Franz Grüter, CEO green.ch

Franz Grüter, CEO green.ch

Franz Grüter, CEO green.ch.

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Grüter, als Provider sind Sie auf Bandbreite und Verfügbarkeit der vorhandenen Netzwerk-Infrastruktur angewiesen. Aktuell wird der Ausbau von Glasfasernetzen vorangetrieben. Wie weit ist die Schweiz hier im internationalen Vergleich und welche Dienstleistungen werden am meisten von der neuen Infrastruktur profitieren?

Franz Grüter: Vor allem Italien und die skandinavischen Länder bauen ihre Netze zurzeit zügig mit Glasfaser aus, aber auch die Schweiz liegt in dieser Hinsicht auf Kurs. Das Bakom schätzt, dass bis in zwei Jahren (2015) dreissig Prozent der privaten Haushalte an das Glasfasernetz angeschlossen sein werden. Die hohen Bandbreiten sind natürlich vor allem für die datenintensiven Dienste von Vorteil, dazu zählt auch digitales Fernsehen in HD-Qualität.

«Wir werden in den nächsten beiden Jahren vor allem weiter in unsere Rechenzentrums-Infrastruktur investieren und das Cloud-Angebot ausbauen.» Franz Grüter, CEO green.ch.

Wie sieht die Umsatzstruktur Ihrer verschiedenen Geschäftsbereiche aus und in welche Bereiche werden Sie in den beiden nächsten Jahren am meisten investieren?

Die green.ch AG ist in zwei Kernbereichen tätig: als Internet Service Provider und als Hoster. Im Bereich Internet bieten wir Zugang, Festnetztelefonie und digitales Fernsehen an. Unser Hosting-Angebot umfasst das herkömmliche Webhosting, virtuelle und dedizierte Server sowie die Unterbringung von Unternehmensdaten, entwickelt sich aber zunehmend in Richtung Cloud Computing. Dementsprechend werden wir in den nächsten beiden Jahren vor allem weiter in unsere Rechenzentrums-Infrastruktur investieren und das Cloud-Angebot ausbauen. Zudem stehen Investitionen im Bereich Digital TV an. Geplant sind zusätzliche Funktionen, neue Sprachpakete und zahlreiche Extras.

Zwei der grossen IT-Themen der letzten Jahre sind “Cloud” und “Outsourcing”. Wie haben diese Themen das Businessmodell von green.ch beeinflusst und wie sind die Marktchancen mit Cloud- und Outsourcing-Angeboten bei den Schweizer KMU?

Hinter den Schlagworten verbergen sich tatsächlich zwei grosse Trends. Markttreiber für Outsourcing sind die zunehmende Komplexität und die wachsenden Sicherheitsanforderungen für den Betrieb von Serverräumen oder ganzen Rechenzentren. Seit zwei bis drei Jahren fragen sich die Verantwortlichen in immer mehr Unternehmen, ob dieser Aufwand zu ihrem Kerngeschäft gehört oder lieber zugekauft werden sollte. Hinzu kommen verschärfte regulatorische Anforderungen in gewissen Branchen, wenn es um Datenaufbewahrung geht. Wir haben diesen Trend frühzeitig erkannt und entsprechende Angebote geschaffen. Dieser Geschäftsbereich wächst jährlich zweistellig.

«Im Gegensatz zu US-Unternehmen unterliegen wir nicht dem US Patriot Act, der amerikanischen Behörden ziemlich willkürlich Zugang zu fremden Daten erlaubt.»

Bei der Cloud sind die gestiegenen Übertragungsgeschwindigkeiten und die gleichzeitig fallenden Preise für Traffic die treibende Kraft. Wenn die Daten zentral im Rechenzentrum liegen, lässt sich jederzeit und von überall darauf zugreifen. Man kann im Büro, beim Kunden, im Pendelverkehr und zu Hause mit verschiedenen Geräten auf die gleichen, stets aktuellen Datensätze zugreifen. Das ist geradezu revolutionär. Wer diese Dienste nutzt, macht sich zwangsläufig Gedanken über die Sicherheit seiner Daten. Unser Vorteil ist, dass wir für Private und Unternehmen reine Schweizer Lösungen anbieten. Wer seine Daten optimal schützen will, ist hier am besten aufgehoben. Im Gegensatz zu US-Unternehmen, übrigens auch solchen, die in der Schweiz tätig sind, unterliegen wir nicht dem US Patriot Act, der amerikanischen Behörden ziemlich willkürlich Zugang zu fremden Daten erlaubt.

Für Cyber-Attacken bieten Datacenter ein lohnendes Ziel, da hier viele Kunden ihre Informationen lagern. China wird beschuldigt, für eine massive Zunahme der Internet-Attacken verantwortlich zu sein. Wie sehen Sie die Entwicklung der Attacken und wie präsentiert sich die Situation in der Schweiz?

Wir stellen ganz allgemein eine Zunahme von Attacken fest, auch die Internetkriminalität nimmt zu. Für die Abwehr von Attacken sind hochwirksame Firewalls und eine konstante Netzüberwachung unerlässlich. Bei green.ch bieten wir entsprechende Dienstleistungen an.

«Wir denken tatsächlich darüber nach, unser Triple Play (TV, Internet und Festnetztelefonie) um ein Mobiltelefonieangebot zu erweitern.»

Sie bieten nebst den Rechenzentrums-Dienstleistungen für Privatkunden unter anderem Internet, TV und Telefonie an. Gibt es bald auch ein Mobil-Telefonie-Angebot oder setzen Sie vollständig auf Voice over IP?

Voice over IP ist für uns unerlässlich, insbesondere bei Internetzugängen ohne Festnetzanschluss. Diese Angebote entwickeln sich sehr gut, denn durch das Telefonieren über VoIP sparen unsere Kunden 300 Franken pro Jahr für den Festnetzanschluss. Wir haben aber heute auch die klassische Festnetztelefonie im Angebot. Und wir denken tatsächlich darüber nach, unser Triple Play (TV, Internet und Festnetztelefonie) um ein Mobiltelefonieangebot zu erweitern.

Seit seiner Gründung im Jahre 1995 hat sich green.ch zu einem modernen Provider mit Kunden in über 80 Ländern entwickelt. Wie sieht Ihre Strategie für die kommenden Jahre aus, welche neuen Geschäftsbereiche oder Regionen möchten Sie noch erschliessen?

green.ch ist in der Schweiz verankert und hier stark. Einige Dienstleistungen, darunter Hosting, virtuelle Server oder Internetanbindungen für Unternehmen mit Filialen im Ausland, bieten wir auch international an; dafür nutzen wir entweder Onlinekanäle oder Partnerschaften. In China sind wir direkt vertreten, so können wir Unternehmen besser vor Ort unterstützen, wenn Anbindungen realisiert werden müssen. Eine weitere geografische Expansion ist nicht geplant. Wir wollen mit neuen virtuellen Diensten und einem attraktiven Triple-Play-Angebot organisch wachsen. Nachdem die Integration des Hosting-Anbieters Genotec nun abgeschlossen ist, bin ich aber auch für weitere Zukäufe offen.

Der Mangel an ausgebildeten Informatik-Ingenieuren und Fachkräften ist in der Schweiz ein Dauerthema. Wie gehen Sie damit um, da für Sie “Swissness” eine besondere Bedeutung hat?

Wir spüren den Fachkräftemangel ebenfalls und versuchen dem Trend entgegenzuwirken, indem wir seit Jahren Lernende ausbilden. Das duale Bildungssystem ist für die Schweiz wichtig, und wir machen sehr gute Erfahrungen, wenn wir den IT-Nachwuchs nach der Ausbildung weiterbeschäftigen können. Zudem haben wir begonnen, vermehrt Teilzeitmodelle anzubieten, was uns sehr hilft, denn einige Mitarbeitende wollen sich weiterbilden, selbst unterrichten oder ganz einfach mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen. Für uns ist zentral, dass wir sehr gut ausgebildete Fachkräfte finden und diese über einen längeren Zeitraum motiviert bei uns arbeiten.

«Nachdem die Integration des Hosting-Anbieters Genotec nun abgeschlossen ist, bin ich aber auch für weitere Zukäufe offen.»

Die Schweiz bietet im weltweiten Vergleich immer noch eine hohe Sicherheit, eine verlässliche Gesetzgebung und eine gut funktionierende Infrastruktur. Wie beurteilen Sie die Chancen, dass sich die Schweiz nach der “Bank für die Welt” zum “Daten-Tresor für die Welt” entwickelt und welche Rahmenbedingungen bräuchte es dafür?

Dieser Trend ist in vollem Gang. Die Schweiz ist ein äusserst attraktives Land für Daten, das belegt auch die neuste Studie der Economiesuisse. Der Datenschutz oder, besser gesagt, die Rechtssicherheit ist eine Grundvoraussetzung dafür. Zudem profitiert die Schweiz von ausgezeichneter Stabilität, Sicherheit und Infrastruktur. Unsere Fachkräfte gelten als sehr gut ausgebildet und leistungsfähig. Wir konnten bereits einige internationale Unternehmen dafür gewinnen, die Schweiz für die Unterbringung ihrer Daten zu wählen. So betreiben wir beispielsweise in Lupfig das europäische Cloud-Computing-Rechenzentrum von HP. Wir stellen auch die Infrastruktur und die Arbeitsplätze für den Europasitz des US-Sicherheitsunternehmens AppRiver bereit.

Als Mitinhaber und VR-Präsident von green.ch tragen Sie auch ein unternehmerisches Risiko. Wo sehen Sie aktuell die grössten Risiken, wo die grössten Chancen?

Der Wettbewerb bei den Internetanschlüssen ist knallhart. Die Preise werden weiter sinken, und wir stehen vor der Herausforderung, diese sinkenden Umsätze zu kompensieren. Wir sehen die Potenziale bei den von Ihnen genannten Trends Outsourcing und Cloud-Computing und schöpfen diese optimal aus.

«Die Sicht der Unternehmer zu vertreten und gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und die Förderung neuer Arbeitsplätze zu schaffen, ist mir ein Anliegen.»

Sie sind politisch aktiv als Kantonalpräsident der SVP Luzern. Während früher Unternehmer häufig politisch aktiv waren, haben sich in jüngerer Zeit viele Unternehmer wegen der negativen Folgen der Doppelbelastung aus der Politik verabschiedet. Wie gehen Sie mit der Balance zwischen Beruf, Familie und Politik um?

Diese Balance in Einklang zu halten, ist natürlich eine Herausforderung. Ich bin voll engagiert, selten ist ein Abend nicht verplant, und an den Wochenenden bin ich auch oft aktiv eingebunden. Ich habe aber hier bei green.ch ein sehr gut eingespieltes Team, das mich unterstützt. Und ich plane für mich und meine Familie bewusst Freiräume ein. Es macht mir sehr viel Freude, mich politisch zu engagieren. Ich kann nachvollziehen, dass für viele die Doppelbelastung inzwischen zu hoch ist, bedaure aber trotzdem, dass sich einige profilierte Unternehmer aus der Politik verabschiedet haben. Die Sicht der Unternehmer zu vertreten und gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und die Förderung neuer Arbeitsplätze zu schaffen, ist mir ein Anliegen.

Zum Schluss des Interview haben Sie noch zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?

Ich wünsche mir, dass die Politik den Wirtschaftszweig ICT als Leistungsträger besser wahrnimmt und die Standortvorteile der Schweiz und deren Potenzial, insbesondere für die ICT-Branche, erkennt und vermittelt. Der zweite Wunsch ist ein ganz persönlicher: Ich hoffe, dass ich mir einen lange gehegten Wunsch, nämlich eine Motorradtour durch Südamerika, in absehbarer Zeit erfüllen kann.

Der Gesprächspartner:
Franz Grüter ist CEO und VR-Präsident von Green.ch. Der diplomierte Marketingplaner und Elektrotechniker war zehn Jahre in der Geschäftsleitung der Bica AG im Bereich elektronische Zahlungsterminals tätig. Danach wurde er selber IT- und Internet-Unternehmer. 1996 gründete er seine erste Firma, die er an den US-Technologiekonzern Via Net.Works verkaufte. Er leitete den schweizerischen Ableger, den er 2005 kaufte und mit The Internet Company (TIC) zusammenlegte. 2008 übernahm er Green.ch, das er mit TIC fusionierte. Grüter ist verheiratet und hat drei Kinder.

Das Unternehmen:
green.ch AG wurde 1995 gegründet und gehört heute zu den führenden ICT-Dienstleistern der Schweiz. Innerhalb der green.ch Gruppe betreibt die Green Datacenter AG das Rechenzentrumsgeschäft, während die green.ch AG Privat- und Unternehmenskunden mit hochwertigen Internetanbindungen, Hosted Services, Multimediadiensten und Datensicherungslösungen bedient. Die Unternehmensgruppe betreibt eine eigene hochverfügbare Infrastruktur sowie vier moderne Rechenzentren.

Die green.ch Gruppe hat ihren Hauptsitz in Brugg, eine Filiale in Lonay (VD) sowie eine Niederlassung in China. Insgesamt betreut das Unternehmen 100‘000 Kunden in über 80 Ländern. Die green.ch Gruppe setzt bei allen Tätigkeiten auf drei bewährte Werte: Schweizer Qualität, Zuverlässigkeit und Kontinuität.

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