der Schweiz übernehmen die Versicherungen nur einen Teil der Kosten.


Analysten sehen Sonova von einer Wachstumsverlangsamung in den USA überschattet, sind Sie wirklich so konjunkturabhängig?


Bedenken Sie, dass unsere Kunden mehrheitlich über 65 Jahre alt sind und über ein gesichertes Einkommen, nämlich ihre Pension, verfügen. Auch der Kaufprozess findet nicht spontan statt, sondern dauert vom ersten Auftreten von Hörminderungen bis zu zehn Jahre. Demografische Entwicklungen, wie «Baby boomer» und die steigende Lebenserwartung sorgen langfristig für eine kontinuierliche Wachstumsbeschleunigung.


Sehen Sie aus der gescheiterten Übernahme der dänischen GN ReSound Gruppe ausser den bekannten Kosten für den Übernahmekampf von 35 Mio CHF weitere Nachteile? Oder haben Sie nicht vielmehr auf Kosten der GN ReSound Marktanteile gewonnen?


Nein, wir sehen keinerlei Nachteile. Die Unternehmensstrategie der Sonova Holding AG ist langfristig angelegt und besteht in den Grundzügen schon seit einigen Jahren. Die Übernahme der GN ReSound Gruppe war innerhalb der Strategie eine Option, die wir gerne wahrgenommen hätten, die aber letztlich keine existenzielle Frage für uns war. Wir werden uns auch ohne GN ReSound Gruppe in den nächsten Jahren sehr gut entwickeln. Marktanteile haben wir auf breiter Basis gewonnen . Diese sind nicht auf einen einzelnen Mitbewerber zurückzuführen.



«Wichtig ist für uns jedoch allein, dass wir weiter wachsen werden und zwar schneller als der Wettbewerb. Es ist aber richtig, dass man als Hersteller eine gewisse Grösse braucht, um die neuesten Technologien bereitstellen und kostengünstig fertigen zu können.» Valentin Chapero, CEO der Sonova Holding AG


Klar, sie wären mit der ReSound Übernahme auf einen Schlag die Nummer 1 der Hörgerätehersteller geworden. Dieses Ziel haben Sie aber nicht aufgegeben, warum ist es so wichtig die Nummer 1 zu sein, denn die Abstände zwischen den drei wichtigsten Anbietern sind ja schon heute nicht sehr gross?


Wahrscheinlich sind wir, wenn man die Umsatzzahlen betrachtet, bereits die Nr. 1. Wichtig ist für uns jedoch allein, dass wir weiter wachsen werden und zwar schneller als der Wettbewerb. Es ist aber richtig, dass man als Hersteller eine gewisse Grösse braucht, um die neuesten Technologien bereitstellen und kostengünstig fertigen zu können.


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Der Kauf von GN ReSound hätte rund 3,3 Mrd CHF gekostet, nun kaufen Sie stattdessen in den nächsten drei Jahren bis zu 10% des Aktienkapitals zurück. Das ist nur ein Bruchteil der Übernahmeausgaben. Halten Sie sich die Möglichkeit anderweitiger Akquisitionen offen?


Um diese 3,3 Mrd CHF zu erreichen, wäre die Schaffung von 1,8 Mrd CHF neuem Aktienkapital nötig gewesen, welches an der Generalversammlung von den Aktionären zuerst hätte genehmigt werden müssen. Deshalb verbleiben also noch 1,5 Mrd, die unter anderem für das Aktienrückkaufsprogramm verwendet werden. Wir halten uns jedoch die Option für allfällige weitere Akquisitionen offen. 



«Sobald sich die Gemüter an der Börse beruhigt haben und die Ängste langsam wieder verfliegen, wird sich das auch im Anstieg unseres Aktienkurses widerspiegeln.»


Oder werden Sie ihr Dienstleistungsangebot, Verkaufs- und Vertriebskapazitäten und Direktvertriebskanäle vermehrt ausbauen?


Das ist sicher ein Teil unserer Strategie, den wir unbedingt weiterverfolgen werden.


Werden Sie weitere Produktionsteile ins kostengünstigere Ausland verlagern, beispielsweise Osteuropa? Wird die Schweiz der Kernpunkt des Know-Hows bleiben?


Wir planen ein weiteres Produktionsgebäude in Stäfa zu bauen, was eindeutig unterstreicht, dass unser Herzblut in der Schweizer Produktion und Schweizer High Tech Kompetenz liegt. Ausserdem haben wir im letzten Jahr 80 neue Arbeitsplätze in der Schweiz geschaffen.


Als Börsenhighflyer 2007 musste der Aktienkurs seit Jahresbeginn herbe Verluste einstecken. Was erwarten Sie für den weiteren Jahresverlauf?


Die Aktienkurse waren in letzter Zeit unter Druck. Wir haben in dieser Zeit weiterhin gute Arbeit geleistet und die Präsentation unserer Jahreszahlen hat das ganz klar gezeigt. Sobald sich die Gemüter an der Börse beruhigt haben und die Ängste langsam wieder verfliegen, wird sich das auch im Anstieg unseres Aktienkurses widerspiegeln.






Dr. Valentin Chapero nimmt am 03. Juni am Internatioanlen Alpensymposium an der Panel-Diskussion teil. Weitere Informationen…






Der Gespächspartner:
Dr. Valentin Chapero Rueda wuchs als Sohn spanischer Eltern in Deutschland auf. Er studierte Physik an der Universität Heidelberg, Deutschland, und erwarb mit einer Dissertation im medizinphysikalischen Bereich den Doktortitel. Er trat im Oktober 2002 als CEO in die Sonova Gruppe ein. Davor war Valentin Chapero Rueda Geschäftsgebietsleiter der Mobile Networks Division der Siemens AG. Von Mitte 1996 bis Ende 1999 war er Geschäftsführer der Siemens Audiologische Technik GmbH, des grössten Hörgeräteherstellers weltweit. Seine berufliche Laufbahn begann er in der F&E-Abteilung von Nixdorf Computer AG.


Das Unternehmen:
Die Sonova Firmengruppe ist einer der drei grössten Anbieter von Hörsystemen weltweit. Sie ist Marktführer in der drahtlosen Kommunikation für audiologische Anwendungen und Anbieter von professionellen Lösungen zum Schutz des Gehörs. Das Unternehmen erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2007/08 mit gut 4’700 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,205 Mrd CHF.

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