Kryptomarkt im Wandel: Umkehrbare Transaktionen auf der Ethereum Blockchain vorgestellt

Kryptomarkt im Wandel: Umkehrbare Transaktionen auf der Ethereum Blockchain vorgestellt
(Bild: Shutter Speed @ (CCO-Lizenz) / pixabay.com )

San Anton Attard – Die Unumkehrbarkeit einer in der Blockchain gespeicherten Transaktion galt immer als ein spezifisches Merkmal von Kryptowährungen. Die Sicherheit der Prozesse, die über die Blockchain abgebildet werden konnten, basierte auf diesem Prinzip. In Zukunft könnte sich dies jedoch ändern. Wissenschaftler der kalifornischen Stanford Universität haben ein Konzept vorgestellt, mit dem es möglich sein soll, reversible Transaktionen in der Blockchain zu generieren.

Als Grundlage für das Gedankenexperiment dient die Blockchain von Ethereum, die in der Vergangenheit schon häufiger Triebfeder innovativer Entwicklungen auf dem Kryptomarkt gewesen ist. Sollten Transaktionen in der Blockchain künftig nicht mehr irreversibel sein, könnte dies die Grundlagen der Technologie auf den Prüfstand stellen. In der Kryptoszene wird die Idee der amerikanischen Wissenschaftler deshalb kontrovers diskutiert. Eine tiefgreifende Veränderung der Blockchain-Welt scheint dennoch unabwendbar.

Das Konzept zur umkehrbaren Transaktion könnte die Grundlage eines neuen Token-Standards im Ethereum-Netzwerk werden.

Warum Ethereum zu den innovativsten Blockchainprojekten gehört

Ethereum hat sich als Plattform für Blockchain-Technologie längst am Kryptomarkt etabliert. Mit der Kryptowährung Ether ist das Netzwerk bei allen renommierten Krypto Börsen und Brokern zu Hause. Eine sichere Marktposition scheint aber nicht das einzige Ziel zu sein, das sich die Akteure hinter den Kulissen gesetzt haben. Ethereum zählt zu den innovativsten Blockchain-Netzwerken und hat die Kryptoszene von Anfang an aktiv mitgestaltet. Was ist Ethereum und warum sollte man in der Kryptobranche mit der Plattform und ihren innovativen Technologien rechnen? – Das ist spätestens mit dem „Merge“ deutlich geworden.

Bei diesem wurde die ganze Plattform in das neue Proof-of-Stake-Verfahren überführt, wodurch das klassische Mining überflüssig geworden ist. Dem neuen Konsensverfahren folgend, braucht es für das Generieren neuer Coins nicht länger die Zustimmung des ganzen Netzwerks, sondern nur weniger Validatoren, die über ihre „gestackten“ Anteile bestimmt werden. Das aufwendige Lösen mathematischer Gleichungen, wie beim klassischen Proof-of-Work-Verfahren, fällt somit weg. Dadurch sinkt der Energiebedarf erheblich. Unterstützer des Merge feiern diesen Schritt als kleine Revolution, da Ethereum nicht länger als Energiefresser gilt. Der Ethereum-Merge fand erst Mitte September statt und nun präsentiert ein Forscherteam aus Stanford ein Paper, welches bereits den nächsten großen Umbruch einleiten könnte.

Der Paukenschlag der Stanford-Forscher

Das Paper der Stanford-Wissenschaftler Quinchen Wang, Kaili Wang und Dan Boneh versucht die Frage zu klären, ob und wie die Umkehrung von Transaktionen möglich wäre. Dabei stellt die Blockchain-Technologie selbst die größte Herausforderung dar. In der Blockchain gespeicherte Informationen lassen sich nämlich nachträglich nicht einfach verändern oder aus dieser löschen. Dieses Wesensmerkmal galt lange als beste Absicherung gegen Betrug oder den Diebstahl von Kryptowährungen. Das Forscherteam aus Stanford argumentiert jedoch genau entgegengesetzt und sieht die Möglichkeit der Umkehrbarkeit als bestes Mittel zur Bekämpfung von Diebstahl innerhalb der Netzwerke. Ausgearbeitet wurden zwei neue Token-Standards für Ethereum, die als ERC-20R bzw. ERC-721R bezeichnet werden. Das „R“ zeigt hierbei die reversible Eigenschaft an. Ein Token-Standard ist das Regelwerk, nach dem ein Smart-Contract auf der Ethereum-Plattform geschlossen wird. Bei den vorgeschlagenen Standards würde ein Hybrid-Netzwerk entstehen, bei dem Transaktionen in Teilen umkehrbar sind.

In der praktischen Anwendung bedeutet dies, dass nach jeder Transaktion ein gewisses Zeitfenster für Korrekturen gegeben ist. Werden Unregelmäßigkeiten festgestellt, kann der Teilnehmer einen Antrag auf Umkehrung der Transaktion stellen. Ohne triftige Gründe ist also auch in diesem Modell keine Umkehrung möglich. Ob der Grund genügt, entscheiden anschließend dezentral organisierte „Richter“. So soll garantiert werden, dass beide Seiten Beweise vorlegen können und möglichst unabhängig entschieden wird. Mit dieser Form einer Rückabwicklung im Falle von betrügerischen Absichten oder einem Coin-Diebstahl könnten sich auch Verluste durch Cyberangriffe verhindern lassen.

Was die Umkehrbarkeit von Transaktionen bedeuten könnte

Da dieser vorgeschlagene Standard an einer fundamentalen Eigenschaft der Blockchain-Technologie rüttelt, hat das Konzept eine kontroverse Diskussion innerhalb der Kryptoszene ausgelöst. Bis jetzt gilt auch für alle Ethereum-Token der Grundsatz der Revisionssicherheit. Diese endgültige Informationsfestschreibung war in vielen Fällen sogar der ausschlaggebende Punkt für die Adaption der Blockchain-Technologie und wurde daher von Befürwortern als positiver Aspekt hervorgehoben. Doch diese Unumkehrbarkeit bedeutet auch, dass Kryptogeld bei einem ausgeklügelten Cyberangriff verloren gehen kann. Zwar ist der Diebstahl von digitalen Vermögenswerten schwierig, doch nicht unmöglich, wie die milliardenschweren „Bridge-Hacks“ in der Vergangenheit bereits gezeigt haben. Die Integration der Transaktionsumkehr würde zusätzlich vor diesem Risiko schützen.

Allerdings fragen sich Entwickler und Kryptoexperten zurzeit, welche Auswirkungen eine solche Veränderung auf die Welt der Kryptowährungen und auch andere Blockchain-Technologien haben würde. Am konkretesten sind die Folgen für das Ethereum-Netzwerk abschätzbar, da der aktuelle Vorschlag auf dieser Plattform aufbaut. Jedoch gilt es noch Detailfragen zum Ablauf des Verfahrens zu klären. Wann reversible Transaktionen tatsächlich anwendungsbereit sind, lässt sich deshalb momentan noch nicht sagen. Fest steht aber, dass die Einführung ein weiterer revolutionärer Schritt für die Ethereum-Blockchain wäre. In der Theorie ist der Umbau zu einem hybriden Netzwerk jedoch möglich.

Die Blockchains anderer Währungen eignen sich deutlich schlechter für derartige Modifikationen, da die Umkehrung die Abwicklung über Smart-Contracts voraussetzt.

Welche Folgen der Vorschlag des Forscherteams aus Stanford für Ethereum und Kryptowährungen im Allgemeinen haben wird, ist momentan noch schwer zu sagen. Wie erfolgreich die Idee ist, hängt auch davon ab, zu welchem Konsens man innerhalb der Kryptoszene kommt. Zum einen würde das neue Verfahren mehr Sicherheit vor großangelegten Diebstählen bieten. Da die Rückabwicklung jedoch von dezentral organisierten Akteuren abhängig ist, wäre die Umkehr der Transaktion andererseits eine sehr zeitraubende Angelegenheit. Besonders der Faktor der Transaktionsgeschwindigkeit wird von Kritikern der Transaktionsumkehr als wichtiges Argument angeführt. Befürworter sehen das Potenzial und priorisieren den Aspekt der zusätzlichen Sicherheit. Letzteres würde möglicherweise dabei helfen, die Akzeptanz gegenüber Kryptowährungen in der breiten Bevölkerung erheblich zu steigern.


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