Parlament einigt sich bei Pensionskassenreform in den Kernpunkten

Parlament einigt sich bei Pensionskassenreform in den Kernpunkten
Nationalratssaal. (Bild: admin.ch)

Bern – Die Reform der beruflichen Vorsorge nimmt Form an. Der Nationalrat ist am Dienstag in verschiedenen Kernpunkten der Vorlage dem Ständerat gefolgt – etwa bei der Frage der Kompensation für tiefere Renten und beim Koordinationsabzug. Doch das Geschäft bleibt umstritten.

Die grosse Kammer diskutierte während drei Stunden verschiedene Differenzen bei der BVG-Reform. Mit dem Paket soll die berufliche Vorsorge für die Zukunft fit gemacht werden. Grund dafür ist, dass die Pensionskassen wegen der Überalterung der Gesellschaft zuletzt mehr Geld für die Finanzierung der laufenden Renten aufwenden mussten, als zuvor von Arbeitgebern und Angestellten angespart worden war.

Dies führt zu einer Umverteilung von den Erwerbstätigen zur Rentnergeneration. Breiter Konsens in der Politik besteht, dass dies geändert werden muss – etwa durch eine Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent, was eine Rentenkürzung bedeutet. Wie diese Leistungseinbusse kompensiert werden soll, ist umstritten.

Bersets Appell verhallt
National- und Ständerat haben sich nun darauf geeinigt, dass nach der Senkung des Umwandlungssatzes 15 Jahrgänge der Übergangsgeneration lebenslang einen Rentenzuschlag auf der beruflichen Vorsorge erhalten sollen. Rund die Hälfte dieser Generation soll davon profitieren.

Wer zum Zeitpunkt der Pensionierung über ein Altersguthaben von 215’100 Franken oder weniger verfügt, soll Anrecht auf den vollen Zuschlag haben. Für Altersguthaben zwischen 215’100 und 430’200 Franken soll es einen degressiven Zuschlag geben. Wer mehr Guthaben hat, erhält keine Kompensation.

Der Bundesrat schlug gemäss dem sogenannten Sozialpartner-Kompromiss einen Zuschlag während 15 Jahren nach Umsetzung der Reform von gestaffelt 100 bis 200 Franken pro Monat vor. Mit 110 zu 81 Stimmen folgte die grosse Kammer nun aber dem Konzept des Ständerats.

Diese Lösung ist in den Augen einer bürgerlichen Mehrheit zielgerichtet und eine mehrheitsfähig, wie verschiedentlich zu hören war. Anders sieht das die Ratslinke: Sie droht seit längerem mit einem Referendum, weil die Reform aus ihrer Sicht eine «Abbauvorlage» ist. Sie wollte zum ursprünglichen Sozialpartnerkompromiss zurückkehren – war damit aber erfolglos.

Auch Sozialminister Alain Berset gab zu bedenken, dass während der AHV-Abstimmung im vergangene Jahr verschiedene Versprechen abgegeben worden seien. Mit der nun gewählten Lösung erhalte die Hälfte der Betroffenen keine Kompensation.

Warnung vor «Reformstau»
Auch in der Frage, auf welchem Teil des Lohns künftig Pensionskassenbeiträge bezahlt werden müssen, sind sich die Räte näher gekommen. Neu soll kein fixer Koordinationsabzug mehr gelten. Stattdessen sollen immer 80 Prozent des jeweiligen Lohns versichert sein.

Die neue Lösung soll nach Ansicht der Mehrheit die geringer verdienenden Teilzeitarbeitenden – das sind oft Frauen – besserstellen. Eine Differenz besteht noch in den Details: Der Ständerat will einen proportionalen Abzug von 15 Prozent, der Nationalrat von 20 Prozent.

Die Ratslinke machte sogleich klar, dass dieser Entscheid an ihrer grundsätzlich ablehnenden Haltung zur vorliegenden Reform nichts ändern werde. «Die Renten bleiben für Leute mit tiefen Einkommen weiterhin zu tief», sagte Manuela Weichelt (Grüne/ZG).

Kommissionssprecher Thomas de Courten (SVP/BL) konterte: Das Ziel der Vorlage sei es, die zweite Säule nachhaltig zu sichern, nicht auszubauen. Er bezeichnete den Sozialpartner-Kompromiss als «gescheitert». Melanie Mettler (GLP/BE) warnte die Gegner der Vorlage vor einem «Reformstau». Die vorliegende Lösung sei gut für Teilzeitarbeitende.

Mehrere Hürden folgen
Weil weiterhin Differenzen bestehen, geht die Vorlage zurück an den Ständerat. Dabei geht es unter anderem um die sogenannte Eintrittsschwelle. Sie sagt, für wen überhaupt eine Pensionskasse geführt werden muss. Derzeit liegt sie bei einem Jahreslohn von 22’050 Franken. Der Nationalrat möchte daran festhalten, der Ständerat will diese Schwelle auf rund 17’000 Franken senken.

Daneben verbleiben mit den Entscheiden des Nationalrats in weiteren kleineren Punkten Differenzen zum Ständerat. Dieser wird die Vorlage voraussichtlich am Donnerstag beraten. Ziel ist es, dass die Vorlage Ende der Frühjahrssession verabschiedet wird. Wenn sie die Hürde der Schlussabstimmungen meistert, dürfte danach das Volk das letzte Wort haben. (awp/mc/ps)

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