Meret Schneider: Milchmarkt-Showdown in der Sommersession

Meret Schneider: Milchmarkt-Showdown in der Sommersession
Meret Schneider, Nationalrätin von 2019 bis 2023, Grüne Schweiz. (Bild: zVg)

Wer meine Texte schon länger liest und meine parlamentarische Arbeit verfolgt, weiss: die Situation auf dem Milchmarkt beschäftigt mich seit Jahren stark. Nicht nur, dass ich sämtliche Publikationen und Artikel in der Bauernzeitung, dem Schweizer Bauer und der Landwirtschaftszeitung “die Grüne” lese – ich analysiere auch jeden Marktbericht der Schweizer Milchproduzenten und der Branchenorganisation Milch (BOM). Zu recht könnte man sich fragen: Warum interessiere ich mich als Person, die selber nicht einmal Milch konsumiert, so stark für diese Thematik und warum werde ich politisch dazu aktiv?

Die Antwort ist so einfach wie für einige auch immer wieder überraschend: Zum einen habe ich eine grosse Affinität zur Berglandwirtschaft und kleinbäuerlichen Betrieben, zum anderen ist die Milchproduktion in einem Grasland wie der Schweiz ein wichtiger Branchenzweig, der eigentlich eine standortgerechte Landwirtschaft befördern könnte. Eigentlich, weil in diesem Markt stets Fehlanreize und Preisdruck einen Strukturwandel befeuern, der zu einer Verlagerung der Milchproduktion vom Berg- ins Talgebiet führt und dadurch Flächen zur Milchproduktion genutzt werden, die sonst für die menschliche Ernährung zur Verfügung stünden.

Einer dieser Fehlanreize ist die sogenannte Verkäsungszulage für den Veredelungsverkehr. Heute ist es möglich, Milch aus dem Ausland zu importieren, um sie in der Schweiz zu Käse zu verarbeiten. Wie eine Recherche vom «Schweizer Bauer» mit dem Titel «Käserei will billige Milch importieren» gezeigt hat, hatte eine Käserei im St.Galler Rheintal vom Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit BAZG die Bewilligung erhalten, drei Millionen Kilo Frischmilch aus Deutschland zollfrei einzuführen, zu vollfettem Halbhartkäse zu veredeln und wieder nach Deutschland zu exportieren, wie “Die Grüne” berichtete. Dort darf dieser Halbhartkäse im Verkaufsregal zwar nicht das Schweizer Kreuz tragen, er konkurrenziert aber «echten» Schweizer Käse.

Die Schweiz hat die besten topographischen Bedingungen, um Milch zu produzieren, die auch in genügender Menge vorhanden wäre. Die “Veredelung” deutscher Milch zu Schweizer Käse, während genügend Milch im Inland vorhanden wäre, ist angesichts dieser Tatsache einigermassen absurd und kann nur geschehen, weil dieser Prozess über die Verkäsungszulage, die Schweizer Käsereien für das Verkäsen von Schweizer Milch erhalten, quersubventioniert wird. Käsereien und die Branchen begründen diesen Prozess mit der Auslastung der Kapazitäten – was an sich ja noch kein grösseres Problem darstellen müsste.

Der Knackpunkt ist jedoch die Stellung, die sie sich dadurch auf dem Markt schaffen und der Druck, den sie damit auf Schweizer Milchpreise ausüben können. Wenn Milch aus dem Ausland importiert und in der Schweiz zu Käse verarbeitet wird, dann werden die Marktmechanismen des Inlandmarktes ausgehebelt und mit dem Veredelungsverkehr wird versucht, den Schweizer Milchpreis zu drücken. Denn anders als vielfach kommuniziert, ist aktuell mehr als genug Milch und Butter im Inland vorhanden – Importgesuche für Milch dienen aktuell nur der Milchindustrie auf Kosten der Milchproduzierenden – also der Schweizer Bäuerinnen und Bauern. Meine Motion, die in dieser Session im Rat behandelt wird, setzt an denau diesem Punkt an. Sie verlangt nämlich, die Bedingungen für die Vergabe der Verkäsungszulage so zu ändern, dass Käsereien, die ein Importgesuch für Milch für den Veredelungsverkehr stellen, keinen Anspruch mehr auf die Verkäsungszulage haben. Dies gilt auch dann, wenn diese Käsereien neben der Verarbeitung von Importmilch auch aus Schweizer Milch Käse für den Binnenmarkt produzieren.

Damit würde der Anreiz, billige Importmilch zu importieren, wegfallen, da sich die Verkäsung nicht mehr lohnen würde und nicht mehr quersubventioniert werden könnte. In meinen Augen ist es paradox, nur wegen Überkapazitäten der Milchindustrie durch die Verarbeitung von Importmilch die Schweizer Käseexporte direkt zu konkurrenzieren, insbesondere weil sich der Schweizer Käse sein internationales Renommée auch dank der durch den Bund kofinanzierten Massnahmen erarbeitet hat. Da auf die Branchenorganisationen BOM und BOB (Branchenorganisation Butter) in Bezug auf die Stärkung der Position der Bauern kein Verlass ist, weil dort eine Übervertretung der Milchindustrie herrscht, gilt es nun, den Veredelungsverkehr zwar nicht zu verbieten, aber zumindest keine finanziellen Anreize dafür zu schaffen.

Und für einmal bin ich richtig zuversichtlich: in seiner Sessionspost empfiehlt auch der Schweizer Bauernverband die Annahme meines Vorstosses, genauso wie die Kleinbauern und bereits im Vorfeld haben mich einige Zuschriften von Bäuerinnen und Bauern erreicht, die sich für den Vorstoss bedankten – ein absolutes Novum für mich, das mich natürlich von Herzen freut, tausend Dank für die Unterstützung!


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