Schneider-Ammann zum Franken: «Lage ist alarmierend»

Schneider-Ammann zum Franken: «Lage ist alarmierend»

Bundesrat Johann Schneider-Ammann.

Bern – Für Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann kommt eine Anbindung des Schweizer Franken an den Euro trotz «alarmierender Lage» nicht in Frage. Er handelt sich damit scharfe Kritik ein von der SP, die genau diese Massnahme prüfen will.

Der starke Franken beschäftigt Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann nach eigenen Angaben rund um die Uhr. «Die Lage ist alarmierend, die Krise könnte bevorstehen», sagte Schneider-Ammann im Interview mit dem «Blick» vom Donnerstag.

«Wir haben vordisponiert»
Von einer Krise könne man reden, wenn sich die Arbeitslosigkeit zu verdoppeln drohe. Es sei wahrscheinlich, dass die Beschäftigungssituation in der Schweiz in der zweiten Jahreshälfte unter Druck komme. Der Bundesrat rechnet mit Kurzarbeit und mit Umstrukturierungen. Über die Notfallpläne der Regierung wollte Schneider-Ammann nicht zu viel verraten: «Wir haben vordisponiert.» Denn je diskreter der Bundesrat und das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement (EVD) handelten, desto besser sei es für die Sache.

Absage an Frankenbindung an Euro
Die einzigen kurzfristig wirksamen Massnahmen lägen sowieso einzig in der Hand der Nationalbank. Von einer Anbindung an den Euro hält Schneider-Ammann nicht viel: «Indirekt würde eine solche Massnahme heissen, dass wir nicht nur die Währungsunabhängigkeit, sondern überhaupt die Unabhängigkeit aufgeben», hielt er fest. Das wolle niemand. Schneider-Ammann sieht allerdings nicht nur schwarz für die Schweizer Wirtschaft: Dank des tiefen Euro exportiere die deutsche Wirtschaft in Schwellenländer wie China. «Das reisst die Schweizer Zulieferindustrie inklusive Dienstleistungssektor mit», erklärte er. Das Wechselkursproblem werde somit teilweise kompensiert.

SP: «Zusehen und Abwarten ist kein Plan»
Zudem unterstrich der ehemalige Industrielle Schneider-Ammann sein Vertrauen in die Wirtschaft: «Immer wenn sie unter Druck kommt, wird die Wirtschaft noch kreativer.» Wenn nötig seien auch längere Arbeitszeiten für die Angestellten «der viel bessere Ausweg, als wenn Arbeitsplätze und Know-how verloren gehen». Die Sozialdemokraten halten wenig von den Aussagen des Volkswirtschaftsminister. Sie fordern politische Massnahmen gegen die Frankenstärke. «Zusehen und Abwarten ist kein Plan, sondern eine politische Bankrotterklärung», lässt sich SP-Präsident Christian Levrat in einem Communiqué vom Donnerstag zitieren.

Währungsspekulationen einschränken

Im Gegensatz zu Schneider-Ammann fordert die SP die Prüfung einer stufenweisen Anbindung des Frankens an den Euro. Ausserdem sollten Währungsspekulationen eingeschränkt werden: Banken müssten sich in einem Gentlements Agreement verpflichten, offensichtliche Transaktionen gegen den Franken zu unterlassen. Andere Sorgen macht sich der Preisüberwacher: Stefan Meierhans fordert, dass die Unternehmen den tiefen Eurokurs an die Konsumenten weitergeben. Seit Januar habe er doppelt so viele Beschwerden verärgerter Konsumenten erhalten wie in der Vorjahresperiode, sagte Meierhans in einem Interview mit der Westschweizer Zeitung «Le Temps». (awp/mc/upd/ps)

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