Pascal Bieri, Mitgründer Planted, im Interview

Pascal Bieri, Mitgründer Planted, im Interview
Pascal Bieri, Mitgründer Planted. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Bieri, Planted ist seit der Gründung 2019 enorm gewachsen. Nun haben Sie Mitte Juni in Süddeutschland eine weitere Produktionsstätte in Betrieb genommen. Was ermöglicht sie dem Unternehmen an zusätzlicher Produktionskapazität?

Pascal Bieri: Die neue Anlage in Memmingen ist Europas modernste Produktionsstätte für pflanzenbasiertes Fleisch und ermöglicht es uns, mittelfristig täglich über 20 Tonnen biostrukturierte Proteine herzustellen. Diese Menge entspricht in etwa der aktuellen Kapazität des Standorts in Kemptthal, wir verdoppeln unsere Produktionskapazitäten also insgesamt.

Die neue Anlage in Memmingen gilt als modernste Produktionsstätte für biotrukturierte Proteine. Wie unterscheidet sie sich vom Werk in Kemptthal?

Die grössten Unterschiede liegen ganz klar in der Grösse und dem vollen Fokus auf die Fermentationstechnologie. Das neue Areal in Memmingen umfasst circa 5000 Quadratmeter. Die Produktion in Memmingen ist darauf spezialisiert, innovative Verfahren wie die Fermentation noch effizienter zu nutzen. Das erlaubt uns, Produkte wie unser äusserst erfolgreiches «planted.steak» weiter zu skalieren. Gleichzeitig setzen wir in Memmingen die modernste Technologie ein, um die Produktion noch nachhaltiger und ressourcenschonender zu gestalten. Kemptthal war der erste Schritt – Memmingen ist der nächste grosse Entwicklungssprung.

«Kemptthal war der erste Schritt – Memmingen ist der nächste grosse Entwicklungssprung.»
Pascal Bieri, Mitgründer Planted

Was waren die ausschlaggebenden Gründe für den Standort Memmingen?

Deutschland ist momentan unser grösster Markt und wir möchten aus Nachhaltigkeits- sowie Effizienzgründen so nahe an unseren Geschäftskundinnen sowie Endkonsumenten produzieren. Wir werden in Memmingen hauptsächlich für Deutschland und weitere EU-Märkte produzieren. Darüber hinaus profitieren wir von qualifizierten Fachkräften in der Region, von finanzieller Standortförderung, der fortschrittlichen Infrastruktur und Verkehrsanbindung und einem starken Netzwerk an nachhaltigen Technologien und Partnern, wie der Alois Müller Gruppe, mit der wir in Richtung CO2 Neutralität arbeiten können. Zudem bringt die Nähe auch grosse Vorteile beim Technologietransfer, besonders wichtig für unsere Fermentationstechnologie.

Planted
Die neue Planted-Produktionsstätte in Süddeutschland. (Foto: Planted)

Sie wollen am neuen Standort vor allem auch die Produktgruppe um das 2024 eingeführte «planted.steak» erweitern und weiterentwickeln. Kann man «planted.steak» als Ihr «Vorzeigeprodukt» bezeichnen?

Ja, das «planted.steak» kann man durchaus als unser Vorzeigeprodukt bezeichnen. Es steht exemplarisch dafür, was uns bei Planted wichtig ist: höchste Qualität, ein authentisches Geschmackserlebnis und die Verwendung natürlicher Zutaten ohne Zusatzstoffe. Zudem spiegelt es unsere Innovationskraft wider, sowohl in der Entwicklung neuer Technologien, wie der Fermentation, als auch in unserem Bestreben, nachhaltige und nährstoffreiche Produkte zu erschaffen. Mit dem neuen Standort möchten wir diese erfolgreiche Produktreihe gezielt erweitern und das «planted.steak» kontinuierlich verbessern, um noch mehr Menschen für pflanzliche Proteine zu begeistern.

«Das planted.steak steht exemplarisch dafür, was uns bei Planted wichtig ist: höchste Qualität, ein authentisches Geschmackserlebnis und die Verwendung natürlicher Zutaten ohne Zusatzstoffe.»

Sie erweitern Ihre Produktpalette fortlaufend, auch über eine breite Palette von Geschmacksrichtungen. Wie lässt sich beschreiben, wie aus einer Idee ein fertiges Produkt entwickelt wird?

Die Entwicklung neuer Produkte bei uns ist ein sehr strukturierter und gleichzeitig kreativer Prozess. Unser Team aus 65 Mitarbeitenden in der Forschung und Entwicklung arbeitet eng zusammen. Am Anfang stehen die Beobachtung aktueller Food-Trends sowie der direkte Austausch mit unserer Kundschaft und Partnern – sie liefern uns wertvolle Inspiration. Da Essen stark kulturell geprägt ist, passen wir unsere Produkte gezielt an verschiedene Regionen an, um die Umstellung auf pflanzliche Proteine so leicht wie möglich zu machen.

Dabei setzen wir ausschliesslich auf hochwertige, rein pflanzliche sowie natürliche Zutaten und nutzen unterschiedliche Herstellungsverfahren, die zu unseren gewünschten Eigenschaften passen. Anschliessend durchlaufen die Produkte zahlreiche Verkostungsrunden, auch bspw mit diversen Küchenchefs, und werden immer wieder optimiert – sowohl hinsichtlich Textur und Aroma als auch mit Blick auf ihre Nährstoffzusammensetzung. Erst wenn ein Produkt geschmacklich und ernährungsphysiologisch unsere hohen Standards erfüllt, geht es in die Testproduktion und dann in die grossflächige Herstellung. So stellen wir sicher, dass jedes neue Produkt nicht nur innovativ ist, sondern auch unseren Anspruch an Qualität und Nachhaltigkeit zu 100 Prozent erfüllt.

«Da Essen stark kulturell geprägt ist, passen wir unsere Produkte gezielt an verschiedene Regionen an.»

Die Herstellung eines «planted.steak» verursacht 97 Prozent weniger CO2-Emissionen und benötigt 81 Prozent weniger Wasser im Vergleich zu konventionellem Rindfleisch. Wie nachhaltig sind denn die Produktionsstätten selbst?

Nachhaltigkeit spielt eine zentrale Rolle bei Planted, egal an welchem Produktionsstandort. In Kemptthal haben wir ein aussergewöhnliches Mass an Energieeffizienz erreicht. Wir verwenden 100% erneuerbare Energie (Schweizer Wasserkraft und Photovoltaik). 80 % unseres Energiebedarfs wird zudem durch die Wiederverwendung von Abwärme gedeckt.

In Memmingen wird das Werk gemeinsam mit der ortsansässigen Alois-Müller-Gruppe, einem Experten für nachhaltige Energiekonzepte, umweltfreundlich und energieeffizient ausgerichtet, so dass man in Richtung CO2-Neutralität arbeiten kann. Planted setzt auf Brunnenkühlung und die Wärmeversorgung erfolgt durch ein nachhaltiges und regional ausgerichtetes Nahwärmenetz samt Biomasseheizwerk im angrenzenden Gewerbegebiet. Solarpanels auf dem Dach liefern grünen Strom.

Woher bezieht Planted die Zutaten?

Uns liegt der lokale Anbau unserer Rohstoffe sehr am Herzen. Die meisten unserer Rohstoffe stammen momentan aus Westeuropa. Wann immer möglich, versuchen wir Rohstoffe aus der Schweiz zu beziehen und suchen dafür den engen Austausch mit Schweizer Lieferanten. So sind wir zum Beispiel Gründungsmitglied der Swiss Protein Association, um das Thema «alternative Proteine» auf der politischen Agenda proaktiv voranzutreiben.

Im Mai hat das Bundesgericht Planted verboten, Ihre Hühnchen-Alternative «planted.chicken» zu nennen. Die Bezeichnung sei irreführend. Sie haben angekündigt, das Urteil zu akzeptieren. Dennoch – was bedeutet das für Planted und Ihre Mitbewerber?

Was die konkreten Grundlagen sowie Konsequenzen betrifft – etwa hinsichtlich Verpackungen oder Umstellungen – warten wir die genaue und schriftliche rechtliche Beurteilung und die Fristen der zuständigen Behörden noch ab. Bis dahin machen wir weiter wie bisher. Auch punkto Namensgebung bleibt bis dahin alles beim Alten. Selbstverständlich respektieren wir das Urteil und setzen es um, sobald es erforderlich ist. Unsere Mission ist nicht an Begriffe geknüpft, sondern an guten Geschmack und echte Wirkung. Natürlich helfen Begriffe aus der Tierwelt vielen Konsument:innen dabei, pflanzliche Lösungen intuitiv einzuordnen und problemlos in ihre gewohnten Rezepte zu integrieren.

«Unsere Mission ist nicht an Begriffe geknüpft, sondern an guten Geschmack und echte Wirkung.»

Könnte «planted.steak» das gleiche Schicksal erreichen?

Nein, das Bundesgericht hat ausdrücklich bestätigt, dass Begriffe wie «Steak», «Wurst» oder «Schnitzel» weiterhin verwendet werden dürfen und damit auch die Haltung des EDI unterstützt. Das ist für uns ein starkes Zeichen für die Relevanz unserer Arbeit und für den gesellschaftlichen Wandel, der längst im Gang ist. Unsere Produkte bleiben, was sie sind: beliebt, verständlich und klimafreundlich.

Wie herausfordernd ist die regulatorische und rechtliche Situation hinsichtlich Zulassungen und Kennzeichnungsvorschriften generell, auch hinsichtlich der verschiedenen Märkte, in denen Sie Ihre Produkte absetzen?

Die regulatorische und rechtliche Situation ist durchaus herausfordernd, da sich die Zulassungs- und Kennzeichnungsvorschriften in den einzelnen Märkten stark unterscheiden. Das bedeutet für uns einen hohen Aufwand, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben und unsere Produkte und deren Etikettierung kontinuierlich an die jeweiligen länderspezifischen Vorgaben anzupassen. Gleichzeitig ist es uns wichtig, transparent und verständlich zu kommunizieren, um das Vertrauen der Verbrauchenden zu stärken. Ganz generell würden wir es sehr begrüssen, wenn die regulatorische Seite von gut aufgeklärten, mündigen Konsument:innen ausgehen würde – die Tendenz zur Überregulation macht aus verschiedenen Gesichtspunkten überhaupt keinen Sinn.

Wie eingangs erwähnt, ist Planted in den letzten Jahren stark gewachsen. Das neue Werk ist ein nächster Wachstumsschritt – welches sind die grössten Herausforderungen, die sich im Zusammenhang mit der Expansion stellen?

Die grössten Herausforderungen bei der Expansion liegen vor allem darin, unser Wachstum nachhaltig und gleichzeitig effizient zu gestalten. Das neue Werk ermöglicht uns zwar, die Produktionskapazitäten deutlich zu steigern, doch damit gehen auch steigende Anforderungen an Logistik, Qualitätssicherung, Personalaufbau und Prozessoptimierung einher. Zudem wollen wir sicherstellen, dass unsere Werte – wie der Fokus auf natürliche Zutaten und hohe Produktqualität – auch bei grösseren Mengen unverändert bleiben. Eine weitere Aufgabe ist es, die Abläufe zwischen Entwicklung, Produktion und Vertrieb reibungslos zu verzahnen, um der wachsenden Nachfrage in unseren Märkten gerecht zu werden.

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