Global View der Bank Sarasin: Wann kommt die Konjunkturwende?

Global View der Bank Sarasin: Wann kommt die Konjunkturwende?

Jan Amrit Poser, Leiter Research und Chefökonom der Bank Sarasin.

Basel – Die Entscheide der europäischen und amerikanischen Notenbanken haben die Märkte stabilisiert, dennoch bleiben viele Unsicherheiten hinsichtlich des Konjunkturverlaufs. Der neuste Global View aus der Research-Abteilung der Bank Sarasin erwartet für das vierte Quartal 2012 weitere, weitreichende politische Massnahmen. Nach der Spätsommer-Rally zeigen Aktien nur noch limitiertes Potenzial und es ist mit einer Korrektur zu rechnen. Die Renditen von Staatsanleihen dürften seitwärts tendieren und erst mit einem globalen Aufschwung im 1Q13 merklich steigen. Die zusätzliche Dollar-Liquidität sollte den Greenback im vierten Quartal abschwächen. Unternehmensanleihen bleiben weiter attraktiv.

Die Ankündigungen der Zentralbanken haben die Wirtschaftsstimmung auf tiefem Niveau stabilisieren können. Um jedoch einen Aufschwung einzuleiten, bedarf es weitreichender politischer Massnahmen, die womöglich durch erneute Finanzmarktturbulenzen im vierten Quartal 2012 erzwungen werden müssen. Die Unsicherheit über den weiteren Konjunkturverlauf dürfte aus diesen Gründen mindestens bis Ende Jahr anhalten. Längerfristig sollten sich Anleger statt auf eine Hyperinflation oder einen globalen Schuldenschnitt auf die «Finanzielle Repression» einstellen. Diese zielt darauf ab, den Schuldenstand über die Zeit zu reduzieren, indem die Zinsen unter dem Nominalwachstum gehalten werden. Der Nebeneffekt ist jedoch, dass ein schleichender Transfer von Gläubigern zu Schuldnern, von Sparern zu Hypothekarnehmern und von zukünftigen zu heutigen Pensionären erfolgt.

«Makroökonomisch und politisch betrachtet steht kein einfaches Quartal bevor. Wir denken, dass die Entscheidungsträger in den grossen Wirtschaftsmächten zu weitreichenden Massnahmen gezwungen sein werden, um einen neuen Aufschwung einzuleiten. Der Schuldenabbau und die Notwendigkeit zu sparen, lassen kaum starke Wachstumsphantasien zu.»
Dr. Jan Amrit Poser, Leiter Research und Chefökonom der Bank Sarasin

Konjunktur im Banne der Zentralbanken
Das dritte Quartal 2012 war geprägt durch die Beschlüsse der EZB und des US-Fed. Während in Euroland die Zugeständnisse der EZB dank des neuen Anleihenkaufprogramms die Furcht vor einem Auseinanderbrechen der Währungsunion etwas eingedämmt haben, waren beim Fed-Entscheid die hohen Arbeitslosenquoten der Auslöser für ein weiteres Quantitative Easing (QE) Paket. Obwohl die US-Notenbank den Wirtschaftsausblick nicht schlechter beurteilte als noch im Juni, lancierte sie ein drittes QE. Im Gegensatz zu früheren QE-Paketen gilt für QE3 nun keine Obergrenze, wie viele Anleihen gesamthaft gekauft werden. Trotzdem sieht es in den USA wenig rosig aus. Wenn nämlich an der gegenwärtigen Politik nichts geändert wird, kommt es im nächsten Fiskaljahr automatisch zu Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen in Höhe von USD 607 Milliarden. Dieses «fiskalische Kliff» würde einen Wachstumsdämpfer von -5% vom BIP auslösen. Die globale Wachstumsabschwächung macht auch vor dem «Reich der Mitte» nicht halt. Die offiziellen BIP-Daten wiesen zwar im zweiten Quartal 2012 eine weiche Landung oberhalb des Wachstumsziels der Regierung von 7.5% aus. Doch die Elektrizitätsproduktion deutet eher auf ein BIP-Wachstum von knapp 5% hin.

Aufwärtspotenzial für Aktien ausgeschöpft
Das beherzte Eingreifen der Zentralbanken hat eine Rallye an den Aktienmärkten ausgelöst. Doch der jüngste Anstieg hat bereits einiges an guten Nachrichten vorweggenommen. Unter der Annahme, dass es aus Bewertungssicht kaum mehr Aufwärtspotenzial gibt, hängt die weitere Entwicklung der Aktienmärkte stark von den Unternehmensgewinnen ab. Es ist zu erwarten, dass die Gewinnschätzungen für 2013 auch im vierten Quartal weiter nach unten revidiert werden, da die globale Konjunktur nicht so schnell, wie von den Zentralbanken erhofft, an Fahrt gewinnen wird. Somit ist auch in Bezug auf die Regionen eine defensive Positionierung angezeigt. Bei den Schwellenländern ist Vorsicht geboten und es sind eher die defensiven Märkte in Europa zu bevorzugen. Für US-Aktien spricht die hohe Nachfrage, jedoch beinhalten die Unternehmensgewinne in den USA das grösste negative Überraschungspotenzial. Mittelfristig sind Sektoren mit hoher Verschuldung, starken Cashflows und stabilen Dividendenrenditen zu favorisieren. Dabei zählen die Sektoren Immobilien, Verbrauchsgüter und Gesundheit wohl zu den grössten Gewinnern. Bis zum Ende des Jahres ist jedoch mit tieferen Aktienkursen zu rechnen. Erst mit dem Aufschwung im 2013 wird das Umfeld wieder freundlicher werden.

«Wir erwarten, dass die Gewinnschätzungen für 2013 auch im vierten Quartal weiter nach unten revidiert werden. Viele Firmen müssen wohl ihre Prognosen mit dem nächsten Quartalsbericht zurücknehmen, da die globale Konjunktur nicht so schnell an Fahrt gewinnen wird, wie von den Zentralbanken erhofft.»
Philipp E. Bärtschi, Chefstratege der Bank Sarasin

Positive Zeichen für Anleihen
Die Ankündigung der EZB wurde vom Kapitalmarkt euphorisch aufgenommen und hat zu einem starken Rückgang der spanischen und italienischen Renditen geführt. Trotz der Bereitschaft der EZB zu intervenieren, rechnen wir nicht mit einem Ausverkauf der «sicheren Häfen» Europas. Die Renditen von Schweizer und deutschen Staatsanleihen werden im 4Q12 nicht weiter ansteigen, sondern mehrheitlich seitwärts tendieren. Erst ab dem Jahr 2013, wenn zu der geldpolitischen Lockerung des Fed auch noch eine Aufhellung der globalen Konjunktur hinzukommt, ist ein deutlicher Aufwärtstrend in den Renditen zu erwarten. Ein Anstieg der Renditen im Jahr 2013 wird aber nicht den Beginn eines Bärenmarktes für Staatsanleihen markieren. Denn Zentralbanken und Regierungen werden in den nächsten Jahren versuchen, die Renditen künstlich tief zu halten, um den Schuldenabbau zu erleichtern. Dagegen bleiben Unternehmensanleihen auch im vierten Quartal attraktiv. In Euroland liegt der Fokus auf den Kernländern. Für die Peripherie ist mit Rückschlägen zu rechnen, da die Zentralbank-getriebene Rallye bald auslaufen dürfte.

Dollar im Abwind
Das US-Fed hat mit einer dritten Runde der quantitativen Lockerung (QE3) begonnen und stellt damit die Weichen für die zukünftige Dollarentwicklung. Die zusätzliche Dollarliquidität wird den Greenback dämpfen. Am meisten von der expansiven Geldpolitik in den USA dürften hochverzinsliche Währungen wie zum Beispiel die schwedische Krone und der australische Dollar profitieren. Aber nicht nur QE3 hat dem EUR-USD-Wechselkurs Aufwind verliehen. Mit der Ankündigung der EZB hat sich die Gefahr eines Staatsbankrotts von Spanien oder Italien drastisch reduziert. Dank den Massnahmen des US-Fed und der EZB kann die SNB vorerst aufatmen. Nachdem sie in den Vormonaten jeweils bis zu 60 Milliarden Devisen pro Monat kaufen musste, um die Euro-Untergrenze von 1.20 zu verteidigen, stieg der Euro-Franken-Wechselkurs im September ohne Zutun der Nationalbank über die Untergrenze. Doch noch immer ist die Schweizer Valuta stark überbewertet. Gemäss bankinternen Berechnungen liegt der faire, aufgrund der Kaufkraftparität berechnete Wert des Euro-Franken-Wechselkurses bei 1.32 gegenüber dem Euro. Bis Jahresende wird sich der Euro-Franken-Kurs kaum von der Untergrenze der SNB lösen können.(Bank Sarasin/mc/ps)

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