Ringen um Abzocker-Initiative nimmt kein Ende

Ringen um Abzocker-Initiative nimmt kein Ende

Thomas Minder, Initiant Abzocker-Initiative.

Bern – Im Ringen der Räte um die Abzocker-Initiative und einen möglichen Gegenvorschlag dazu ist weiterhin kein baldiges Ende in Sicht. Auch ist der Volksentscheid nicht näher gerückt: Der Nationalrat will die Frist für die Behandlung der Initiative verlängern.

Fast den ganzen Tag lang diskutierte der Nationalrat am Mittwoch über die Gesetzesbestimmungen im Gegenvorschlag, mit welchen Lohn- und Boni-Exzesse eingedämmt werden sollen. Am Ende stimmte er der Vorlage mit 82 zu 75 Stimmen bei 17 Enthaltungen zu. Nein sagten SP, Grüne und CVP. Dies deshalb, weil der Nationalrat es abgelehnt hatte, dem Ständerat zu folgen und im indirekten Gegenvorschlag eine Bonussteuer zu verankern. FDP, BDP und SVP genehmigten die Vorlage. Mit der Bereinigung der Differenzen zum Ständerat wollen sie sich aber Zeit lassen: Mit 82 zu 76 Stimmen stimmte der Rat gegen den Willen von SP, Grünen und CVP dem Antrag der SVP für die Fristverlängerung zu.

Abstimmung hinausgeschoben
Ist auch der Ständerat damit einverstanden, wird die Frist für die Behandlung der Initiative um ein weiteres Jahr verlängert. Die Vertreterinnen und Vertreter der SP, der Grünen und der CVP zeigten sich verärgert und warfen der Ratsrechten Verzögerungstaktik vor. Das Volk habe genug, es wolle jetzt abstimmen, lautete der Tenor. Eine Fristverlängerung sei ausserdem gar nicht nötig, die Differenzen zwischen den Räten könnten noch in der laufenden Session bereinigt werden. Die Befürworter der Fristverlängerung argumentierten dagegen, die Einigung brauche Zeit. Caspar Baader (SVP/GR) warnte vor Schnellschüssen und empfahl dem Rat, kühlen Kopf zu bewahren. Eine Fristverlängerung sei etwas ganz Normales.

Umstrittene Bonussteuer
Der SP wäre es lieber, die Volksinitiative ohne Gegenvorschlag vors Volk zu bringen als mit einem indirekten Gegenvorschlag, den sie für untauglich hält. Sie hatte sich gemeinsam mit der CVP und den Grünen für eine Bonussteuer ins Zeug gelegt. Nachdem Wirtschaftsvertreter signalisiert hatten, dass sie damit leben könnten, schien eine Einigung greifbar. Anders als der Ständerat lehnte der Nationalrat aber eine spezielle Behandlung sehr hoher Vergütungen mit 89 zu 60 Stimmen bei 17 Enthaltungen ab. Durchsetzen konnte sich die SVP mit Unterstützung von BDP und FDP.

Mehrere Bonussteuer-Modelle
Für eine Bonussteuer standen mehrere Modelle zur Diskussion. Nach dem Willen des Ständerates sollen Unternehmen Vergütungen über 3 Millionen Franken nicht länger von den Steuern abziehen können. In Verlustjahren sollen solch hohe Boni zudem unzulässig sein. Die SP wollte dieses Modell auch im Nationalrat durchbringen. Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) scheiterte aber mit ihrem Antrag. Auch der Vorschlag der Kommission, sehr hohe Vergütungen nur steuerrechtlich, nicht aber aktienrechtlich speziell zu behandeln, blieb chancenlos. Nach diesem Modell wäre das Auszahlen von Boni über 3 Millionen Franken in Verlustjahren weiterhin erlaubt gewesen.

Wirksamer als Minder-Initiative
Ebenso wenig Erfolg hatte die CVP mit ihrem Vorschlag, die Bonussteuer auf börsenkotierte Unternehmen zu beschränken und als Kompensation die Gewinnsteuer für alle Unternehmen zu senken. Die Befürworter der Bonussteuer argumentierten vergeblich, mit steuerlichen Bestimmungen wäre der Gegenvorschlag eine echte Alternative zur Abzocker-Initiative. Initiant Thomas Minder vertraue ausschliesslich darauf, dass die Aktionäre bescheidenere Löhne festlegen würden, kritisierte Pirmin Bischof (CVP/SO). Diese Hoffnung werde sich aber nicht erfüllen. Sinnvoller wäre deshalb eine marktwirtschaftliche Lösung wie die Bonussteuer. «Menschen, die nur ans Geld denken, lassen sich am besten übers Geld lenken.»

Auch Löhne der Geschäftsleitung
Die Gegner aus den Reihen der FDP und der SVP machten geltend, die Bonussteuer würde bloss die Unternehmen belasten. In einem Punkt hat der Nationalrat den Gegenvorschlag allerdings verschärft: Die Aktionäre sollen nicht nur über die Löhne des Verwaltungsrates, sondern auch über jene der Geschäftsleitung abstimmen müssen. Die Gegner dieser Bestimmung monierten vergeblich, wenn der Rat dies beschliesse, könnte er genau so gut der Abzocker-Initiative zustimmen. Geht es nach dem Willen des Ständerates, sollen die Aktionäre nur den Gesamtbetrag der Vergütungen an den Verwaltungsrat zwingend genehmigen. Ob sie auch über die Vergütungen an die Geschäftsleitung abstimmen, sollen sie selbst festlegen können.

Sommaruga ruft Räte zu Einigkeit auf
Bundesrätin Simonetta Sommaruga hatte die Räte am Mittwochmorgen zu einer Einigung aufgerufen. Weiter warnte sie den Nationalrat davor, den Gegenvorschlag zu verwässern. Der Bundesrat sei der Meinung, dass der Abzocker-Initiative «auf jeden Fall» etwas entgegengesetzt werden sollte. Ein Gegenvorschlag sei aber nur dann sinnvoll, wenn er eine echte Alternative zur Initiative darstelle. «Mit einer Alibiübung haben Sie schon heute verloren», sagte Sommaruga. (awp/mc/ss/upd/ps)

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