Christian Lienhard: «Ich muss mich für einen qualitativen Tourismus einsetzen»

Moneycab: Herr Lienhard, als Besitzer des Hof Weissbads fungieren 2’500 Aktionäre, wobei kein Aktionär mehr als 5% der Aktien halten darf. Wie funktioniert da die Kommunikation und wie können Entscheide schnell gefällt werden?

Christian Lienhard
: Die AG ist natürlich bestückt mit einem Verwaltungsrat (VR) und einer Geschäftsleitung (GL). Die Kommunikation funktioniert via Generalversammlung, dem VR und der GL. Die GL ist mit den nötigen Kompetenzen ausgestattet, dass sie sofort und effizient reagieren kann. Die GL ist vertreten durch den Delegierten des VRs, durch den Arzt und den Hotelier, sowie die stv. Direktion.


«Wir bauen eher auf den Stakeholder-Value als auf den Shareholder-Value.»  Christian Lienhard, Gastgeber im Hotel Hof Weissbad


Shareholder Value wird in der Wirtschaft vor allem als Aktionärsgewinn verstanden. Welche weiteren wichtigen Partner haben Sie im Hof Weissbad identifiziert und welche Bedeutung messen sie den einzelnen Anspruchsberechtigten zu?

Wir bauen eher auf den Stakeholder-Value als auf den Shareholder-Value. Längerfristig ist für unser Unternehmen als grösster privater Arbeitgeber wichtig, dass die Mitarbeiter, die Lieferanten, der Kanton, die Bevölkerung weiterhin profitieren können. Also der volkswirtschaftliche Nutzen (Steuern, Arbeitsplätze, Lieferanten-Rechnungen etc.) steht ganz klar vor den Dividenden.

Im Appenzell liegt alles nahe beieinander, die Leute kennen sich fast alle noch persönlich. Als grösster Arbeitgeber des Kantons stehen Sie unter besonderer Beobachtung. Wird Ihnen dabei das Appenzellerland zwischendurch auch mal zu eng?

Durch meinen Beruf als Hotelier bin ich noch viel unterwegs. Zudem ist man in einer Stunde in Zürich und in 20 Min. in St. Gallen. Mit der Beobachtung müssen Sie als Verantwortlicher leben können. Es gibt auch bei gutgehendem Geschäft immer wieder kritische Stimmen.

Sie sind als Kantonsrat auch politisch tätig. Eigentlich sind politische Ämter dank ihrer Sprengkraft ansonsten Gift für Hoteliers. Wie gehen Sie mit dieser potentiell heiklen Situation um?

Im Kantonsrat bin ich eigentlich nur aus einem Grund: Ich möchte mit entscheiden können, wie die Struktur für den Tourismus gestaltet wird. Das heisst, ich muss mich für einen qualitativen Tourismus einsetzen ? also eine Menge, die unser kleines Gebiet noch verträgt. Die Landschaft, die Natur muss unbedingt als wichtigstes Gut erhalten bleiben. Ich bin übrigens als «parteiloser» im Kantonsrat, der schon mal nach rechts und nach links agieren kann.

Das Hotel Hof Weissbad hat nebst dem Hotel- einen Privatklinikbereich. Wie verhindern Sie, dass bei den Hotelgäste ein «Spital-Groove» aufkommt?

Wir haben ganz klare Richtlinien in Bezug auf die Menge der Patienten. Dies ist übrigens auch gegeben durch die gesetzliche Bewilligung von 12 Zimmer als Privatspital.

Die Schweizer Hotellerie beklagt sich immer wieder darüber, dass qualifizierte Schweizer Fachkräfte entweder nicht zu finden oder nicht zu bezahlen seien. In Ihrem Hause fällt auf, dass sehr viele MitarbeiterInnen aus dem Appenzell kommen. Wie kommt das?

Man muss die Mitarbeitenden in das Geschehen der Unternehmung mit einbinden. Also teilhaben lassen am Erfolg oder auch Misserfolg. Abflachen der Hierarchie,
natürliche Autorität statt Macht, Partizipation statt Repression und Produktivität durch Vetrauen. Wir haben 55% Appenzeller Mitarbeitende und nur gerade 15% ausländische Mitarbeitende.

In den zehn Jahren seit Sie Hoteldirektor sind, haben Sie ausser in den ersten beiden Jahren immer einen bedeutenden Gewinn erwirtschaftet. Was machen Sie besser als viele Ihrer Kollegen?

Entscheidend sind 3 Punkte: Richtige Mischung der Gästesegmente, richtige Mitarbeiter-Politik und gute Finanzierung.

Das Hotel Hof Weissbad scheint ein ausbalanciertes, gut funktionierendes System mit einer optimierten Grösse zu sein. Aus der Informatik kennt man den Grundsatz «never touch a running system» (greife nie in ein funktionierendes System ein). Was können oder möchten Sie im Hotel noch verändern, verbessern oder neu gestalten?

Wir müssen nicht vergrössern, aber wir müssen immer wieder neue Weg finden, den Bedürfnissen des Zukunftsbild «Gesundheit» Rechnung zu tragen.

Zehn Jahre am gleicher Stätte sind für einen jungen Hotelier eine lange Zeit. Sind Sie mit dem Appenzell schon untrennbar verwurzelt oder zieht es Sie noch in andere Gefilde?

Durch meine Familie und die schulpflichtigen Kindern bin ich natürlich schon etwas mehr an den den Standort gebunden als ein anderer Hotelier. Aber man soll ja bekanntlich niemals nie sagen.

Wie sehen die typischen Gäste im Hof Weissbad aus, woher kommen sie und was suchen sie im Hof Weissbad?

Die Gäste sind sehr breit in allen Bereichen. Wir haben Gesunde und Kranke, Arme und Reiche, Junge und Alte. Die Durchmischung ist entscheidend.

Sie weisen eine traumhaft hohe Auslastung von 97% über das gesamte Jahr gemessen aus. Wie kommt diese zustande und wie lässt sie sich aufrecht erhalten?

Das ist das einzige Geheimnis, das wir für uns behalten.

Beim modernen Neubau des Restaurants «Flickflauder» und auch beim Engagement von Pia Schmid für die Neugestaltung sämtlicher Zimmer haben Sie bewusst mit der Tradition gebrochen. Wie kam dieser doch mutige Entscheid zustande?

Wir müssen uns auch um die Kundschaft für die nächsten 20 Jahre kümmern. So ist es wichtig, auch neue und vor allem moderne Elemente miteinbauen.

Sie haben zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?
Eine möglichst lange Gesundheit und eine glückliche Familie.

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