Frauenanteil im Nationalrat steigt auf 42 Prozent

Frauenanteil im Nationalrat steigt auf 42 Prozent
(Bild: Onidji)

Bern – Historisches Ergebnis: Im neu gewählten Nationalrat beträgt der Frauenanteil 42 Prozent, rund 30 Prozent mehr als noch vor vier Jahren. Wurden 2015 noch 64 Nationalrätinnen gewählt, waren es dieses Jahr 84.

2019 stieg der Frauenanteil überdurchschnittlich, wie Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) aufzeigen. Er liegt im Nationalrat neu bei 42 Prozent gegenüber 32 Prozent in der auslaufenden Legislatur. Das ist in Prozentpunkten ein weit stärkerer Anstieg als im Durchschnitt der letzten Wahlen.

Der Zahl der Frauen im Parlament war seit den Eidgenössischen Wahlen 2003 um jeweils 3 bis 4 Prozentpunkte angestiegen. Nur 2011 wurde eine Frau weniger gewählt als in der vorangegangenen Legislatur. Bereits vor vier Jahren hatte der Frauenanteil mit sechs Sitzen so stark zugelegt wie seit 1995 nicht mehr.

1971, als das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, gab es 11 Nationalrätinnen. 1975, als zum zweiten Mal Frauen in den Nationalrat gewählt wurden, schafften es 15 in die grosse Kammer mit 200 Sitzen.

«Frauen haben gewonnen»
Zu verdanken ist der Quantensprung beim Frauenanteil im Nationalrat nach Auffassung der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen (EFK) auch dem nationalen Frauenstreik vom Juni. Wie Kommissionspräsidentin Yvonne Schärli am Montag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte, habe sich der Einsatz für das Frauenthema auf breiter Ebene gelohnt. Endlich seien Frauen in der Schweizer Politik besser vertreten.

Laut Schärli arbeitete die EFK eng mit allen Frauendachverbänden zusammen, darunter dem Frauendachverband Alliance F, der zusammen mit der Operation Libero die Kampagne «Helvetia ruft» ins Leben rief. Die Kommission habe zudem seit März 2018 mit der überparteilichen Kampagne «halbe-halbe» die Basis mobilisiert.

Dass diese gewirkt hat, zeigt laut Schärli auch der Frauenstreik, an dem sich alle grossen Frauendachverbände beteiligt haben. So konnte das Thema Frauen in der Politik «in die Breite wachsen». Es sei nicht mehr nur als linke Thematik wahrgenommen worden.

Mehr SVP-Frauen
Dies widerspiegelt auch die Auswertung von BFS-Zahlen. Der Frauenanteil stieg im Vergleich mit 2015 vor allem rechts im politischen Spektrum. Die SVP steigerte sich auf einen Frauenanteil von 24,5 Prozent. Von ihren 53 Nationalratsmitgliedern sind 13 Frauen. Um 13,3 Prozentpunkte auf 35,7 Prozent konnten die Frauen bei der FDP zulegen. Sie sendet 19 Männer und 10 Frauen nach Bern.

Bei den links angesiedelten Parteien ist der Frauenanteil viel höher. Die SP hat gemäss BFS mit 25 Frauen gegenüber 14 Männern nach der EVP – diese hat zwei Nationalrätinnen und einen Nationalrat – prozentual den grössten Frauenanteil (64,1 Prozent).

Dahinter folgen die Grünen, die 17 Frauen und 11 Männer in den Nationalrat senden (Frauenanteil: 60,7 Prozent). Bei den Grünliberalen ist das Bild mit je 8 Sitzen pro Geschlecht ausgewogen. Bei der CVP und der EVP hingegen sank der Anteil Frauen.

Männer mussten Federn lassen
Die Nationalrätinnen haben ihre Sache in der vergangenen Legislatur offenbar gut gemacht: Nur vier Frauen wurden abgewählt. Das sind 13 Prozent und weit weniger als der bisherige Frauenanteil im Nationalrat von 32 Prozent.

Die Auswertung der absoluten Zahlen zeigt, dass vor allem bei der SVP und FDP Männer Federn lassen mussten und die Zahl der Frauen anstieg: Gegenüber 2015 mussten die FDP-Männer ein Minus von sieben Sitzen (Frauen plus drei) hinnehmen. Bei der SVP sank die Zahl der Männer um 14, die Anzahl Frauen stieg um zwei.

4652 Männer und Frauen hatten für einen der 200 Nationalratssitze kandidiert. Der Frauenanteil lag bei 40 Prozent. Die Zahlen beziehen sich auf jene 22 Kantone, in denen es ein Anmeldeverfahren für Kandidierende gab.

Die verstärkte Präsenz der Frauen auf den Wahllisten sei bereits ein erster Ausdruck der Sensibilität für das Frauenthema gewesen, sagte der Berner Politologe Werner Seitz gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Dass der Frauenanteil unter den Gewählten nun sogar grösser ist als auf den Wahllisten, ist erstmalig.»

Erstmals überhaupt schicken die Kantone Obwalden mit Monika Rüegger (SVP) und Zug mit Manuela Weichelt-Picard (Alternative – die Grünen, ALG) eine Nationalrätin nach Bern. Das Wallis, der Heimatkanton von Bundesrätin Viola Amherd, hat keine Nationalrätin mehr.

Der Kanton Uri wiederum hat mit Heidi Z’graggen (CVP) seine erste Ständerätin. Im Ständerat haben zwar erst fünf Frauen ihre Sitze auf sicher. Nach den zweiten Wahlgängen im November könnte es aber bis zu elf Ständerätinnen geben. Bisher sassen in der kleinen Kammer sechs Frauen. Fünf von ihnen stellten sich nicht zur Wiederwahl. (awp/mc/pg)

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