Europa wirbt um Chinas Geld

Europa wirbt um Chinas Geld
Euro-Rettungsschirm

Peking – Im Kampf gegen die Schuldenkrise buhlen die Euro-Länder um chinesische Milliarden. Der Chef des Euro-Rettungsschirms EFSF, Klaus Regling, warb am Freitag in Peking für Investitionen in Anleihen von Euro-Krisenländern. Für den Rettungsschirm sei es sehr wichtig, mit den grossen Investoren wie China in Kontakt zu stehen.

Auf dem Euro-Krisengipfel war in der Nacht zu Donnerstag beschlossen worden, einen neuen Sondertopf zu schaffen. Dieser Fonds investiert in Anleihen, die der EFSF teils absichert. Bis November wollen Vertreter der Euro-Gruppe und der EFSF mit privaten und öffentlichen Geldgebern weltweit das Interesse an zusätzlichen Staatsanleihen aus Euro-Ländern ausloten.

China will abwarten
Chinas Vizeaussenministerin Fu Ying begrüsste in Peking zwar die «positiven Ergebnisse» des Euro-Krisengipfels. Vor zusätzlichen Investitionen in einen erweiterten europäischen Rettungsschirms wolle China aber abwarten, wie die technischen Details des geplanten neuen Investmentvehikels aussehen, sagte Vizefinanzminister Zhu Guangyao. Er nannte seine Gespräche mit EFSF-Chef Regling «sehr professionell». Regling habe ihn informiert, wie die Schlagkräftigkeit des Rettungsschirms vergrössert werden solle.

China ist schon heute ein wichtiger Investor in EFSF-Anleihen. Zhu Guangyao rechnet erst Ende November oder Anfang Dezember damit, dass die geplanten neuen Rahmenbedingungen für den neuen Investmentmechanismus klar sind. Exportweltmeister China hält die weltgrössten Devisenreserven. Bei den Investitionen gehe es nicht um politische Bedingungen, sagte Regling auf Fragen, ob die chinesische Seite im Gegenzug für seine Finanzhilfe ein Entgegenkommen wie etwa bei der Gewährung des Marktwirtschaftsstatus durch die EU erwarte.

Positive Stimmung an den Finanzmärkten
Unterdessen setzte sich an den Märkten die positive Stimmung nach den Beschlüsse des EU-Gipfels fort. Der deutsche Leitindex Dax stieg bis Freitagmittag um mehr als ein Prozent, nachdem er am Donnerstag um 5 Prozent zugelegt hatte.

Die 17 Staats- und Regierungschefs der Euroländer hatten in Brüssel neben dem neuen Sondertopf auch einen 50-prozentigen Schuldenerlass für Griechenland vereinbart. Wegen der unsicheren Lage anderer Sorgenkinder wie Italien wird zudem die Schlagkraft des Rettungsfonds EFSF auf eine Billion Euro vervielfacht. Dazu kommen die Rekapitalisierung von Banken und ein Sparprogramm in Italien. Details zu den Beschlüssen müssen in den kommenden Wochen von den EU-Finanzministern ausgearbeitet werden.

Hilfsaktion macht Spannungen deutlich
Die Hilfsaktion für den Euro hatte aber innerhalb der EU auch Spannungen deutlich gemacht. Die zehn Nicht-Mitglieder der Eurozone bestanden auf einem informellen EU-Gipfel im Kreis aller 27 Mitglieder. Polens Regierungschef Donald Tusk mahnte, die EU dürfe nicht in die Eurogruppe und einen unbedeutenden Rest zerfallen.

Der britische Premierminister David Cameron rief die EU-Mitglieder ohne Euro am Freitag zum Zusammenhalt auf. Grossbritannien und die anderen Länder ausserhalb der Eurozone müssten sicherstellen, dass ihre nationalen Interessen nicht durch Veränderungen in der EU gefährdet werden, die wegen der Krise der Währung auf den Weg gebracht würden, sagte Cameron auf dem Weg nach Australien.

Ruppiger Wortwechsel
Beim EU-Gipfel am vergangenen Sonntag war es zwischen Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Cameron zu einem ruppigen Wortwechsel gekommen. Sarkozy hatte mit Blick auf Cameron gewettert «Es macht uns krank, dass Sie uns dauernd kritisieren und uns sagen, was wir tun sollen.» Cameron hatte die Politik der Eurozone in den vergangenen Wochen wiederholt scharf kritisiert.

Sarkozy selbst bereitete Frankreich auf neue harte Sparanstrengungen vor. Das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr werde wahrscheinlich nur 1 Prozent betragen und nicht wie ursprünglich erwartet 1,75 Prozent, sagte der Staatschef am Donnerstagabend in einem Fernsehinterview. Um das Staatsdefizit zu senken, seien Einsparungen oder zusätzliche Einnahmen in Höhe von sechs bis acht Milliarden Euro notwendig.

Neue französische Sparpläne erwartet
Wegen der Schuldenprobleme ist auch Frankreichs Top-Bonität in Gefahr. Nach Angaben von Sarkozy sollen die neuen französischen Sparpläne nach dem G20-Treffen (3./4.11.) in Cannes vorgestellt werden.

Italiens Aussenminister Franco Frattini sagte der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» mit Blick auf Frankreich: «Ich weigere mich, Italien als Teil des Problems zu sehen, wo doch Frankreich am Zug wäre, das Problem der griechischen Anleihen in den französischen Banken zu lösen.» Italien selbst ist aber hoch verschuldet, unter massivem Druck aus Brüssel hatte Premierminister Silvio Berlusconi konkrete Pläne für Reformen und Schuldenabbau vorgelegt.

Unterdessen versuchte die griechische Regierung nach dem Euro-Krisengipfel, Ängste in der Bevölkerung vor Verlusten von Sparguthaben und Pensionen zu zerstreuen. Premierminister Giorgos Papandreou versicherte in einer Fernsehansprache, dass die Beschlüsse von Brüssel den Rentenkassen oder dem Bankensystem des Landes keine Probleme machen würden. «Wenn wir diese Schlacht gewonnen haben – da bin ich optimistisch – werden wir gemeinsam ein produktives Griechenland schaffen.» (awp/mc/pg)

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