LFDE: Die Kunst der Täuschung

LFDE: Die Kunst der Täuschung
Olivier de Berranger, CEO von La Financière de l’Échiquier. (Bild: LFDE/mc)

Von Olivier de Berranger, CEO von La Financière de l’Échiquier (LFDE) | September 2025

Gemäss der Liste der Willensmängel in Artikel 1137 des französischen Zivilgesetzbuchs liegt eine arglistige Täuschung vor, wenn ein Vertragspartner die Zustimmung des anderen durch manipulative Handlungen oder Lügen erlangt.

Donald Trump stellt sich selbst als König der Verhandlungskunst dar , Europa hingegen scheint ein Meister der Unterwerfung zu sein. Die „Handelsgespräche“ mit den USA bestanden im Prinzip darin, dass Ursula von der Leyen mitten im Sommer auf einen der privaten Golfplätze des US-Präsidenten in Schottland zitiert wurde, wo sie über die Erhebung von Zöllen in Höhe von 15 % informiert wurde. Zwar solle es Ausnahmen geben, wie die Luftfahrt oder bestimmte strategische Rohstoffe, aber diese stehen noch nicht einmal fest.

Bei einigen sorgte dies für Erleichterung, da diese Zölle niedriger sind als die 20 %, die am Liberation Day im April angekündigt worden waren, und insbesondere niedriger als die 30 %, die für den Fall angedroht wurden, dass man keine Einigung erzielt. Dennoch ist diese Zahl im Vergleich zu den bis dahin geltenden 1-2 % extrem hoch und stellt den höchsten Zollsatz seit fast einem Jahrhundert dar.

Als ob das noch nicht genug wäre, verpflichtet sich die Europäische Union ferner, in den nächsten drei Jahren Brennstoffe (LNG und Öl) im Wert von 750 Milliarden US-Dollar zu importieren. Des Weiteren hat sie zugesagt, mehr Computerchips und Rüstungsgüter zu kaufen. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, verpflichtet sich die EU zu Investitionen in Höhe von 600 Mrd. US-Dollar in den USA – als ob sie auf heimischem Boden nicht schon genug Investitionsbedarf hätte. Anstatt also seine Überschüsse für die Finanzierung seiner eigenen Unternehmen zu nutzen, investiert Europa weiter auf der anderen Seite des Atlantiks. Im „Gegenzug“ sollen die europäischen Importzölle auf US-Produkte auf 0 % gesenkt werden…

In einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung versuchte Ursula von der Leyen, sich mit der Aussage zu rechtfertigen, das Abkommen sei „ein starker, wenn auch nicht perfekter Deal“. Die „Stärke“ dieses Deals ist allerdings zweifelhaft angesichts der Unberechenbarkeit und Launenhaftigkeit, die der 47. Präsident der USA bei seinen Entscheidungen an den Tag legt. Es stimmt jedoch auch, dass Europa sehr gut darin ist, sich selbst zu blockieren. Nach Ansicht Mario Draghis behindern die durch Regeln und Normen bedingten internen Barrieren in Europa den Handel stärker als die US-Zölle . Der IWF schätzt, dass die wirtschaftliche Belastung, die durch interne, nicht zollbedingte Handelsbarrieren in der EU verursacht wird, Zöllen in Höhe von 44 % für das verarbeitende Gewerbe und sogar 110 % für den Dienstleistungssektor entspricht . Vor diesem Hintergrund beträgt der Handel zwischen den EU-Mitgliedstaaten weniger als die Hälfte des Handels zwischen den US-Bundesstaaten. Mario Draghi merkt ferner an, dass die Umsetzung der DSGVO in Europa die Gewinne von kleinen, mittleren und Midcap-Unternehmen um 12 % reduziert habe.

Die Schweiz ihrerseits wird mit 39 % Zöllen und einigen wenigen sektoralen Ausnahmen einer Schocktherapie unterzogen. Aber ist es höchste Zeit, dass Europa reagiert und mit wiedererlangter Stärke seine Rolle als weltweit führender Binnenmarkt behauptet. Wenn, in Anlehnung an Mark Twain, die Gerüchte über den Tod der EU stark übertrieben sind, dann ist jetzt die Zeit zum Handeln gekommen. Ansonsten würde ein mögliches zukünftiges Abkommen zum Wiederaufbau der Ukraine ebenfalls in einem Fiasko enden. (LFDE/mc/ps)

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Die in diesem Dokument ausgedrückten Meinungen entsprechen den Einschätzungen des Fondsmanagers. LFDE übernimmt dafür keine Haftung.

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